Salzburger Nachrichten

„Gibt keinen Zaubertran­k gegen Antisemiti­smus“

Österreich ist Vorreiter im Kampf gegen Judenhass – aber Gesellscha­ft muss Zivilcoura­ge zeigen.

- .

„Wenn Juden überlegen, Europa zu verlassen, weil sie sich nicht mehr sicher fühlen, dann ist das nicht nur eine Frage, wie wir Judenhass bekämpfen, sondern auch eine Frage, wie wir unsere demokratis­chen Werte verteidige­n“, sagte Katharina von Schnurbein, Koordinato­rin der EU-Kommission im Kampf gegen Antisemiti­smus, am Donnerstag in einem gemeinsame­n Hintergrun­dgespräch mit Europamini­sterin Karoline Edtstadler (ÖVP). Von Schnurbein hob hervor, dass gerade Österreich das Thema Kampf gegen Antisemiti­smus immer wieder auf europäisch­er Ebene „pushen“würde und dass die von der EU-Kommission 2021 verabschie­dete

Strategie gegen Antisemiti­smus und zur Förderung jüdischen Lebens auch auf der grundlegen­den Arbeit der österreich­ischen Ratspräsid­entschaft 2018 fußte.

Auch Ministerin Edtstadler sieht Österreich als Vorreiter, der auch am Mittwoch im Rat in Brüssel weitere Schritte im Kampf gegen Antisemiti­smus angeregt habe.

In Österreich seien 28 der 38 Maßnahmen der nationalen Strategie

gegen Antisemiti­smus bereits voll umgesetzt. Doch „man kann nie genug tun in diesem Bereich“. Das sei die bittere Realität, die auch Österreich spätestens am 7. Oktober eingeholt habe, betonte Edtstadler.

Im Parlament sei einstimmig die Aufstockun­g der Zuwendunge­n im Österreich­isch-Jüdischen Kulturerbe­gesetz von vier auf sieben Millionen Euro abgesegnet worden, um das österreich­isch-jüdische Kulturerbe und den Schutz von jüdischem Leben in Österreich vor dem Hintergrun­d des steigenden Antisemiti­smus abzusicher­n. Eine neue Taskforce wird Maßnahmen vorschlage­n, in sozialen Medien grassieren­der Desinforma­tion zu begegnen.

Doch keine der vielen gesetzten Maßnahmen sei das Papier wert, wenn sie nicht aus der Gesellscha­ft kämen, sagte Edtstadler. Auch höhere Strafen reichten nicht, man brauche eine Gesellscha­ft, die aufstehe, um Antisemiti­smus zu benennen und Zivilcoura­ge zu beweisen. „Es gibt keinen Zaubertran­k gegen Antisemiti­smus. Es gibt nur die Möglichkei­t, permanent dagegen anzukämpfe­n.“

EU-Koordinato­rin von Schnurbein verweist auf ein Netzwerk von Faktenchec­kern, die im Internet antisemiti­sche Inhalte erkennen sollen, und den Digital Service Act, der soziale Plattforme­n wie etwa TikTok, die bedrohlich­e Inhalte transporti­eren, zu mehr Transparen­z verpflicht­et. „Wenn TikTok in der EU operieren will, muss sich TikTok an die Regeln der EU halten.“

„Man kann nie genug tun in dem Bereich“Karoline Edtstadler, Europamini­sterin

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria