Vorgabe: In einem Jahr zur schwarzen Null
Einst Marktführer bei Möbeln, will kikaLeiner jetzt als Nischenplayer gegen den zehn Mal größeren Lutz und den doppelt so großen Ikea antreten.
Volker Hornsteiner, lang Billa-Chef und zuletzt Manager bei Rewe in Deutschland, will bei kikaLeiner gemeinsam mit dem neuen Eigentümer Hermann Wieser in nur einem Jahr das Ruder herumreißen.
Warum wechselt man von einem erfolgreichen deutschen Lebensmittelriesen zu einem angeschlagenen österreichischen Möbelhändler?
SN:
Volker Hornsteiner: Weil ich zurück nach Österreich wollte. Ich war sechs Jahre in Deutschland und bin zuletzt zu meiner Familie nach Österreich gependelt. Gerade in der Coronazeit war das wirklich zäh, ich bin nicht über die Grenze gekommen, dann gab es keine Flieger. Ehrlich, da habe ich mich – obwohl ich mich in Deutschland extrem wohlgefühlt habe – gefragt, wieso ich mir das antue. Bei Billa hat sich dann nichts ergeben, was ich wollte, also bin ich ausgeschieden.
SN: Billa gegen Spar, das ist Härte. Im Vergleich Lutz gegen Kika aber wohl ein Kindergeburtstag.
Der Konkurrenzkampf Billa – Spar hat einiges an sich. KikaLeiner mit Lutz zu vergleichen ist schwierig, weil uns da mittlerweile die zehnfache Macht gegenübersteht. In dem Spiel sind wir jetzt Nischenplayer, wir müssen da unsere Rolle und unsere Vorteile suchen. Sich preislich anzulegen macht keinen Sinn.
SN: Was ist die neue Rolle? Sie haben angekündigt, Kika und Leiner rücken zusammen. Wieso?
Das ist einfach erklärt: Im Zuge der Insolvenz war immer von Kika/Leiner die Rede, das war also schon in den Köpfen drinnen. Also haben wir entschieden, mit kikaLeiner als Übermarke zu fahren. Die 17 Häuser bleiben aber Kika oder Leiner, schlicht weil es zu teuer wäre, das Ganze umzufärben. Sukzessive werden in allen Häusern aber beide Logos nebeneinander auftauchen.
Leiner hatte eine andere Kundenschicht als Kika. Fürchtet man nicht, Kunden an den Fachhandel zu verlieren?
SN:
Der Fachhandel in Österreich dünnt sich immer mehr aus. Bei Leiner haben wir eine etwas andere Zielgruppe als bei Kika, aber das Sortiment war zuletzt zu 98 Prozent deckungsgleich. Das täuscht also. Jedenfalls werden wir das Vollsortiment weiterspielen, Marken wie Team7, ewe oder Dan müssen drinnen bleiben. Was wir schon machen müssen, ist die Zielgruppe auszuweiten. Mit einer Zielgruppe 55 plus, die Leiner stark angesprochen hat, werden wir nicht überleben können. Wir müssen ein bisschen jünger werden, etwas im Preiseinstieg machen. Wir spielen also das komplette Klavier. Wir haben nicht die Möglichkeit, dass wir wie Lutz mit Mömax und Möbelix drei verschiedene Möbelhäuser bespielen. Wir müssen das in einem Haus abdecken. Das Gute ist: Die Häuser sind groß, man hat die Fläche, um Jungfamilien ebenso anzusprechen wie die Kundenschicht 50 plus.
SN: Warum soll der Kunde zu Kika und nicht zum Lutz gehen?
Das ist der Punkt, der uns am meisten Kopfzerbrechen macht. Wir müssen immer wieder etwas finden, das uns vom Mitbewerb abhebt. Das Erste ist uns bereits gelungen mit dem Monetenretter. 60 Monate
Volker Hornsteiner, kikaLeiner
zinsfrei bot vorher niemand im Möbelhandel. Und die Finanzierung ist für Kunden derzeit ein großes Thema. Unsere Stärke sind auch Dienstleistungen, vom Bodenlegen bis zur Montage. Wir haben wirklich gutes Personal, es ist unglaublich, was für eine starke Bindung ans Unternehmen es gibt.
SN: Wie viele der Mitarbeiter in den weiterbestehenden Filialen sind geblieben?
Da hatte ich extrem Bauchweh, es gab aber so gut wie keine Abgänge.
SN:
Das war die zweite Hauptsorge. Wir
Und die Lieferanten?
waren in einer Einkaufskooperation mit der deutschen Begros, mit über 6 Mrd. Euro Einkaufsvolumen, die hat uns im Zuge der Insolvenz gekündigt. Wir sind dann eigentlich ohne Lieferanten dagestanden und ohne gültige Verträge. Unser Einkauf hat in einer Wahnsinnsaktion mit über tausend Lieferanten das Gespräch gesucht. Manchmal hat man Glück im Leben: Die Lieferanten wollen – auch wenn wir deutlich kleiner sind als Lutz – kein Monopol in Österreich. Ikea hat ja nur seine eigene Ware.
Wir haben gute Konditionen bekommen, die Hauptlieferanten sind geblieben. Früher habe ich in meiner Funktion bei Rewe auch nicht darüber nachgedacht – wenn du groß bist, marschierst du einfach und denkst nicht nach, wenn du eine Firma schluckst. Umgekehrt betrachtet, sind natürlich auch die Lieferanten froh, mehrere Partner zu haben. Selbst die Konsumenten wollen nicht, dass es irgendwann nur noch einen Großen gibt. Da sehen wir jetzt unsere Chance.
SN: Wie haben sich die Kundenzahlen entwickelt?
Im Juni, Juli wurden wir durch den Abverkauf regelrecht überlaufen, schließlich haben wir die Ware von 23 Filialen abverkauft. Der Umsatz schnellte in die Höhe. Jetzt ist es sportlich: Die Insolvenz ist erst ein, zwei Monate her, von der Konjunktur würden wir uns mehr Rückenwind wünschen, der Möbelhandel ist generell eine der am stärksten gebeutelten Branchen. Jammern nützt aber nichts. Wir haben einen Businessplan, im ersten Geschäftsjahr bis Ende September wollen wir 400 Mill. Euro Umsatz erreichen. Wir gehen davon aus, dass wir das schaffen. Was wir nicht tun werden, ist einen der 17 Standorte zusperren. Irgendwann kippt dir die Fixkostendegression. Messlatte wird das Weihnachtsgeschäft, November, Dezember und Jänner sind die wichtigsten Monate im Möbelhandel. Ende Jänner müssen wir einen Strich ziehen und schauen, wie wir im Plan liegen. Vorgabe vom Eigentümer ist, dass wir innerhalb eines Jahres die schwarze Null erreichen.
SN: Und was, wenn nicht?
Das hab ich natürlich auch gefragt, als ich angeheuert habe. Die Finanzierung seitens des Eigentümers ist gesichert, notfalls wird man nachschießen müssen.
Der Eigentümer Hermann Wieser ist der große Unbekannte in der Kika/Leiner-Übernahme. Woher kennen Sie ihn?
SN:
Zuvor nur vom Namen her. Heuer im Sommer, als ich dachte, das wird seit 30 Jahren der erste Sommer, in dem ich viel Rad fahren kann, hat mich Herr Wieser angerufen, weil er gehört hat, dass ich verfügbar bin. Wir haben uns am Naschmarkt getroffen und waren uns eigentlich nach einem Gespräch einig.
SN: Es gibt Gerüchte, dass ein Geldgeber dahintersteht.
Nein, die Gerüchte, dass Lutz dahintersteht, stimmen meines Wissens nicht. Die Finanzierung, die im Zuge der Sanierung vorgelegt werden musste, stammte ausschließlich von Herrn Wieser.