„Wasser am Berg wird nicht gehortet“
Speicherteiche sind ein essenzieller Bestandteil, wenn es um die Schneesicherheit geht. Wie viele Schneiteiche gibt es in Salzburg? Wie ist es um die Sicherheit bestellt? Welches Wasser wird verwendet? Experte Theodor Steidl klärt auf.
Theodor Steidl leitet das Referat Allgemeine Wasserwirtschaft des Landes Salzburg – und beschäftigt sich im Rahmen seiner Tätigkeit auch mit Speicherteichen.
SN: Manche sind besorgt, dass am Berg Wasser gehortet wird, das im Tal fehlt. Wie begründet ist diese Sorge?
Theodor Steidl: Das Wasser am Berg wird nicht gehortet. Diese Sorge ist unbegründet, weil die Speicherteiche bis 30. Juni zu befüllen sind und der Wasserstand bis November zu halten ist. Man befüllt sie in der wasserreichen Zeit, mit dem Schmelzwasser aus den Bächen und Pisten, das in die Speicherteiche geleitet wird. Das Wasser darf erst ab Anfang November für die Beschneiung entnommen werden. Im Dezember oder Jänner kann das Wasser nachgepumpt werden, aber nur unter strengen Vorschriften.
SN: Wie viele Schneiteiche gibt es im Bundesland Salzburg?
Derzeit gibt es 122 wasserrechtlich bewilligte Schneiteiche.
SN: Warum wird das Fassungsvermögen der Teiche immer größer?
Vor rund 30 Jahren konnte man mit einigen wenigen Schneekanonen in bis zu drei Wochen ein Skigebiet beschneien. Diese längeren Kälteperioden gibt es aber heute nicht mehr. Die Seilbahnbetreiber müssen die kurzen Kälteperioden nutzen. Da die Entnahme aus Fließgewässern nicht beliebig erhöht werden kann, hat man die Bevorratung in Speicherteichen begonnen. Heute können Skigebiete – je nach Betreiber – in drei Tagen beschneit werden. Natürlich hat sich nicht nur die Anzahl der Schneekanonen und Schneilanzen vergrößert, sondern auch das Fassungsvermögen. Waren vor 30 Jahren 15.000 m3 ausreichend, so hat heute der größte Speicherteich in Salzburg ein Fassungsvermögen von 400.000 m3. Wenn es die Möglichkeit gab, große Speicherteiche zu bauen, hat man das in den vergangenen Jahren gemacht.
SN: Welche geologischen oder naturschutzrechtlichen Gegebenheiten muss ein Standort aufweisen, an dem ein Speicherteich errichtet werden soll?
Wir haben hier zwei Arbeitsgruppen: die Arbeitsgruppe Skianlagen und die Arbeitsgruppe Wasserwirtschaft und Naturschutz. In beiden Gruppen ist der Naturschutz stark eingebunden. Wenn der Seilbahnbetreiber eine Piste andenkt, kann der Naturschutz sagen: „Das kommt nicht infrage!“Sind wertvolle Biotope
betroffen, werden solche Projekte nicht mehr weiterverfolgt. Auch geologische und geotechnische Rahmenbedingungen werden berücksichtigt, zum Beispiel Rutschhänge. Hinsichtlich der Beurteilung eines Standorts sind die Fachgruppen sehr früh eingebunden und werden von den Seilbahnbetreibern sehr ernst genommen.
SN: Welche Sicherheitsmaßnahmen gibt es im Umgang mit Speicherteichen?
Unzählige (lacht). Ein Speicherteich ist ein äußerst sensibles Objekt. Der Bruch eines Speicherteichs ist ein No-Go. Im Vorfeld werden verschiedenste Standsicherheitsszenarien miteinberechnet – vom hydraulischen Grundbruch bis hin zum Erdbeben. Jedes Becken ist mit einer großen Anzahl von Mess- und Meldeeinrichtungen ausgestattet. Alle Drainagewässer werden gemessen und der Wasserspiegel überwacht. Jedes ungewöhnliche Verhalten wird direkt an den Beckenwärter und den Staubeckenverantwortlichen automatisch gemeldet, die dann sofort reagieren können. Auch das wird vorab geprüft und getestet.
SN: Was passiert, wenn der Sonderalarmplan ausgelöst wird?
Der Sonderalarmplan ist die letzte
Sicherheitsstufe, die nie aktiviert werden sollte. Man fragt sich: Wohin könnte sich das Wasser ausbreiten? Welche Bereiche müssen evaluiert werden? Wo müssen Leute evakuiert werden? Die Einsatzorganisationen, Feuerwehr und Polizei, kennen diese Pläne und wissen dann, was zu tun ist.
„Speicherteich ist ein sensibles Objekt.“
Welches Wasser wird zur Beschneiung verwendet?
SN:
Grundsätzlich hat es Badewasserqualität, das Beschneiungswasser darf somit eine geringe Anzahl an Keimen enthalten. Außer, wenn Trinkwasserschutzgebiete in Pistennähe zu finden sind, in denen beschneit wird. Dann muss es Trinkwasserqualität haben. Meistens existiert eine Extraanlage, in der das Wasser mit UV-Licht behandelt wird.
SN: Können Speicherteiche als Rückhaltebecken bei Gewittern und Starkregen verwendet werden?
Ja, aber nur für den Bereich, der zum Teich hin entwässert. Der Speicherteich muss das größte anzunehmende Regenereignis aufnehmen können. Es kann ein Sommerund ein Winterstauziel geben, wobei das Sommerstauziel ein größeres Rückhaltevolumen beinhaltet.
SN: Wären Speicherteiche auch für den Sommer sinnvoll, um trockene Felder und Wiesen bewässern zu können?
Salzburg hat kaum eine Bewässerungsgeschichte. Da wir sehr wenige Speicherteiche in Talnähe haben, ist es im Gebirge kein Thema. Was ich mir vorstellen kann: Man macht eine Bewässerung in der Forstwirtschaft, um die Brandgefahr zu reduzieren. In Südtirol ist das auch bereits Praxis (Anm.: Auch in Niederösterreich setzen Landwirte beim Kampf gegen Trockenheit auf Speicherteiche).