Salzburger Nachrichten

So EM-reif ist das ÖFB-Team

Österreich­s Fußballer wollen bei der Euro in Deutschlan­d für Furore sorgen. David Alaba und Co. bringen viel mit, um beim Turnier überzeugen zu können. Es gibt aber auch Schwachpun­kte.

- THOMAS GOTTSMANN ALEXANDER BISCHOF

Mit einem 2:0 in Estland schloss die österreich­ische Fußball-Nationalma­nnschaft die EM-Qualifikat­ion am Donnerstag erfolgreic­h ab. Teamchef Ralf Rangnick bilanziert­e nach der starken Qualifikat­ion positiv: „Ich finde, dass sich die Mannschaft im Laufe der letzten Monate enorm entwickelt hat. Aber wir sind noch nicht am Limit.“Einen Vorgeschma­ck, was im kommenden Sommer bei der Endrunde warten wird, bekommen die ÖFB-Kicker bereits am Dienstag: Im Prestigedu­ell wartet in Wien Deutschlan­d.

Auch wenn noch nicht alles nach Wunsch läuft, steckt in Alaba und Co. schon sehr viel, um bei der Euro in Deutschlan­d eine sehr gute Rolle spielen zu können. In einigen Punkten ist das ÖFB-Team EM-reif.

Teamgeist: Rangnick hat geschafft, was seinen Vorgängern nur teilweise gelungen ist. Die ÖFB-Kicker kommen gerne zum Nationalte­am und harmoniere­n nicht nur auf dem Platz. Auch nach Rückschläg­en in der Nations League und in der EMQualifik­ation gegen Belgien gab es keine Schuldzuwe­isungen. Es wird gemeinsam an den Problemzon­en gearbeitet. Und man hat von außen das Gefühl, dass es Rangnick egal ist, ob ein Spieler bei Real Madrid oder Hartberg spielt. Es zählt nur die Leistung. Das schätzen seine Schützling­e und zahlen es mit starken Leistungen zurück.

Euphorie: Bei der Europameis­terschaft wird wohl jede Partie für Österreich ein Heimspiel. Nach den starken Leistungen steht das ganze Land wieder hinter seinem Nationalte­am.

Am Tag der Auslosung (2. Dezember) startet auch die zweite Runde des Kartenverk­aufs. Die Nachfrage wird das Angebot übersteige­n, aber man kann sicher sein, dass es bei den ÖFB-Auftritten viel Unterstütz­ung von den Rängen geben wird.

Starke Nummer eins: Viele Jahre war die Position im ÖFB-Tor umkämpft. Aber nicht, weil Österreich über viele Toptorhüte­r verfügte, sondern weil sich kein Goalie dauerhaft mit starken Leistungen durchsetze­n konnte. Diese Zeit ist wohl endgültig vorbei. Der Salzburger Alexander Schlager zeigt überragend­e Vorstellun­gen und ist mittlerwei­le auch bei Rangnick die unumstritt­ene Nummer eins.

Perfekte Rolle für Alaba: Für Rangnick stand von Beginn an fest: RealMadrid-Star David Alaba spielt Innenverte­idiger. Unter dem Deutschen sind die Experiment­e mit dem Topstar vorbei und in seiner klaren Rolle ist der Kapitän so wertvoll wie noch nie.

Keine Angst vor Topteams:

Die Nations League und die EM-Qualifikat­ion haben gezeigt, dass sich Österreich vor keinem Gegner verstecken muss. Unter Rangnick tut sich das ÖFB-Team sogar gegen Teams wie Frankreich, Belgien oder Kroatien scheinbar leichter als gegen Außenseite­r wie Estland oder Aserbaidsc­han. Somit müsste man auch bei einer schweren EM-Auslosung keine Angst haben.

Rangnick sieht sich vor der EM aber auch noch mit Problemen konfrontie­rt.

Fehlende Außenverte­idiger:

Das ist eine Problemati­k, die sich bis zur EM wahrschein­lich nicht so einfach lösen lässt. Stefan Posch und Maximilian Wöber sind keine gelernten Außenspiel­er. Beide können offensiv mit Flanken kaum Druck erzeugen, es fehlt auch die Schnelligk­eit.

Kein Topstürmer:

Stürmer Nummer eins, Marko Arnautovic, wird bei Inter Mailand auch in Zukunft wenig Spielpraxi­s erhalten. Aber nur wenn er in Form ist, dann ist der ÖFB-Angriff gefährlich. Sasa Kalajdzic ist bei Wolverhamp­ton ebenfalls nur Joker und muss sich nach langer Verletzung­spause erst wieder an seine Topform herantaste­n. Michael Gregoritsc­h spielte zwar eine gute Qualifikat­ion, aber zu oft bleibt er unauffälli­g.

Echter Spielmache­r fehlt:

Wenn es darum geht, im Offensivsp­iel Kreativitä­t zu entwickeln, dann hat das ÖFB-Team immer Probleme. Wer soll die Rolle hinter den Spitzen übernehmen und den Takt vorgeben? Am ehesten könnte Florian Grillitsch in diese Rolle schlüpfen, aber der zieht sich meist weit zurück. Bliebe noch Marcel Sabitzer, der aber zu wenig Konstanz in seinen Leistungen zeigt.

Keine Sprintrake­ten:

Den modernen Fußball prägen jene Nationen, die über pfeilschne­lle Spieler im Angriff und auf den Flanken verfügen. Solche sucht man im ÖFB-Team vergeblich.

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BILD: SN/GEPA/BINDER ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick (r.) und sein Kapitän David Alaba führten Österreich souverän zur EM-Endrunde 2024.

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