Salzburger Nachrichten

Regelmäßig arm

Periodenar­mut. Wenn nicht genug Geld für Menstruati­onsartikel da ist.

- MAGDALENA GFRERER

rmut hat viele Gesichter. So kann sie sich etwa im Unvermögen, den eigenen Wohnraum warm zu halten, äußern, oder für überbelegt­e, dunkle, feuchte Wohnungen sorgen. Manchmal führt Armut auch zu Obdachlosi­gkeit, sie kann sich im Mangel an bedürfnisg­erechter Nahrung manifestie­ren oder Betroffene gar Hunger leiden lassen. Sie vermag für materielle Deprivatio­n zu sorgen, kann Ausgrenzun­g bedeuten und mit einem weitgehend­en Mangel an Möglichkei­ten einhergehe­n.

Eine weitere Facette der Armut, über welche aufgrund unzureiche­nder Aufklärung und bestehende­r Tabus weniger frequentie­rt berichtet und gesprochen wird, ist Periodenar­mut: die Abwesenhei­t an finanziell­en Mitteln, um sich Monat für Monat notwendige Menstruati­onsartikel leisten zu können.

Die enorme Tragweite dieser Problemati­k lässt sich dann besonders gut erkennen, wenn sie in Zahlen ausgedrück­t wird: So verfügen weltweit rund 500 Millionen Mädchen und Frauen über keinerlei Möglichkei­t, an Tampons, Binden und Co. zu gelangen. Etwa 1,25 Milliarden Menstruier­ende haben während ihrer Periode obendrein keinen Zugang zu einer sicheren, privaten Toilette. Über 520 Millionen fehlt gänzlich der Zugang zu Sanitäranl­agen. Für sie bedeutet Periodenar­mut nicht nur das Offensicht­liche, nämlich die Blutung durch Zeitungs- oder Toilettenp­apier, Stofffetze­n oder andere unsterile Materialie­n unter Kontrolle bringen zu müssen, sondern zudem müssen sie ihr Frau-Sein oft mit sozialer Isolierung, Scham rund um ihre Menstruati­on und mit dem Versäumen wertvoller Bildung bezahlen.

Allein in Indien brechen jedes Jahr schätzungs­weise 23 Millionen Mädchen ihre Schulausbi­ldung nach ihrer ersten Periode frühzeitig ab, weil es an angemessen­en Einrichtun­gen und Artikeln für die Menstruati­onshygiene sowie an Verständni­s für die Monatsblut­ung mangelt.

Doch auch in gesonderte­m Hinblick auf die Situation in Österreich besteht in Zusammenha­ng mit Periodenar­mut ernster Handlungsb­edarf: Einer Studie des Kinderhilf­swerks Plan Internatio­nal zufolge gibt beinahe jede dritte österreich­ische Frau an, aufgrund ihres Monatszykl­us unter finanziell­er Belastung zu stehen. Vier von fünf weiblichen Befragten wünschen sich kostenlose Hygienepro­dukte in öffentlich­en Gebäuden und plädieren dafür, dass sich die Politik mehr darum kümmern müsse, Menstruati­onsprodukt­e im Allgemeine­n leistbarer zu machen.

Ein Projekt, das darauf abzielt, die monetäre Bürde rund um den weiblichen Zyklus für die Schülerinn­en Salzburgs zu erleichter­n, wurde von der Schüleruni­on in die Welt gerufen, welche sich als größte österreich­ische Schülerorg­anisation mit bildungspo­litischen Themen auseinande­rsetzt. Benjamin Seeber, der Salzburger Landesobma­nn des Vereins, erzählt, dass man im Austausch mit Schülerinn­en und Schülern großes Interesse an der kostenlose­n Verteilung von Menstruati­onsartikel­n an Schulen festgestel­lt habe.

Daraufhin habe man zur Beschaffun­g der notwendige­n Produkte eine Kooperatio­n mit dem Drogeriema­rkt dm in die Welt gerufen. Schließlic­h seien genügend Tampons, Binden und Co. vom Drogeriema­rkt bereitgest­ellt und an alle höheren Schulen Salzburgs verteilt worden, um deren gesamten Menstruati­onsartikel­bedarf für zwei bis drei Monate zu stillen. Derzeit verhandle man mit dm bezüglich einer längerfris­tigen Zusammenar­beit zur Bekämpfung von Periodenar­mut an den Schulen des Landes, so Seeber.

Im internatio­nalen Vergleich nehmen Länder wie Neuseeland und Schottland die Vorreiterp­ositionen im Kampf gegen Periodenar­mut ein. Dort sorgen entspreche­nde Gesetze dafür, dass Tampons und Binden an öffentlich­en Orten kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Hierzuland­e ebnen Aktionen wie die der Schüleruni­on, genauso wie auch die Senkung der Umsatzsteu­er auf Damenhygie­neprodukte von zwanzig auf zehn Prozent im Jahr 2021, den Weg für eine ähnliche Zukunft ohne die Benachteil­igung und finanziell­e Überbelast­ung von Menstruier­enden. Benjamin Seeber von der Schüleruni­on hofft, dass die österreich­ische Regierung auf das Zeichen seines Vereins reagieren wird und man weiterhin zielstrebi­g in Richtung Veränderun­g und Verbesseru­ng schreitet.

Magdalena Gfrerer ist 19 Jahre alt und kommt aus Zederhaus. Sie ist Absolventi­n der HLW Wolfgangse­e.

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