Auf Du und Du
Drei Arbeitskolleginnen kommen einem entgegen und sagen hintereinander Mahlzeit!. Reicht einmal Mahlzeit! für alle drei als Antwort? Mahlzeit! heißt es zwischen 11.00 und 14.30 Uhr. Das Ausweichen auf Guten Appetit!, wie es ein Deutsch-als-FremdspracheSchüler einmal getan hat, erwies sich als nicht mehrheitsfähig. In der Früh begann es mit Morgen! oder Guten Morgen!. Die Bäckerin sagte Tschüss! und bekam ein Ciao! zurück. Weil getschüsselt wird hier nicht. Na ja. Fragen Sie einmal Ihre Kinder oder Enkelkinder. Da ist Hopfen und Malz verloren.
Prost! taugt selten als Gruß. Manchmal scherzhaft mit einer Kaffeetasse in der Hand. Servus! und Griaß di! geht hingegen oft gut – wenn man einander zum Beispiel in der Teeküche begrüßt. Schönen Tag noch! klingt dagegen immer noch so fremd wie das Herzlich willkommen bei (Firmennamen Ihrer Wahl einsetzen). So spricht doch niemand!
Schwierig ist es auch, wenn man nicht sicher weiß, ob man jemanden siezen oder duzen soll. Kunstvoll wird da ausgewichen – gern von beiden Seiten. In unserem Fall klingt das dann so: „Hallo, der Seite 10 täte ein Bildtext noch gut.“Oder: „Der Titel auf Seite 20 ist schief – könnte hier jemand noch ein bisserl nachfeilen?“Das Hamburger Sie kommt bei uns aber so gut wie nie zum Einsatz: Thomas, können Sie das bitte korrigieren? Aber gehört haben wir es schon an so mancher Feinkosttheke (Chefin spricht zu Thomas, der seit geraumer Zeit einen Anstecker mit „Ich bin neu hier“am Revers trägt): „Herr Thomas, bitte schneiden Sie den Gouda nicht so dick, eine Kundschaft hat sich wieder beschwert.“Armer Herr Thomas.
Ein wenig peinlich ist es, wenn man zwar mit jemandem häufig spricht, aber nicht weiß, wie das Gegenüber heißt. Das kann über Jahre gehen. Es gibt den zu späten Zeitpunkt, jemanden nach seinem Namen zu fragen. Da redet man über Urlaube und Arbeit, über Kinder und Krankheiten, hat aber keine Ahnung, wer der andere ist. Obwohl man einander duzt. Der Spielplatz ist dafür ein gutes Beispiel. Treffpunkt Schaukel: „Und, geht er schon in den Kindergarten?“Oder: „Wie läuft es so bei euch?“Wie die Kinder heißen, lässt sich manchmal noch herausfinden. Aber die Eltern? In einer bestimmten Lebensphase ist man halt stets nur der Papa oder die Mama von.
Wenn wir Interviews korrigieren, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir ein paar Mal sie und ihr auf Sie und Ihr ändern müssen. Die falsche Kleinschreibung dieser Anredepronomen gehört sogar zu den allerhäufigsten Fehlern. Kommen Könige oder Königinnen ins Spiel, wird es lustig. Da machen wir aus ihre Ihre. Und aus seine Seine. Da wird Ihre Majestät gekrönt – und Seine Majestät zu Grabe getragen. Da ist auch der
Pluralis Majestatis nicht weit: Wir, Eberhard von Gramatneusiedl, geben bekannt ... Bescheidener verhält es sich mit dem Autorenplural, bei dem die eigene Person in den Hintergrund tritt und gleichzeitig die Leserinnen und Leser einbezogen werden: Wir wollen in dieser Kolumne aber nicht zu viel klugdefäkieren. Was uns noch zum sogenannten Krankenschwesternplural führt (der aber auch bei Krankenpflegern oder beim Friseur anzutreffen ist): Hatten wir heute schon Stuhlgang? – Dürfen wir heute ein bisserl nachfärben?
Einfacher ist es wohl, per Du zu sein. Wobei manche einwenden, dass man einander eher beschimpft, wenn man duzt. Sie Depp, Sie sagt sich nicht so schnell wie Du Depp, du. Übers Schimpfen schreiben wir aber einmal gesondert. Auf Wiederlesen!