Salzburger Nachrichten

Auf Du und Du

- Mattias Ainz-Feldner

Drei Arbeitskol­leginnen kommen einem entgegen und sagen hintereina­nder Mahlzeit!. Reicht einmal Mahlzeit! für alle drei als Antwort? Mahlzeit! heißt es zwischen 11.00 und 14.30 Uhr. Das Ausweichen auf Guten Appetit!, wie es ein Deutsch-als-Fremdsprac­heSchüler einmal getan hat, erwies sich als nicht mehrheitsf­ähig. In der Früh begann es mit Morgen! oder Guten Morgen!. Die Bäckerin sagte Tschüss! und bekam ein Ciao! zurück. Weil getschüsse­lt wird hier nicht. Na ja. Fragen Sie einmal Ihre Kinder oder Enkelkinde­r. Da ist Hopfen und Malz verloren.

Prost! taugt selten als Gruß. Manchmal scherzhaft mit einer Kaffeetass­e in der Hand. Servus! und Griaß di! geht hingegen oft gut – wenn man einander zum Beispiel in der Teeküche begrüßt. Schönen Tag noch! klingt dagegen immer noch so fremd wie das Herzlich willkommen bei (Firmenname­n Ihrer Wahl einsetzen). So spricht doch niemand!

Schwierig ist es auch, wenn man nicht sicher weiß, ob man jemanden siezen oder duzen soll. Kunstvoll wird da ausgewiche­n – gern von beiden Seiten. In unserem Fall klingt das dann so: „Hallo, der Seite 10 täte ein Bildtext noch gut.“Oder: „Der Titel auf Seite 20 ist schief – könnte hier jemand noch ein bisserl nachfeilen?“Das Hamburger Sie kommt bei uns aber so gut wie nie zum Einsatz: Thomas, können Sie das bitte korrigiere­n? Aber gehört haben wir es schon an so mancher Feinkostth­eke (Chefin spricht zu Thomas, der seit geraumer Zeit einen Anstecker mit „Ich bin neu hier“am Revers trägt): „Herr Thomas, bitte schneiden Sie den Gouda nicht so dick, eine Kundschaft hat sich wieder beschwert.“Armer Herr Thomas.

Ein wenig peinlich ist es, wenn man zwar mit jemandem häufig spricht, aber nicht weiß, wie das Gegenüber heißt. Das kann über Jahre gehen. Es gibt den zu späten Zeitpunkt, jemanden nach seinem Namen zu fragen. Da redet man über Urlaube und Arbeit, über Kinder und Krankheite­n, hat aber keine Ahnung, wer der andere ist. Obwohl man einander duzt. Der Spielplatz ist dafür ein gutes Beispiel. Treffpunkt Schaukel: „Und, geht er schon in den Kindergart­en?“Oder: „Wie läuft es so bei euch?“Wie die Kinder heißen, lässt sich manchmal noch herausfind­en. Aber die Eltern? In einer bestimmten Lebensphas­e ist man halt stets nur der Papa oder die Mama von.

Wenn wir Interviews korrigiere­n, ist die Wahrschein­lichkeit groß, dass wir ein paar Mal sie und ihr auf Sie und Ihr ändern müssen. Die falsche Kleinschre­ibung dieser Anredepron­omen gehört sogar zu den allerhäufi­gsten Fehlern. Kommen Könige oder Königinnen ins Spiel, wird es lustig. Da machen wir aus ihre Ihre. Und aus seine Seine. Da wird Ihre Majestät gekrönt – und Seine Majestät zu Grabe getragen. Da ist auch der

Pluralis Majestatis nicht weit: Wir, Eberhard von Gramatneus­iedl, geben bekannt ... Bescheiden­er verhält es sich mit dem Autorenplu­ral, bei dem die eigene Person in den Hintergrun­d tritt und gleichzeit­ig die Leserinnen und Leser einbezogen werden: Wir wollen in dieser Kolumne aber nicht zu viel klugdefäki­eren. Was uns noch zum sogenannte­n Krankensch­westernplu­ral führt (der aber auch bei Krankenpfl­egern oder beim Friseur anzutreffe­n ist): Hatten wir heute schon Stuhlgang? – Dürfen wir heute ein bisserl nachfärben?

Einfacher ist es wohl, per Du zu sein. Wobei manche einwenden, dass man einander eher beschimpft, wenn man duzt. Sie Depp, Sie sagt sich nicht so schnell wie Du Depp, du. Übers Schimpfen schreiben wir aber einmal gesondert. Auf Wiederlese­n!

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