Schienenküsser
Die neue Liebe zum Bahnfahren. Klimawandel, Klimaticket, neue Nachtzüge – die aktuellen Themen beflügeln diese Art des Reisens.
Die Österreichischen Bundesbahnen berichten nicht nur von Rekordzahlen an Passagieren im Fernverkehr. Auch mehrere Milliarden Euro gehen bis 2030 auf das Konto von neuen und modernen Zügen, die Verbindungen im Nah- und Regionalverkehr sowie im internationalen Verkehr – insbesondere die Nachtzüge – komfortabler machen sollen. Die Westbahn erweitert ebenso ihr Netz Richtung Westen und Deutschland. Die EU investiert bis 2030 90 Mrd. Euro in die Bahninfrastruktur. Aber wo ein Hype, da auch Probleme. Oft wird von Verspätungen und Ausfällen im Fernverkehr, von Überfüllung oder gar fehlenden Garnituren berichtet. Selbst eingefleischte Autofans legen zumindest probeweise eine Fernstrecke mit dem Zug zurück. Die Nachfrage ist also riesig, zudem werden lang bestellte Nachtzüge mit Verzögerung und in Tranchen geliefert.
Die Erwartungen an die Bahnen sind aber groß: „Wir erwarten, dass die Bahn das Mobilitätsthema und die Umweltfrage für uns lösen wird. Die Herausforderungen werden aber noch ein paar Jahre andauern. Wir können nicht alles gleichzeitig erreichen“, sagt Björn Bender, Vorstandsvorsitzender und CEO von Rail Europe, Anbieter von Bahntickets in Europa. „Der Hype ums Bahnfahren ist gekommen, um zu bleiben – befeuert auch durch die Klimakatastrophe. Auch der Trend zu mehr Langsamkeit trägt dazu bei“, so Eva Buzzi, Geschäftsführerin von Rail Tours Touristik, Tochterunternehmen der ÖBB, und Präsidentin des Österreichischen Reiseverbands (ÖRV). „Es wird Destinationen geben, wo die Bahn viel aufholen wird. Aber alles ist kapazitätsmäßig nicht machbar.“
Wie bei Flugbuchungen stellen sich auch bei Bahnreisen Fragen: Was passiert, wenn der Zug ausfällt oder wenn ich meinen Anschluss verpasse? Wie kann ich bei der Ticketbuchung auf Nummer sicher gehen? Bei innerösterreichischen Zugverbindungen, ob ÖBB, Westbahn oder regionale Bahnen, kauft man sein Ticket üblicherweise einfach. Bei internationalen Zugverbindungen ist das komplizierter, da jedes Land und jede Bahn ein eigenes Ticketingsystem hat. Direktverbindungen ohne Umsteigen, welche die ÖBB z. B. mit den Strecken Salzburg/Wien–Rom, Wien–Paris oder Wien–Zürich anbietet, sind einfach buchbar. Packages aus Bahn und Hotel sind etwa bei Rail Tours erhältlich, wobei auch internationale Anbieter aus Deutschland, der Schweiz, Italien oder Frankreich flexibel einbezogen werden. Einzeltickets sind hier nicht zu buchen. Eine Möglichkeit, internationale Tickets mit Umsteigen zu buchen, bietet Rail Europe.
Das Unternehmen wurde vor 100 Jahren gegründet, seit 2022 ist es privatisiert. Ziel sei, die bestehende Plattform mit über 100 europäischen Bahnen weiter auszubauen, sagt Björn Bender. „Die Komplexität in Europa ist brutal hoch.“Derzeit wird daran gearbeitet, weiße Flecken wie Skandinavien, Osteuropa oder Portugal und noch weitere 20 bis 30 Bahnen, darunter auch Airport Trains, zu integrieren. Das gesamte Angebot wird dann über eine Schnittstelle im Web und als App – und gegen eine Servicegebühr – verfügbar gemacht. „Wir vergleichen, zeigen das günstigste Ticket oder die schnellste Strecke und spielen das beste Angebot aus.“Zudem findet man Reiseinformationen in Echtzeit zu den Zügen vor. Wert gelegt wird laut Bender auf umfassenden Kundenservice. „Die Menschen wollen nicht im Kundenservice einzelner Bahnen hängen. Das übernehmen wir.“Als Reiseveranstalter ist Rail Tours im Falle von Ausfällen für die gesamte Reisekette des Kunden oder der Kundin verantwortlich.