„Passives Lesen deiner Notizen kannst du dir sparen“
Motivationsflauten, Prokrastination, Konzentrationstiefs und Prüfungsangst. Wie lassen sich diese Barrieren überwinden und mit Leichtigkeit Bestnoten erzielen?
nser Bildungssystem hat zweifellos Lücken, doch es bringt nichts, darüber zu schimpfen: Denn wir können unabhängig davon erst mal für uns selbst sorgen, indem wir unsere eigene Lernfähigkeit steigern“, sagt Martin Krengel, seines Zeichens Lerncoach und Motivationspsychologe. In seinem jüngsten Buch namens „Bestnote. Lernerfolg verdoppeln, Prüfungsangst halbieren“(Heyne-Verlag) gibt er Tipps, wie man Motivationsflauten und Konzentrationstiefs überwindet und im Optimalfall entspannt zu Bestnoten kommt.
„Es gibt in jedem Fach Leute, die trotz äußerer und innerer Hürden relativ gelassen Bestnoten schreiben. Was machen die anders? Genau diese Frage stellte ich mir schon im Gymnasium“, so Krengel. Die Auseinandersetzung mit Lernpsychologie und Zeitmanagement sowie den Lernprozessen von Einserkandidaten hat den Autor selbst zu Bestnoten bei seinen Abschlüssen gebracht.
Der Weg zum Erfolg
Die Bereiche der Lernpsychologie und die besten Herangehensweisen, um selbst zum Einserkandidaten zu werden, sind natürlich umfassend – es folgt ein kleiner Auszug der Strategien des Motivationscoaches.
Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist der Trainingsplan. Im Fall des Lernens ist nicht der Weg das Ziel, denn es gilt, Überstunden zu vermeiden und nicht ohne Plan draufloszulernen, sondern sich auf die wesentlichen Inhalte zu fokussieren. „Da die Zulassungsprüfung anspruchsvoll war, legte ich mich mächtig ins Zeug und lernte ein komplettes Buch ,Volkswirtschaft‘ auswendig. Zwar hatte ich theoretisch viele Mechanismen im Kopf. Praktisch war ich jedoch nicht in der Lage, das situationsbezogen anzuwenden“, gibt Krengel ein Beispiel aus seinem eigenen Leben. „400 Seiten Infos in meinem Kopf – alle wertlos!“Sein Fazit: „Es bringt nichts, doppelt so schnell zu werden, wenn wir in der falschen Richtung unterwegs sind.“
Wie ein Kleiderschrank ohne Fächer
Quasi wie bei sportlicher Betätigung sollte man sich auch vor dem Lernen aufwärmen und in den Lernmodus schalten. Krengel: „Damit wir nicht in Stress geraten, müssen wir die größten Hindernisse gleich überspringen: Anfangshemmung, Ablenkung, Zeitnot und Null-Bock-Stimmung.“
Sein Tipp lautet: Vorbereitung macht das Leben leichter. „Wer immer dem Stoff hinterherhechelt, macht es sich unnötig schwer. Eine Vorbereitung spart Zeit und Stress.“Es gilt der Vergleich mit einem Kleiderschrank ohne Fächer, sagt der Autor: „Wenn du ihn mit Dingen füllst, gibt es Chaos. Schubladen helfen! Das Gehirn muss Neues einsortieren können. Die Vorbereitung schafft solche Schubladen: Du weißt, welche Themen kommen, kannst Fremdwörter vorher klären.“Die Nachbereitung fällt dann kürzer aus und man ist erfolgreicher, weil man sich Gedanken über seine Ziele macht. „30 Minuten Vorbereitung sind effektiver als eine Stunde Nachbereitung.“
So lernt man 128 Vokabeln in drei Runden
Informationen brauchen ein Gerüst, in das sie einsortiert werden können – gleich dem Skelett in unserem Körper. Hier kommt die
Struktur ins Spiel. „Die Visualisierung der inneren Zusammenhänge bringt die eindimensionale Ebene von Informationen in eine räumliche Ordnung“, erklärt Krengel. „Sie lässt auf einen Blick erkennen, wie die verschiedenen Aspekte des Lernstoffs zueinanderstehen.“Die Organisation von Infos in Gruppen und die Zuordnung zu Oberkategorien verbesserten die Gedächtnisleistung enorm. Das zeigte auch eine Studie, in der Studierende 128 Mineralien auswendig lernen sollten. Am erfolgreichsten waren diejenigen, die die Mineralien nach ihrer Zugehörigkeit in Kategorien – wie zum Beispiel Edelmetalle, Industriemetalle, Edelsteine – sortierten. „Durch das Sortieren wurden die einzelnen Vokabeln verglichen, in Gruppen eingeteilt und von anderen abgegrenzt. Dabei musste man über die Bedeutung der Wörter nachdenken und Querverbindungen herstellen. Die Verarbeitung wurde intensiviert und Komplexität reduziert“, erläutert der Lerntrainer.
Die letzten Meter
Gegen Ende des Lernprozesses sind schließlich Reduzieren und das Wichtigste im Blick zu behalten angesagt. Viele Lerninhalte müssten nicht wiederholt werden, wenn man sie einmal begriffen hat. „Wir benötigen lediglich Stichworte, um uns an wichtige Punkte zu erinnern, oder einen Leitfaden, der uns durch die Klausur, mündliche Prüfung oder unser Referat führt“, sagt Krengel. Verdichtet man den Stoff, kann der Wiederholungsaufwand gesenkt, das Wesentliche im Blick behalten und mehr Klarheit geschaffen werden.
Die Wiederholung sei das „Krafttraining“, wenn es ums Lernen geht – der Autor plädiert allerdings dafür, dass man nicht stumpf Lernstoff wiederholt, sondern Abwechslung in die Thematik bringt. „Nun muss der Stoff angewandt, mit Beispielen gefestigt und geübt werden: Hier ist schnelles Rechnen gefragt, dort muss das Referat auf den Punkt sitzen“, so der Motivationspsychologe. Und weiter: „Deswegen ist der Begriff ,Training‘ eine bessere Bezeichnung für diesen Prozess als ,Wiederholung‘. Das verdeutlicht den aktiven Teil dieser Lernphase – ödes, passives Lesen deiner Notizen kannst du dir sparen.“
Geht es schlussendlich in den „Wettkampf“, stehen taktisches Vorgehen und Nerven behalten am Plan. Es gilt: Ruhe bewahren und die Erfolgsfaktoren im Blick behalten. „Ein wenig Taktieren hilft zudem, Stärken auszuspielen und Schwächen zu umschiffen.“Struktur, vernetztes Denken und ein eleganter Ausdruck zählen zu den „magischen“drei Herangehensweisen.
Jeder von uns hat einen Hochleistungsrechner zwischen den Ohren. Was oft fehlt, ist die Gebrauchsanleitung, um das volle Potenzial zu nutzen.
Martin Krengel, Motivationspsychologe und Autor