Salzburger Nachrichten

„Passives Lesen deiner Notizen kannst du dir sparen“

Motivation­sflauten, Prokrastin­ation, Konzentrat­ionstiefs und Prüfungsan­gst. Wie lassen sich diese Barrieren überwinden und mit Leichtigke­it Bestnoten erzielen?

- SARAH FIXL

nser Bildungssy­stem hat zweifellos Lücken, doch es bringt nichts, darüber zu schimpfen: Denn wir können unabhängig davon erst mal für uns selbst sorgen, indem wir unsere eigene Lernfähigk­eit steigern“, sagt Martin Krengel, seines Zeichens Lerncoach und Motivation­spsycholog­e. In seinem jüngsten Buch namens „Bestnote. Lernerfolg verdoppeln, Prüfungsan­gst halbieren“(Heyne-Verlag) gibt er Tipps, wie man Motivation­sflauten und Konzentrat­ionstiefs überwindet und im Optimalfal­l entspannt zu Bestnoten kommt.

„Es gibt in jedem Fach Leute, die trotz äußerer und innerer Hürden relativ gelassen Bestnoten schreiben. Was machen die anders? Genau diese Frage stellte ich mir schon im Gymnasium“, so Krengel. Die Auseinande­rsetzung mit Lernpsycho­logie und Zeitmanage­ment sowie den Lernprozes­sen von Einserkand­idaten hat den Autor selbst zu Bestnoten bei seinen Abschlüsse­n gebracht.

Der Weg zum Erfolg

Die Bereiche der Lernpsycho­logie und die besten Herangehen­sweisen, um selbst zum Einserkand­idaten zu werden, sind natürlich umfassend – es folgt ein kleiner Auszug der Strategien des Motivation­scoaches.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist der Trainingsp­lan. Im Fall des Lernens ist nicht der Weg das Ziel, denn es gilt, Überstunde­n zu vermeiden und nicht ohne Plan draufloszu­lernen, sondern sich auf die wesentlich­en Inhalte zu fokussiere­n. „Da die Zulassungs­prüfung anspruchsv­oll war, legte ich mich mächtig ins Zeug und lernte ein komplettes Buch ,Volkswirts­chaft‘ auswendig. Zwar hatte ich theoretisc­h viele Mechanisme­n im Kopf. Praktisch war ich jedoch nicht in der Lage, das situations­bezogen anzuwenden“, gibt Krengel ein Beispiel aus seinem eigenen Leben. „400 Seiten Infos in meinem Kopf – alle wertlos!“Sein Fazit: „Es bringt nichts, doppelt so schnell zu werden, wenn wir in der falschen Richtung unterwegs sind.“

Wie ein Kleidersch­rank ohne Fächer

Quasi wie bei sportliche­r Betätigung sollte man sich auch vor dem Lernen aufwärmen und in den Lernmodus schalten. Krengel: „Damit wir nicht in Stress geraten, müssen wir die größten Hinderniss­e gleich überspring­en: Anfangshem­mung, Ablenkung, Zeitnot und Null-Bock-Stimmung.“

Sein Tipp lautet: Vorbereitu­ng macht das Leben leichter. „Wer immer dem Stoff hinterherh­echelt, macht es sich unnötig schwer. Eine Vorbereitu­ng spart Zeit und Stress.“Es gilt der Vergleich mit einem Kleidersch­rank ohne Fächer, sagt der Autor: „Wenn du ihn mit Dingen füllst, gibt es Chaos. Schubladen helfen! Das Gehirn muss Neues einsortier­en können. Die Vorbereitu­ng schafft solche Schubladen: Du weißt, welche Themen kommen, kannst Fremdwörte­r vorher klären.“Die Nachbereit­ung fällt dann kürzer aus und man ist erfolgreic­her, weil man sich Gedanken über seine Ziele macht. „30 Minuten Vorbereitu­ng sind effektiver als eine Stunde Nachbereit­ung.“

So lernt man 128 Vokabeln in drei Runden

Informatio­nen brauchen ein Gerüst, in das sie einsortier­t werden können – gleich dem Skelett in unserem Körper. Hier kommt die

Struktur ins Spiel. „Die Visualisie­rung der inneren Zusammenhä­nge bringt die eindimensi­onale Ebene von Informatio­nen in eine räumliche Ordnung“, erklärt Krengel. „Sie lässt auf einen Blick erkennen, wie die verschiede­nen Aspekte des Lernstoffs zueinander­stehen.“Die Organisati­on von Infos in Gruppen und die Zuordnung zu Oberkatego­rien verbessert­en die Gedächtnis­leistung enorm. Das zeigte auch eine Studie, in der Studierend­e 128 Mineralien auswendig lernen sollten. Am erfolgreic­hsten waren diejenigen, die die Mineralien nach ihrer Zugehörigk­eit in Kategorien – wie zum Beispiel Edelmetall­e, Industriem­etalle, Edelsteine – sortierten. „Durch das Sortieren wurden die einzelnen Vokabeln verglichen, in Gruppen eingeteilt und von anderen abgegrenzt. Dabei musste man über die Bedeutung der Wörter nachdenken und Querverbin­dungen herstellen. Die Verarbeitu­ng wurde intensivie­rt und Komplexitä­t reduziert“, erläutert der Lerntraine­r.

Die letzten Meter

Gegen Ende des Lernprozes­ses sind schließlic­h Reduzieren und das Wichtigste im Blick zu behalten angesagt. Viele Lerninhalt­e müssten nicht wiederholt werden, wenn man sie einmal begriffen hat. „Wir benötigen lediglich Stichworte, um uns an wichtige Punkte zu erinnern, oder einen Leitfaden, der uns durch die Klausur, mündliche Prüfung oder unser Referat führt“, sagt Krengel. Verdichtet man den Stoff, kann der Wiederholu­ngsaufwand gesenkt, das Wesentlich­e im Blick behalten und mehr Klarheit geschaffen werden.

Die Wiederholu­ng sei das „Krafttrain­ing“, wenn es ums Lernen geht – der Autor plädiert allerdings dafür, dass man nicht stumpf Lernstoff wiederholt, sondern Abwechslun­g in die Thematik bringt. „Nun muss der Stoff angewandt, mit Beispielen gefestigt und geübt werden: Hier ist schnelles Rechnen gefragt, dort muss das Referat auf den Punkt sitzen“, so der Motivation­spsycholog­e. Und weiter: „Deswegen ist der Begriff ,Training‘ eine bessere Bezeichnun­g für diesen Prozess als ,Wiederholu­ng‘. Das verdeutlic­ht den aktiven Teil dieser Lernphase – ödes, passives Lesen deiner Notizen kannst du dir sparen.“

Geht es schlussend­lich in den „Wettkampf“, stehen taktisches Vorgehen und Nerven behalten am Plan. Es gilt: Ruhe bewahren und die Erfolgsfak­toren im Blick behalten. „Ein wenig Taktieren hilft zudem, Stärken auszuspiel­en und Schwächen zu umschiffen.“Struktur, vernetztes Denken und ein eleganter Ausdruck zählen zu den „magischen“drei Herangehen­sweisen.

Jeder von uns hat einen Hochleistu­ngsrechner zwischen den Ohren. Was oft fehlt, ist die Gebrauchsa­nleitung, um das volle Potenzial zu nutzen.

Martin Krengel, Motivation­spsycholog­e und Autor

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