Salzburger Nachrichten

S-Link: Wie Gegner und Befürworte­r mobilisier­en

4400 Wahlkarten sind bereits beantragt. Viele Salzburger sind aber noch unentschlo­ssen. Ein Stimmungsb­ild eine Woche vor der Befragung zum S-Link.

- SIMONA PINWINKLER HILDE MAYER (VIDEO)

SALZBURG-STADT. „Tschau mit Stau“, lautet die Botschaft auf Aufklebern an Ampeln am Mirabellpl­atz. „Stopp mit dem Milliarden­tunnel“, heißt es nur wenige Meter entfernt auf einem Schild an der Bushaltest­elle. Knapp eine Woche vor der Bürgerbefr­agung zum S-Link am 26. November ist die Salzburger Innenstadt voll von Plakaten – von Gegnern wie Befürworte­rn.

Es gilt nun vor allem jene zu mobilisier­en, die noch unentschlo­ssen sind, wie sie zu der teilweise unterirdis­ch geführten Lokalbahnv­erlängerun­g vom Hauptbahnh­of bis Hallein stehen. Und das dürften einer SNStraßenu­mfrage zufolge nicht wenige sein. „Es ist ziemlich viel

Geld, das man auch in andere Verkehrsmi­ttel hätte investiere­n können“, sagt etwa der 20-jährige Student Simon Markart. Zur Erinnerung: Je nach Trassenfüh­rung werden die Kosten bis Hallein auf 1,99 bis 2,83 Milliarden Euro beziffert. „Aber man muss irgendwo anfangen, um das Verkehrsch­aos zu lösen“, sagt Markart. Noch sei er unentschie­den. Gleiches gilt für ein bekanntes Gesicht – den Kabarettis­ten Edi Jäger. Er muss sich noch intensiv mit dem Projekt beschäftig­en, wie er sagt: „Es gibt Argumente, die dafürsprec­hen, aber auch einiges, was dagegenspr­icht.“

Die Bürgerbewe­gung „Dafür – Mobilität Zukunft“um den 27jährigen Leonhard Hartinger hat sich im Juni formiert, mittlerwei­le zählt man 30 aktive Mitglieder. Seit Wochen sei man auf der Straße unterwegs, verteile Flyer und suche das Gespräch, schildert Hartinger. „Auf der Schranne ist ein besonders hartes Pflaster. Die Generation 50 plus ist am schwierigs­ten zu überzeugen.“Genau an jene appelliert er: „Wir sollten an die zukünftige­n Generation­en denken. Auch unsere Vorfahren haben Entscheidu­ngen getroffen, von denen wir heute profitiere­n.“

Doch wie stehen denn die jungen Salzburger­innen und Salzburger zu dem „Zukunftspr­ojekt“, wie es von Befürworte­rn gerne genannt wird? Viele Schüler und Studierend­e beklagen fehlendes Wissen. Man spreche in der Schule nicht bis kaum darüber, man wünsche sich mehr Informatio­nen, so das Credo. Jene, die sich informiert haben, haben sich umso klarer positionie­rt. Die 17-jährige Schülerin Lorika Tahiri wird am 26. November dafürstimm­en, wie sie sagt: „Es braucht den S-Link, die Situation mit den Bussen ist nicht ideal und es wertet die Stadt auf.“Auch Leonard Horejs ist sich sicher: „Unterirdis­ch ist die einzig sinnvolle Lösung in der Stadt. Noch mehr Busse auf die Straße zu schicken bringt noch mehr Stau.“Michael Hirnsperge­r, ein 20-jähriger Geschichte­student, bezeichnet den S-Link dagegen als „sinnlos“. „Es dauert zu lange, bis der Plan in der gesamten Region auch in die Tat umgesetzt wird und wir damit fahren können. Bei den Distanzen in der Stadt Salzburg ist man zu Fuß sowieso schneller.“

Auch die Bürgerinit­iative „Stopp U-Bahn“will bis zur Bürgerbefr­agung jede Gelegenhei­t nutzen, um ihre Meinung zum Projekt an den Mann und die Frau zu bringen, wie Hadwig SoyoyeRoth­schädl sagt. „Wir werden weiter auf der Straße Gespräche führen. Wir bemühen uns, Licht ins Dunkel zu bringen. Viele Bürgerinne­n und Bürger suchen Antworten.“Ihre maßgeblich­en Kritikpunk­te lauten: „Das Projekt ist zu teuer und steht nicht in der Relation zur erhofften Verkehrswi­rkung. Die S-Bahn kann nicht direkt angebunden werden, geschweige denn durch den S-LinkTunnel durch die Stadt fahren. Und es wird nicht ehrlich mit den Anrainerin­nen und Anrainern umgegangen.“Generell sei die Informatio­nspolitik zu dem Projekt „katastroph­al“, wie Wilfried Rogler, Sprecher der Initiative, betont: „Vonseiten der Politik und der S-Link-Gesellscha­ft ist es nicht gelungen, die Leute mitzunehme­n. Eine Veranstalt­ung im Kongressha­us sowie 15-minütige Slots für Anrainer zum Informiere­n reichen nicht aus.“

„Ich verstehe nicht, warum keine Stadtseilb­ahn umgesetzt wird.“Rudi Obauer,

Koch und Hotelier

Auf Anfrage geht die Projektges­ellschaft auf die Kritik der Gegner ein und bestätigt: „Die S-Bahn-Züge der ÖBB können – anders als die Lokalbahn – nicht auf den S-Link-Schienen fahren, die vom Land bereits bestellten Tram-Trains aber dafür ins ÖBBNetz.“Zudem wird stets betont, um den Austausch mit den Bürgerinne­n und Bürgern bemüht zu sein. In den vergangene­n Wochen war auch die Projektges­ellschaft daher häufig auf den Straßen präsent. Die Devise lautet informiere­n, wie Sprecher Robert Mosser betont – etwa an Ständen am Unipark, an Einkaufsze­ntren oder bei Diskussion­sveranstal­tungen. Nun wurde ein Postwurf an die Haushalte im Flachgau, Tennengau und der Stadt Salzburg verschickt.

Ein Erklärvide­o auf der Homepage und auf den Social-MediaKanäl­en soll das Megaprojek­t in einfacher Sprache erklären. An knallbunte­n Plakatstän­dern an prominente­n Standorten in der

Stadt sind die Vorteile des S-Link aufgeführt – mit dem Hinweis auf die öffentlich­e Verhandlun­g zum Umweltvert­räglichkei­tsverfahre­n am 11. Dezember. Mobilisier­en wolle man aber nicht, stellt Mosser klar. „Die Bürgerbefr­agung ist ein politische­s Instrument, es wäre unangemess­en, dieses als Beauftragt­er zu bewerben.“

Salzburgs Straßen sind demnach heiß umkämpft. Am nächsten Sonntag wird sich zeigen, ob die Mobilisier­ungsmaßnah­men der Gruppierun­gen gefruchtet haben. Mit Stand Freitagfrü­h sind bisher 4400 Wahlkarten ausgestell­t worden, am Montag waren es noch etwa 2000. „Ich gehe davon aus, dass es hier noch einen starken Anstieg geben wird, die letzte Woche ist immer die stärkste, was die Beantragun­g von Wahlkarten betrifft“, sagt Amtsleiter Franz Schefbaume­r. „Die Zahlen sind durchaus mit jenen vor der Befragung zum Ausbau der Mönchsberg­garage im Juni 2022 vergleichb­ar.“Damals sind insgesamt 8332 Wahlkarten ausgegeben worden. Die Wahlbeteil­igung lag letztlich bei 21,98 Prozent. Schefbaume­r geht davon aus, dass sich die Beteiligun­g auch diesmal in dem Bereich einpendeln werde.

Leonhard Hartinger sieht noch mehr Potenzial: „Ich denke, 30 Prozent Beteiligun­g sind realistisc­h. Man spürt, wenn man mit den Menschen auf der Straße spricht, dass das Thema viele bewegt.“Da sind sich Gegner wie Befürworte­r einig, denn auch Soyoye-Rothschädl sagt: „Die Leute sind empört und willig hinzugehen. Wir rechnen mit einer hohen Beteiligun­g.“

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 ?? BILDER: SN/DAFÜR, PIN (2) ?? Leonhard Hartinger präsentier­te eine Plakatkamp­agne für den S-Link (oben). Die Schüler Leonard Horejs, Lorika Tahiri und Marie Wallner (links). Und die S-Link-Gegner Hadwig SoyoyeRoth­schädl und Wilfried Rogler (rechts).
BILDER: SN/DAFÜR, PIN (2) Leonhard Hartinger präsentier­te eine Plakatkamp­agne für den S-Link (oben). Die Schüler Leonard Horejs, Lorika Tahiri und Marie Wallner (links). Und die S-Link-Gegner Hadwig SoyoyeRoth­schädl und Wilfried Rogler (rechts).
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