Ringen um Windräder: Zweifel an Vorrangzonen werden laut
Einige der besten Windkraftstandorte liegen außerhalb der Vorrangzonen. Man müsse diese Zonen überdenken, fordern Kritiker.
SALZBURG. Der Standort wäre ideal für ein Windrad gewesen, sagt der Zeller Hotelier Wilfried Holleis. Unterhalb der Rudolfshütte, im Bereich der Staumauer, hätte man sogar mehrere Windräder bauen können. „Das wäre interessant gewesen. Wir waren weit mit der Projektierung und hatten erste Studien angestellt.“Doch dann zog Holleis die Pläne zurück. Denn: „Wir haben vom Naturschutz des Landes die Nachricht bekommen, wir sollten es lassen. Es war nicht gewünscht.“
Der Bereich nahe der Rudolfshütte wäre ein „super“Standort für die Windenergie gewesen. Das bestätigt Hans Winkelmeier vom Planungsbüro Energiewerkstatt. Das Gebiet hoch über Uttendorf sei einer von etlichen sehr guten Standorten, die allerdings alle nicht als Vorrangzonen ausgewiesen seien.
Elf solcher Vorrangzonen sind im Landesentwicklungsprogramm (LEP) aus 2022 festgelegt (siehe Karte links). „Wir hätten uns einige andere Standorte gewünscht“, sagt
Winkelmeier. Vor allem der für die Windenergie geeignete Lungau sei im Landesentwicklungsprogramm vernachlässigt worden. So ist im Lungau lediglich ein Bereich als bevorzugte Zone ausgewiesen – das Pirkegg in Ramingstein. „Dabei liegen in Salzburg zwei Drittel des Potenzials im Lungau“, sagt Winkelmeier.
Ins gleiche Horn stößt Franz Kok, der Obmann der Ökostrombörse Salzburg. Im Lungau gäbe es zahlreiche geeignete Standorte, vor allem das Aineck, aber auch andere Gebiete, etwa zwischen St. Margarethen und Ramingstein, „denen man mehr Aufmerksamkeit schenken sollte“. Es sei nötig, das LEP zu überdenken, wenn das von der Landespolitik ausgegebene Ziel von 25 Windrädern bis zum Jahr 2030 erreicht werden soll. Dringend
„Man sollte anderen Standorten mehr Aufmerksamkeit schenken.“Franz Kok, Ökostrombörse (Bild: SN/ROBERT RATZER)
nötig sei eine Evaluierung der laufenden Windmessungen, sagt Kok. „Man wird möglicherweise draufkommen, dass eine Nachschärfung notwendig ist und man das LEP in einen Revisionsprozess schicken muss.“
Energielandesrat Josef Schwaiger (ÖVP) verteidigt die Standorte im LEP. Diese seien nach Prüfung durch einen externen Experten als die „realistischen“übrig geblieben. Was aber nicht bedeute, dass nicht andere Standorte außerhalb des Vorrangzonenplans ebenfalls eine Chance hätten. Das Aineck zum Beispiel wäre sehr gut geeignet, es hänge nur davon ab, ob dort der Bartgeier ein Projekt möglich mache. „Das Aineck wäre vom Wind her ein sehr guter Standort und es ist auch gut erschlossen.“Wenn dort kein Bartgeier vorkomme, wäre das
der zwölfte Standort, der in nähere Betrachtung käme. „Aber deshalb muss man das LEP nicht ändern.“Am Ziel von 25 Windrädern bis 2030 hält Schwaiger fest. „Das ist nicht unrealistisch. Beim Windsfeld sind wir schon relativ weit – das wären dort allein schon 10 bis 12 Propeller.“
Vergleichsweise knapp fällt dagegen die Antwort des für Raumordnung zuständigen Landesrats Martin Zauner (FPÖ) aus: Nein, eine Überarbeitung des LEP sei nicht geplant, heißt es aus seinem Büro.
Im LEP seien manche sehr gute Windkraftstandorte nicht enthalten, sagt auch Hannes Augustin vom Naturschutzbund. „Das Aineck halte ich zum Beispiel für sinnvoller als andere Standorte, weil dort das Gebiet bereits erschlossen ist mit Skiliften und Infrastruktur.“Zwar sei das Aineck im Hinblick etwa auf den Bartgeier „problematisch“. Aber ein Windrad im erschlossenen Gebiet wäre ein geringerer Eingriff als eine neue Anlage in einem bisher noch nicht erschlossenen Gebiet. Zudem gebe es die technische Möglichkeit, Windräder automatisch auszuschalten, wenn ein größerer Vogel im Anflug sei. Wichtig sei jedenfalls, dass beim Bau neuer Anlagen ein Ausgleich erreicht werde: „Insgesamt darf es für die Natur und die Tierwelt nicht schlechter werden.“
Die IG Windkraft verwies am Sonntag auf aktuelle Zahlen der Statistik Austria, wonach der Nettostromimport nach Österreich 2022 um mehr als 15 Prozent gestiegen sei im Vergleich zum Jahr davor. Umso mehr müsse in den Ausbau der Windkraft investiert werden, sagt Martin Jaksch-Fliegenschnee von der IG Windkraft. Dass Salzburg da Nachzügler sei, liege daran, dass die Windenergie lange politisch „nicht gewollt“gewesen sei. „Wir hoffen aber, dass künftig auch außerhalb der Vorrangzonen Projekte angegangen werden.“