Salzburger Nachrichten

Als die Stemmer auch Ringer waren

- Joachim Glaser

Was heute undenkbar ist, war vor etlichen Jahrzehnte­n Normalität – unter dem Dach des Kraftsport­verbands versammelt­en sich Ringer und Gewichtheb­er, die sich damals Stemmer nannten. Viele der Athleten waren sowohl an der Hantel als auch auf der Matte zu sehen. Als besonderes Beispiel figuriert in der heimischen Sportgesch­ichte der 1. Salzburger Athletik Klub, den der Selchermei­ster Georg Lorenz im Jahr 1890 gegründet hat und dessen erste Heimstätte der Gasthof Krimpelstä­tter in Mülln war. Hier trainierte­n Salzburgs starke Männer Seite an Seite.

Vor 90 Jahren machten die Salzburger erstmals außerhalb der Landesgren­zen auf sich auf

merksam: Sie gewannen den Titel in der 3. Klasse der österreich­ischen Meistersch­aft und trumpften im Spätherbst 1933 auch bei den gemeinsame­n

Meistersch­aften mit Oberösterr­eich, die der LASK im Volksgarte­nsaal Linz durchführt­e. Für jene, die zunächst Gewichte hoben und dann auf die Ringermatt­e stiegen, war der zehn- bis zwölfstünd­ige Meistersch­aftstag anstrengen­d. Auf dem Programm stand damals im Stemmen ein Vierkampf mit einarmigem Reißen sowie zweiarmige­m Reißen, Drücken und Stoßen. Die Kämpfe auf der Ringermatt­e dauerten 15 Minuten.

Einer, der in Linz glänzte, war der Halleiner Engelbert Winterstel­ler. Der siegreiche Bantamgewi­chtler wuchtete 252,5 kg in die Höhe und holte sich im Ringen die Bronzemeda­ille. Winterstel­ler war noch nach dem Zweiten Weltkrieg aktiv, trainierte die Halleiner Ringer und konnte sich 1947 bei den österreich­ischen Jugendmeis­terschafte­n über sechs Titel freuen. Zurück nach Linz 1933: Ferdinand Heindl, der sein Geld als Akrobat verdiente, Alois Leimer, Josef Koppe und

Franz Höllermann waren weitere Meister im Stemmen, der österreich­ische Juniorenme­ister Karl Felleitner stand zwei Mal auf dem Podest: Im Stemmen Zweiter im Halbschwer­gewicht, im Ringen Dritter im Mittelgewi­cht. Der Schwergewi­chtler Höllermann wechselte später zu Hertha Wels und wurde österreich­ischer Vizemeiste­r.

Während Ringen hierzuland­e vor allem dank dem AC Wals auch gegenwärti­g eine große Rolle spielt, ist Gewichtheb­en leider zur Randnotiz verkommen. Dass Peter Gruber im Jahr 1972 Staatsmeis­ter (der bisher einzige aus Salzburg) war, ist beinahe in Vergessenh­eit geraten. 2023 holten Jakob Weber und Petra Schmutzer österreich­ische Meistertit­el, beide starten für Lochen im Innviertel.

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BILD: SN/ARCHIV Stemmer zeigten sich vor 90 Jahren im Multidress.

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