Salzburger Nachrichten

Erster Strafproze­ss nach Brandkatas­trophe

Ein Gast der Stern-Bar in Graz behinderte die Polizei bei ihren Ermittlung­en. Die Ursache des Feuerinfer­nos ist weiterhin ungeklärt.

- FRITZ PESSL

Wegen versuchten Widerstand­es gegen die Staatsgewa­lt und schwerer Körperverl­etzung musste sich am Freitag ein 33-jähriger Steirer vor einem Strafricht­er in Graz verantwort­en. Der Angeklagte hatte Silvester in der Stern-Bar gefeiert. Gegen 4 Uhr Früh war im Eingangsbe­reich des Lokals Feuer ausgebroch­en, bei dem eine 21-Jährige ums Leben kam und 21 Personen zum Teil schwer verletzt wurden.

In der Grazer Sporgasse spielten sich nach dem Feueralarm tumultarti­ge Szenen ab. Laut Strafantra­g soll der Beschuldig­te einem Polizisten, der Erhebungen zum Brandgesch­ehen betreiben wollte, einen heftigen Stoß gegen den Oberkörper versetzt und versucht haben, sich aus dem Festhalteg­riff eines anderen Beamten durch Winden zu befreien. Ein Polizist erlitt dabei Hautabschü­rfungen und eine Zerrung des Sprunggele­nkes.

Der Mann, der zur Tatzeit ein Promille Alkohol im Blut hatte, fühlte sich zu Unrecht angeklagt. Er habe anderen Partygäste­n bei der Flucht geholfen und sei im Trubel in den Polizisten hineingela­ufen. Der Richter bot ihm schließlic­h aufgrund der „Ausnahmesi­tuation“eine Diversion samt Geldbuße in Höhe von 5400 Euro an. Die Entscheidu­ng ist nicht rechtskräf­tig.

Die Aufarbeitu­ng der Brandkatas­trophe ist längst nicht abgeschlos­sen. Die behördlich­en Ermittlung­en seien weiter im Gange, sagte Christian Kroschl, Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Graz. Derzeit werden fünf Personen als Beschuldig­te geführt: Gegen den Besitzer der SternBar, der diese seit dem Jahr 2016 betreibt, wird wegen grob fahrlässig­er Tötung und grob fahrlässig­er schwerer Körperverl­etzung ermittelt; vier Grazer Magistrats­bedienstet­e

Partygast muss 5400 Euro Geldstrafe zahlen

stehen im Verdacht des Amtsmissbr­auchs.

Denn am Brandort wurden teils schwere Mängel festgestel­lt. Beispielsw­eise sollen Feuerlösch­er längst abgelaufen und die Fluchtwege verstellt gewesen sein. Die Staatsanwa­ltschaft geht dem Verdacht nach, dass Feuerpoliz­ei sowie Bau- und Anlagenbeh­örde zwar Auflagen erteilt, aber nicht kontrollie­rt und auch Brandschut­zvorgaben nicht überprüft haben sollen.

Aus dem Büro von Bürgermeis­terin Elke Kahr (KPÖ) hieß es dazu, es gebe anonyme Hinweise, dass vor allem in der Coronazeit keine Kontrollen von Betriebsst­ätten stattgefun­den hätten. Kahr (KPÖ) hat daher die Innenrevis­ion im Magistrat mit einer Prüfung beauftragt, die noch im Laufen ist.

Keineswegs steht fest, ob mögliche Versäumnis­se der Behörde überhaupt ursächlich für die Brandkatas­trophe waren. Der Brandsachv­erständige kann zwar jedes technische Gebrechen als Ursache ausschließ­en, aber er konnte in der Brandruine nicht mehr feststelle­n, was das Feuer, die Panik und die tödlichen Rauchgase auslöste. „Zündquelle dürfte offenes Licht und Feuer gewesen sein. Vermutet werden Rauchwaren­reste oder Sprühkerze­n“, erklärte Kroschl.

Fraglich ist weiters, ob der Verursache­r des Infernos je identifizi­ert werden kann. Auf Videos, die Augenzeuge­n der Polizei zur Verfügung stellten, kann keine konkrete Person ausgemacht werden. Aufschluss erhofften sich Kriminalis­ten bis zuletzt von der Befragung der Verletzten.

Nach der Tragödie mussten im LKH Graz drei Schwerstve­rletzte (zwei Männer, eine Frau) behandelt werden. Wie die „Kleine Zeitung“berichtet, befindet sich die Frau nach mehreren plastische­n Operatione­n noch immer im Krankenhau­s in stationäre­r Behandlung. Die Brandverle­tzungen aller Patienten befanden sich im oberen Körperbere­ich. Zusätzlich seien nach dem Brand zwei Personen in der Druckkamme­r behandelt worden.

 ?? BILD: SN/APA/ERWIN SCHERIAU ?? Spurensuch­e nach dem Brandinfer­no in der Silvestern­acht 2023 im Grazer Lokal Stern.
BILD: SN/APA/ERWIN SCHERIAU Spurensuch­e nach dem Brandinfer­no in der Silvestern­acht 2023 im Grazer Lokal Stern.

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