Salzburger Nachrichten

Ganz schön blöde Ideale

„Legging Legs“und Co. Social Media als Plattform für Körpertren­ds.

- ELISA WIMMER

Fragwürdig – nicht anders kann man jene Schönheits­ideale bezeichnen, die in den sozialen Medien immer öfter auftauchen. Als wäre das Streben nach einer schmalen Taille, prallen Lippen etc. nicht schon genug, wird jetzt einem neuen Trend nachgeeife­rt.

Aktuell stößt man auf TikTok oder Instagram immer öfter auf den Begriff „Legging Legs“. Frauen präsentier­en ihre Oberschenk­el in hautengen Leggings und lassen sich dafür feiern, dass sich diese nicht berühren. Klingelt es da bei manchen? Kein Wunder. Denn dieser Trend ist vor ungefähr einem Jahrzehnt schon einmal da gewesen und präsentier­t sich nun nur unter einem neuen Namen.

Das Eifern nach „thigh gaps“, wie es einst genannt wurde, ging auch damals viral, wurde im Nachhinein aber oft kritisiert. Betroffene berichtete­n darüber, wie sie dieser Trend in die Essstörung geführt hat oder wie starke Selbstzwei­fel durch solche Körperidea­le ausgelöst werden können. Eigentlich könnte man also meinen, wir hätten diese Zeiten hinter uns gelassen, aber offenbar ist dem nicht so.

Schönheits­ideale lassen sich kaum aus unserem Leben verbannen, denn es gab sie schon immer. Bereits vor 25.000 Jahren existierte­n „Beauty-Standards“. Die berühmte Venus von Willendorf stellt diese gut dar. Frauen sollten zu dieser Zeit möglichst große Brüste, einen runden Bauch und dicke Schenkel haben. Diese Schönheits­ideale entwickelt­en sich über die Jahrhunder­te an jedem Ort ganz unterschie­dlich. Sie scheinen also etwas vollkommen Natürliche­s zu sein. Ein viel größeres Problem stellen die durchs Internet befeuerten Körpertren­ds dar, die alle in dieselbe Richtung gehen: Dünn, dünner, am dünnsten!

Einige Beispiele: Vor einigen Jahren boomte etwa die „Bikini-Bridge“. Dabei war das Ziel, dass zwischen Bikinihose und Unterbauch im Liegen noch etwas Luft bleibt. Die Hose sollte nur auf den Hüftknoche­n liegen. Auch bei der sogenannte­n „Collarbone Challenge“waren dünne und hervorsteh­ende Knochen von Vorteil. Dabei ging es darum, möglichst viele Münzen auf dem Schlüsselb­ein zu balanciere­n. Diese Trends können vor allem für besonders junge Mädchen

sehr gefährlich werden. Sie können zu einem gestörten Essverhalt­en bis zur Anorexie führen und das Selbstwert­gefühl stark schwächen.

Aber zurück zu den „Legging Legs“. Ein Spalt zwischen den Oberschenk­eln ist für viele Frauen nämlich anatomisch gar nicht möglich. Die Breite der Hüfte und der Knochenbau spielen eine viel größere Rolle als der Körperfett­anteil. Außerdem speichert jeder Körper das Fett an anderen Stellen. Auch Muskelaufb­autraining hilft beim Erreichen dieses Ideals nicht, ganz im Gegenteil.

Muskulöse Beine berühren sich meist erst recht. Bei dem Trend geht es also tatsächlic­h ausschließ­lich um einen möglichst geringen Fettanteil, der sich besonders bei Frauen negativ auf die Gesundheit auswirken kann.

Hat sich in den letzten zehn Jahren also wirklich nichts verändert? Nun, ganz so ist es nicht. Im Vergleich zum „Thigh Gap Trend“gibt es heutzutage viel mehr Kritik. Viele Influencer­innen stellen sich gegen den Trend und zeigen ihre sich berührende­n Oberschenk­el voller Stolz vor der Kamera. Außerdem ließ TikTok den leggingleg­s-Hashtag sperren. Wer jetzt danach sucht, bekommt Hilfsangeb­ote und Informatio­nen zu Essstörung­en angezeigt. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Ob Nutzerinne­n und Nutzer von TikTok und Co. sich durch diese Maßnahmen weniger von Trends beeinfluss­en lassen, ist fraglich. Fest steht: Wir müssen uns von solchen Idealen abschirmen und loslösen. Wenn wir es schaffen, im Reinen mit uns zu sein und unseren Körper zu akzeptiere­n, prallen solche Trends an uns ab und schwächen unseren Selbstwert nicht.

Elisa Wimmer ist 15 Jahre alt, kommt aus Anthering und besucht die 6. Klasse des Musischen Gymnasiums in Salzburg.

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