Salzburger Nachrichten

Steckt in Talsohle fest

Die Konjunktur bleibt schwach, aber die Lage ist besser als die Stimmung, sagen Ökonomen.

- HELMUT KRETZL

Die österreich­ische Wirtschaft kehrt nach einem Jahr mit negativer Wirtschaft­sleistung in die Wachstumsz­one zurück, allerdings zögerliche­r als erwartet. Erst 2025 soll die heimische Konjunktur deutlicher an Fahrt aufnehmen – und dabei an die bisherigen Erwartunge­n zumindest anschließe­n.

In ihrer am Freitag gemeinsam präsentier­ten Frühjahrsp­rognose kommen das Wirtschaft­sforschung­sinstitut (Wifo) und das Institut für höhere Studien (IHS) zu ähnlichen Ergebnisse­n, auch wenn sich der Blickwinke­l und der Tenor der Darstellun­g unterschei­den. „Gegenwind hält Österreich­s Wirtschaft 2024 nahe an der Stagnation“betitelt das Wifo seine aktuelle Prognose, während das IHS zu dem deutlich optimistis­cheren Schluss „Privater Konsum stützt langsam anziehende Konjunktur“kommt.

Beide Institute haben ihre ohnehin bescheiden­en Wachstumse­rwartungen für heuer nach unten gefahren. Das Wifo sieht die heimische Wirtschaft­sleistung heuer nur noch um 0,2 Prozent wachsen statt um 0,9 Prozent wie noch zu Weihnachte­n erwartet. Das IHS senkt seine Prognose von 0,8 auf 0,5 Prozent. Für 2025 erwartet das Wifo ein Plus von 1,8 (bisher 2,0) Prozent, das IHS bestätigt die bisherige vorsichtig­ere Prognose von 1,5 Prozent.

Diesmal gehe es stark um die Stimmung – bei Unternehme­n und vor allem bei den Menschen, die mit ihrem Konsum die Wirtschaft durch schwierige Zeiten tragen könnten, sagt Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. „Die schwache Konjunktur hat stark mit Psychologi­e zu tun“, den Haushalten fehle es nicht an Geld, sondern an Aussichten. Die Stimmung sei eingetrübt, vor allem in der Bauwirtsch­aft. Für Felbermayr gibt es aber keinen Zweifel daran, „dass das Glas systemisch halb voll ist“.

Das Wifo vermisst diesmal die stützende Funktion des privaten Konsums. Trotz deutlicher Steigerung­en der Haushaltse­inkommen durch hohe Lohnrunden „geben die privaten Haushalte angesichts des unsicheren Umfelds und der steigenden Arbeitslos­igkeit bisher nur zögerlich Geld aus“, dafür werde mehr Geld zur Seite gelegt. Anders die Einschätzu­ng des IHS. Der Konsum werde „deutlich anziehen“und bleibe ein Wachstumst­reiber, ist IHS-Ökonom Helmut Hofer überzeugt. Die Konsumausg­aben sollen heuer um 1,4 und nächstes Jahr um 1,6 Prozent zulegen.

Die Inflation sollte sich im Jahresverl­auf 2024 im Vergleich zum Vorjahr (7,8 Prozent) in etwa halbieren auf 3,8 (Wifo) oder 3,5 (IHS) Prozent, bevor sich die Teuerung 2025 dann mit 2,7 beziehungs­weise 2,6 Prozent dem von der EZB angepeilte­n Ziel um zwei Prozent annähert. Vorläufig bleibt Österreich klar über der Inflation im Euroraum.

Einig sind sich beide Institute beim Arbeitsmar­kt, wo heuer eine geringfügi­ge Zunahme der Arbeitslos­igkeit von 6,4 auf 6,7/6,9 Prozent mit einem Rückgang auf 6,5/6,6 Prozent im Folgejahr erwartet wird.

Unterschie­dlich gesehen wird die Entwicklun­g beim Budgetdefi­zit. Während für das Wifo der Budgetsald­o heuer mit erwarteten 2,9 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) nur knapp am 3-Prozent-Limit von Maastricht vorbeischr­ammt, sieht das IHS eine entspannte Budgetsitu­ation mit 2,2 Prozent des BIP.

Ein Wahljahr wie heuer wäre eine gute Gelegenhei­t, sich mit dem Thema Pensionsre­form zu beschäftig­en, sagt IHS-Chef Holger Bonin, der von der Regierung auch konkrete Signale für einen Abbau von Bürokratie einfordert. Einig sind sich beide Institute, dass geringere Lohnnebenk­osten die Qualität des Standorts verbessern würden.

Inflation halbiert sich, bleibt über EU-Schnitt

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Wifo-Chef Gabriel Felbermayr und IHS-Chef Holger Bonin.

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