Wir brauchen immer noch eine Prinzessin
In der Vorwoche wurde an dieser Stelle überzeugend dargelegt, dass Österreich, um seine Probleme weg- oder zumindest aus den Schlagzeilen zu bekommen, dringend eine Prinzessin braucht. Die jüngsten Ereignisse in England haben das eindrucksvoll bestätigt.
Denn England hat zwar eine Krise der Regierung, eine Krise der Torys, eine Krise der Armee, eine Krise des Gesundheitswesens und vermutlich sogar eine Krise der Fish-&-Chips-Läden, aber das ist völlig sausage, sprich wurst, denn England hat Prinzessin Kate. Und Kate sorgt für eine Sensation und eine Schlagzeilenlawine nach der anderen. Lesen und staunen Sie selbst:
„Kate beim Einkaufen erwischt!“– „Kate lächelt ein Lächeln, das die Welt seit Wochen vermisst hat!“– „Kate in Bauernladen gesichtet.“– „Prinzessin Kate strahlt wieder!“– „Kate war mit William einkaufen und sah glücklich und gut aus.“– „Bilder, auf die die Welt gewartet hat: Kate und William!“
Na bitte. Warum haben wir Österreicher das nicht? Man stelle sich vor, Kaiserin Sisi selig würde noch unter uns weilen und mit ihrem Franzl lächelnd einkaufen gehen. Da würde nichts mehr von Wohnungskosten, Migrationskrise und Teuerung in der Zeitung stehen. Nur noch Sisi, Sisi, Sisi.
Da wir aber bedauerlicherweise keine Monarchie mehr haben, in der uns die Prinzessinnen mit 21 Salutschüssen in die Wiege gelegt würden, müssen wir uns halt um Hilfe an die Parteien wenden. Dort gab es schon erste, erfolgversprechende Versuche. Der verflossene SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern trug ausdrücklich den Spitznamen „Prinzessin“und war deshalb auch einigermaßen populär, auch wenn er nicht lächelnd einkaufen ging. Aber immerhin war er lächelnd als Pizzabote unterwegs.
Also quasi Alpen-Kate. Leider war seines Bleibens in der Politik und in den Schlagzeilen nicht lange. Nach ihm kam Sebastian Kurz, der auch durchaus etwas Prinzessinnenhaftes an sich hatte, bis er von der WKStA geküsst wurde und seither ein Frosch ist.
Seit den schönen Basti-Tagen sitzt Österreich prinzessinnenmäßig so ziemlich auf dem Trockenen. Können Sie sich Karl Nehammer mit einem goldenen Krönchen am wohlfrisierten Haupt vorstellen? Oder Andreas Babler im sternenübersäten Schleppenkleid, mit dem er in Traiskirchen lächelnd einkaufen geht? Nicht wirklich, oder?
Am ehesten prinzessinnenhaft wirkt noch Herbert Kickl. Immerhin ist er von lieblichem Antlitz und sitzt, wie man neulich auf Fotos gesehen hat, ausgezeichnet zu Pferd. Man kann schließlich auch einkaufen reiten. Wer weiß, vielleicht erwächst uns da eine echte Prinzessin. Volksprinzessin gar!
Auch andere Politiker beginnen sich prozesshaft dem Prinzessinnenhaften anzunähern. Denn worin besteht im
Grunde das Prinzessinnensein, wie es Prinzessin Kate so ideal verkörpert? Im Beliebt- und Berühmtsein. Und wofür sind Prinzessinnen beliebt und berühmt? Nun, eben dafür, dass sie beliebt und berühmt sind. Das ist es.
Bei nicht gekrönten Häuptern nennt man dieses Phänomen It-Girl. It-Girls sind berühmt fürs Berühmtsein. It-Girls sind in den Medien, weil sie oft in den Medien sind. It-Girls erregen Aufmerksamkeit, weil sie Aufmerksamkeit erregen. Das gibt es jetzt auch in der Politik. Deren Ver-It-Girl-isierung ist geradezu augenfällig. Man denke nur an die Salzburger Bürgermeisterwahl.
Oder an Marco Pogo. Der Chef der Bierpartei liegt, wenn es um die Kanzlerfrage geht, bereits vor dem amtierenden Vizekanzler. Dieser ist so ungefähr das Gegenteil eines It-Girls, während man Marco Pogo durchaus zutrauen kann, dass er lächelnd einkaufen geht. Und das ist gut so. Denn wir brauchen, wie gesagt, dringend eine Prinzessin.