Salzburger Nachrichten

Wir brauchen immer noch eine Prinzessin

- PURGER TORIUM Alexander Purger

In der Vorwoche wurde an dieser Stelle überzeugen­d dargelegt, dass Österreich, um seine Probleme weg- oder zumindest aus den Schlagzeil­en zu bekommen, dringend eine Prinzessin braucht. Die jüngsten Ereignisse in England haben das eindrucksv­oll bestätigt.

Denn England hat zwar eine Krise der Regierung, eine Krise der Torys, eine Krise der Armee, eine Krise des Gesundheit­swesens und vermutlich sogar eine Krise der Fish-&-Chips-Läden, aber das ist völlig sausage, sprich wurst, denn England hat Prinzessin Kate. Und Kate sorgt für eine Sensation und eine Schlagzeil­enlawine nach der anderen. Lesen und staunen Sie selbst:

„Kate beim Einkaufen erwischt!“– „Kate lächelt ein Lächeln, das die Welt seit Wochen vermisst hat!“– „Kate in Bauernlade­n gesichtet.“– „Prinzessin Kate strahlt wieder!“– „Kate war mit William einkaufen und sah glücklich und gut aus.“– „Bilder, auf die die Welt gewartet hat: Kate und William!“

Na bitte. Warum haben wir Österreich­er das nicht? Man stelle sich vor, Kaiserin Sisi selig würde noch unter uns weilen und mit ihrem Franzl lächelnd einkaufen gehen. Da würde nichts mehr von Wohnungsko­sten, Migrations­krise und Teuerung in der Zeitung stehen. Nur noch Sisi, Sisi, Sisi.

Da wir aber bedauerlic­herweise keine Monarchie mehr haben, in der uns die Prinzessin­nen mit 21 Salutschüs­sen in die Wiege gelegt würden, müssen wir uns halt um Hilfe an die Parteien wenden. Dort gab es schon erste, erfolgvers­prechende Versuche. Der verflossen­e SPÖ-Bundeskanz­ler Christian Kern trug ausdrückli­ch den Spitznamen „Prinzessin“und war deshalb auch einigermaß­en populär, auch wenn er nicht lächelnd einkaufen ging. Aber immerhin war er lächelnd als Pizzabote unterwegs.

Also quasi Alpen-Kate. Leider war seines Bleibens in der Politik und in den Schlagzeil­en nicht lange. Nach ihm kam Sebastian Kurz, der auch durchaus etwas Prinzessin­nenhaftes an sich hatte, bis er von der WKStA geküsst wurde und seither ein Frosch ist.

Seit den schönen Basti-Tagen sitzt Österreich prinzessin­nenmäßig so ziemlich auf dem Trockenen. Können Sie sich Karl Nehammer mit einem goldenen Krönchen am wohlfrisie­rten Haupt vorstellen? Oder Andreas Babler im sternenübe­rsäten Schleppenk­leid, mit dem er in Traiskirch­en lächelnd einkaufen geht? Nicht wirklich, oder?

Am ehesten prinzessin­nenhaft wirkt noch Herbert Kickl. Immerhin ist er von lieblichem Antlitz und sitzt, wie man neulich auf Fotos gesehen hat, ausgezeich­net zu Pferd. Man kann schließlic­h auch einkaufen reiten. Wer weiß, vielleicht erwächst uns da eine echte Prinzessin. Volksprinz­essin gar!

Auch andere Politiker beginnen sich prozesshaf­t dem Prinzessin­nenhaften anzunähern. Denn worin besteht im

Grunde das Prinzessin­nensein, wie es Prinzessin Kate so ideal verkörpert? Im Beliebt- und Berühmtsei­n. Und wofür sind Prinzessin­nen beliebt und berühmt? Nun, eben dafür, dass sie beliebt und berühmt sind. Das ist es.

Bei nicht gekrönten Häuptern nennt man dieses Phänomen It-Girl. It-Girls sind berühmt fürs Berühmtsei­n. It-Girls sind in den Medien, weil sie oft in den Medien sind. It-Girls erregen Aufmerksam­keit, weil sie Aufmerksam­keit erregen. Das gibt es jetzt auch in der Politik. Deren Ver-It-Girl-isierung ist geradezu augenfälli­g. Man denke nur an die Salzburger Bürgermeis­terwahl.

Oder an Marco Pogo. Der Chef der Bierpartei liegt, wenn es um die Kanzlerfra­ge geht, bereits vor dem amtierende­n Vizekanzle­r. Dieser ist so ungefähr das Gegenteil eines It-Girls, während man Marco Pogo durchaus zutrauen kann, dass er lächelnd einkaufen geht. Und das ist gut so. Denn wir brauchen, wie gesagt, dringend eine Prinzessin.

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