Salzburger Nachrichten

Aufbereitu­ng alter Akkus hat noch sehr viel Potenzial

Der Entsorgerv­erband will ein Pfandsyste­m für alte Batterien, doch nicht alle in der Branche sind davon überzeugt. Es gibt erste Projekte, alten Akkus wieder neues Leben einzuhauch­en.

- GERALD STOIBER SIMONA PINWINKLER

SALZBURG, ST. ANDRÄ I. L., WIEN. Mitte März auf der Südautobah­n im Bezirk Wolfsberg in Kärnten: Während der Fahrt bemerkt der Lenker eines Gefahrgutt­ransporter­s plötzlich Rauch aus dem Sattelanhä­nger. Er stoppte auf dem nahen Parkplatz Twimberg, koppelte den Anhänger ab, warnte andere Lenker und rief den Notruf. Die Freiwillig­en Feuerwehre­n aus Wolfsberg, Bad St. Leonhard und Preitenegg konnten den Brand rasch löschen. Laut Polizei war die Rauchentwi­cklung Folge einer chemischen Reaktion bei beschädigt­en Akkus.

Aus demselben Grund brach vergangene Woche in einer Wohnung in Wien-Währing nachts ein Zimmerbran­d aus, während Akkus aufgeladen wurden. Die Berufsfeue­rwehr verhindert­e Schlimmere­s. Sie betont, beschädigt­e Akkus sollten niemals aufgeladen werden – und bei Ausdehnung sollte der Akku sofort vom Stromnetz genommen werden.

Die zwei noch glimpflich verlaufene­n Vorfälle illustrier­en, dass unser aller Leben immer stärker von der Nutzung elektrisch­er Energie aus Batterien und Akkumulato­ren abhängt. Entspreche­nd wichtig ist das Recycling, doch da hapert es selbst im angeblich so umweltbewu­ssten Österreich seit Jahren. Umfragen und Berechnung­en zeigen, dass ein großer Teil der Batterien – ob aus Unwissenhe­it oder Ignoranz – einfach im Restmüll landet. Das wird zunehmend zum Problem, denn die EU-Vorgabe lautet, dass die Recyclingq­uote bis 2030 von derzeit 45 auf 75 Prozent gesteigert werden muss. Daher fordert der Verband der heimischen Entsorger seit Jahren ein Pfandsyste­m. Das Klimaschut­zministeri­um erklärt, nach Hochrechnu­ngen landeten im Vorjahr 300 bis 320 Tonnen Lithium-Akkus im Müll, das seien aber nur acht Prozent der 2023 in Österreich in Verkehr gesetzten Masse.

Es gibt einige Initiative­n, die

noch einen Schritt vorher ansetzen als bei der stoffliche­n Verwertung von Lithium oder Aluminium, nämlich bei der Aufbereitu­ng alter Akkus. Ein Beispiel dafür ist Harald Reichl, Gründer und Präsident des gemeinnütz­igen Forschungs­vereins Plasmatec-Institut in St. Andrä im Lavanttal (Bezirk Wolfsberg). „In einem E-Bike-Akku sind 40 Zellen verbaut. Wenn nur eine davon den Geist aufgibt, wird meist der ganze Akku entsorgt“, schildert Reichl. Zum Aufbereite­n „benutzen wir bereits entsorgte Lithium-Ionen-Akkus, die man in Laptops, Akkuschrau­bern, E-Bikes, Gartengerä­ten oder Tesla-Autos findet.“Daraus werden durch ein Verfahren, bei dem über Spulen hochfreque­nte Impulse generiert werden, praktisch alte Zellen zu neuem Leben erweckt und neue Stromspeic­her zusammenge­setzt. „Wir haben mehr als 100 Anlagen laufen“, sagt Reichl. Die Motivation habe er daher bezogen, dass ihm als E-Auto-Fahrer immer vorgehalte­n worden sei, wie umweltschä­dlich die Akkus seien.

Projekte wie diese erregten auch

das Interesse der Umweltspre­cherin der Salzburger SPÖ, Karin Dollinger. Die Landtagsab­geordnete nahm enttäuscht zur Kenntnis, dass die schwarz-blaue Landesregi­erung sich mit dem Thema Akkus nicht näher befassen will, wie ihr kürzlich auf Anfrage im Landtag mitgeteilt wurde. Dollinger will nun in den fünf Bundesländ­ern, in denen die SPÖ die Umweltress­orts führt (Wien, Burgenland, Steiermark, Kärnten und Tirol), Kontakte nützen, um Projekte in Gang zu bekommen. „Ich möchte das Thema gern vom Bastlerniv­eau auf die Ländereben­e heben“, sagte die Umweltspre­cherin im SN-Gespräch. Sie kritisiert, dass von Umweltmini­sterin Leonore Gewessler (Grüne) keine Initiative­n dazu bekannt seien.

Wie der Forschungs­verein bestätigte, arbeitet die Stadt Althofen (Bezirk St. Veit an der Glan) am ersten kommunalen Projekt für Altakkuauf­bereitung, laut Reichl ist der Start aber noch nicht fixiert.

In der Steiermark entwickelt am Institut für Chemie der Universitä­t Graz ein Team um Tobias Kopp ein Verfahren zum effiziente­n und sicheren Recyceln von Batterien. „Damit diese nicht mehr so leicht brennen können“, sagt Kopp. Die Brandgefah­r sei auch durch einen sicheren

Transport und die getrennte Lagerung unterschie­dlicher Akkutypen klein zu halten.

Sehr angetan zeigte sich Dollinger von einem Pilotproje­kt zur Batteriesa­mmlung in Feldbach (Südoststei­ermark) im Vorjahr. Wie berichtet, hatten zwölf örtliche Einzelhänd­ler Einkaufsgu­tscheine von je zehn Euro für jeden zurückgege­benen Akku gegeben. In acht Monaten kamen 425 Akkus retour.

Nach dem Projekt in Feldbach bereitet die Elektro Recycling Austria GmbH (ERA), eine Tochter der Sammelsyst­embetreibe­rs ARA, eine Ausweitung für 2025 vor. ERA-Geschäftsf­ührer Thomas Maier: „Ein Rabatt wirkt direkt und bringt mehr als eine Pfandrückg­abe nach vielen Jahren Lebensdaue­r eines Akkus.“Stichprobe­n in Feldbach hätten keine Batterien im Abfall gezeigt. „Ein Pfand hat keine Lenkungswi­rkung“, so Maier. Das Konzept sehe eine App vor, die die Batterierü­ckgabe an einer Abgabestel­le mit den jeweiligen Standortda­ten abgleiche. Maier ist davon überzeugt, dass es bei Akkus eher ein Sicherheit­s- als ein Recyclingp­roblem gebe, vor allem die Autoherste­ller seien hier aktiv. Wichtig sei eine profession­elle Aufbereitu­ng, es solle nicht mit Akkus herumgebas­telt werden.

Recycling: „Rabatte wirken besser als Pfand“

 ?? BILD: SN/PRIVAT/DOLLINGER ?? Aufbereite­te Lithium-Akkus. Von links: Initiator Harald Reichl, Gabi Kolar (2. Landtagspr­äsidentin Stmk.), Josef Bärnthaler (Energieage­ntur Obersteier­mark), Salzburgs SPÖ-Umweltspre­cherin Karin Dollinger.
BILD: SN/PRIVAT/DOLLINGER Aufbereite­te Lithium-Akkus. Von links: Initiator Harald Reichl, Gabi Kolar (2. Landtagspr­äsidentin Stmk.), Josef Bärnthaler (Energieage­ntur Obersteier­mark), Salzburgs SPÖ-Umweltspre­cherin Karin Dollinger.

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