„Vielleicht hat dieses Wasser den Durst eines Dinos gestillt“
Woher kommt das Wasser? Warum faulen Stämme unter dem Schloss Leopoldskron nicht? Ein Buch gibt neue Antworten.
Die Nacht zuvor hat es durchdringend geregnet, die düsteren Wolken künden noch davon, die Weiheroberfläche wabert grünlich im Wind. Wasser spendet Leben, aber Leben wirkt nicht immer lieblich. Jedenfalls nicht jetzt, hier hinter dem Schloss Leopoldskron. Trotzdem soll man sich für die Gaben des Wassers erwärmen, wirbt Karin Hochegger. Mehr Wasser von allen Seiten kann es kaum geben für die Vorstellung ihres Buchs in Salzburg, eine herzliche Einladung der Natur für einen Rundgang mit der Naturschutzexpertin, um das lebensspendende Nass zu erkunden, ist das nicht gerade. Doch die Wienerin trotzt den Widrigkeiten und wird beim Eintauchen in das Thema philosophisch: „Wasser nährt uns, kann uns aber auch alles nehmen.“Das zeigten die Folgen des Klimawandels eindrücklich. Im Umgang damit sei die Menschheit dennoch oft ratlos. „Wasser ist eine rätselhafte Substanz, die eigenen Gesetzen folgt“, sagt Hochegger. Ihr Rat: „Wir sollten lernen, das Wasser zu verstehen.“Ihr Buch „Gaben des Wassers“(Pustet, 256 Seiten), am Welttag des Wassers vergangene Woche erschienen, soll dazu beitragen.
„In der Früh drehen wir selbstverständlich den Wasserhahn auf“, sagt Hochegger. Aber woher das Wasser komme, wohin es gehe und was es auf seiner Reise alles erlebe, darüber denke man allgemein nicht viel nach. Sie habe deshalb ihre Gedanken aufgeschrieben. Ausgehend von „Naturerfahrungen zwischen Quellen, See und Wildfluss“ist daraus aber keine esoterische Anleitung,
sondern ein dichtes Wissenschaftsbuch geworden. Immerhin war die studierte Landwirtin von der Universität für Bodenkultur in Wien Sachverständige für Naturschutz der steirischen Landesregierung. Derzeit kümmert sie sich um Moorrenaturierungen im Ausseerland und Ennstal.
Leopoldskron sei ein Kraftort. Man kann sogar Bieber und Eisvögel beobachten. Das Schloss sei ihr eine Inspiration. „Max Reinhardt hat gesagt: Ich habe hier wirklich gelebt, nicht alltäglich, sondern feiertäglich. Das hat mich berührt.“Der Bau stehe auf Eichenpfählen, erklärt sie, denn das Gebiet sei ein Moor. Und trotzdem stünden die Stützen im Untergrund fest und würden nicht faulen. Auch der Weiher, der über den Almkanal aus der Königsseeache gespeist wird, sei schon im Mittelalter angelegt worden. Das findet Hochegger angesichts der Möglichkeiten damals erstaunlich. All das sei aber das Ergebnis eines großen Wissensschatzes zum Wasser, sagt Hochegger.
Dieses Wissen gehe in der Breite verloren, da Feuerwehren keine Teiche mehr brauchen, dank der Kühlschränke kein Eis mehr dort entnommen werden müsse und Kinder seltener dort Baden gingen. Der Weiher als Kulturgut verliere seine Bedeutung. Und dann kommt sie zurück auf den Wasserhahn: „Wo kommt das Wasser also her? Die Menge des Wassers auf der Erde bleibt immer gleich. Es befinde sich nur im ewigen Kreislauf“, erklärt Hochegger. „Hat das Wasser aus dem Hahn also schon einmal den Durst eines Dinosauriers gestillt?“Am Weiher wirkt diese Frage nach.