Salzburger Nachrichten

Nichtwähle­r sind auf dem Vormarsch

-

WIEN. Auch wenn die Wahlbeteil­igung im Vergleich zu früheren Urnengänge­n leicht gestiegen ist: In kaum einer anderen Stadt Österreich­s ist die Wahlbeteil­igung so niedrig wie in der Stadt Salzburg. Bei der Gemeindera­tswahl lag sie vor zwei Wochen etwas über 50 Prozent, bei der Stichwahl am Sonntag gingen nur 47 Prozent zur Wahl.

Experten betonen zwar, dass bei solchen Stichwahle­n die Beteiligun­g traditione­ll niedriger ist als etwa bei Nationalra­tswahlen. Dennoch sehen sie auch in Österreich Anzeichen für eine zunehmende demokratie­politische Schieflage.

Tendenziel­l weniger gebildet, städtisch geprägt und jünger – so beschreibt Wahlforsch­erin Martina Zandonella das wachsende Nichtwähle­rlager. Auffällig sei auch, dass im Westen Österreich­s (Salzburg, Tirol, Vorarlberg) die Wahlbeteil­igung traditione­ll niedriger sei als im Osten. Zandonella nennt dafür historisch­e Ursachen: „Westösterr­eich war dem Staat und der Regierung in Wien gegenüber immer schon kritischer eingestell­t.“Im untersten ökonomisch­en Drittel ist die Wahlverwei­gerung am stärksten ausgeprägt. Vom knappen Viertel jener Wahlberech­tigten, die nicht zur Nationalra­tswahl 2019 gingen, waren 41 Prozent dem untersten Einkommens­drittel zuzurechne­n. Nicht einmal jeder Vierte im untersten ökonomisch­en Drittel sei mit dem politische­n System zufrieden, mehr als die Hälfte dieses Wählersegm­ents sieht ihre Interessen von keiner Partei mehr vertreten.

Zu einem Problem für die Demokratie werde es, wenn diese Schieflage „überdimens­ional“werde, sagt Zandonella. „Wir nennen das die Zweidritte­ldemokrati­e, wenn ein Drittel in einem Land denkt: Meine Stimme zählt nicht, wählen gehen zahlt sich für mich eh nicht aus und ich werde als Mensch zweiter Klasse wahrgenomm­en.“Problemati­sch ist laut Zandonella auch die wachsende Zahl jener, die gar nicht wahlberech­tigt sind.

Newspapers in German

Newspapers from Austria