Die Pressefreiheit ist in Gefahr
Über das Einfallstor des Datenschutzes wird die Existenz unabhängiger Medien aufs Spiel gesetzt: sowohl inhaltlich als auch wirtschaftlich.
Ein paar Wochen höchstens hat die Regierung aus ÖVP und Grünen noch Zeit, um einen vom Verfassungsgerichtshof aufgezeigten Fehler in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auszubessern. Wie es jetzt aussieht, könnte die notwendige Reparatur am kleinlichen Streit zwischen den Parteien scheitern. Dann droht nicht ein kleines juristisches Interregnum, sondern eine ernsthafte Gefahr für die Demokratie. Das Redaktionsgeheimnis, das bis heute die Identität aller Informanten von Medien schützt, würde ausgehebelt. Weil dann jeder, über den eine Zeitung recherchiert und berichtet, die Herausgabe und sogar die Löschung aller gesammelten Daten verlangen könnte. Eine Strafdrohung von bis zu 20 Millionen Euro soll für den nötigen Nachdruck sorgen. Das würde das Ende von investigativem Journalismus und freier Berichterstattung bedeuten. Österreich wäre das erste und einzige Land in Europa, in dem Hinweisgeber nicht mehr geschützt wären. Das ist nicht einmal in Ungarn so.
Der Informantenschutz muss auch in den neuen Datenschutzgesetzen oberste Priorität haben. Denn wenn sich Informanten nicht mehr sicher fühlen können, werden sie selbst die größten Schweinereien für sich behalten und nicht mehr an mutige Journalisten weitergeben. Keine Berichterstattung mehr über Korruption, dubiose Machenschaften, politische Geschäfte, verbrecherische Komplotte würde die Kreise der Mächtigen stören. Mit dem Wegfall der medialen Kontrolle würde auch eine wesentliche Säule eines freien Staatswesens wegbrechen. Das gesamte demokratische Haus wäre einsturzgefährdet.
Es geht bei der Ausnahme vom Datenschutz für journalistische Inhalte nicht, wie mancherorts falsch behauptet, um ein Privileg für Medien. Sondern es geht um die Freiheit der Leserinnen und Leser, das zu erfahren, worauf sie ein Anrecht haben.
Zu allem Überfluss soll jetzt auch noch überbordender Datenschutz mit einem Zitierverbot aus Gerichtsakten verquickt werden. Das eine hat zwar mit dem anderen nichts zu tun. Und dennoch halten sich Grüne wie Schwarze mit ihren Vorstellungen gegenseitig in Schach. Doch für solche Scharmützel ist jetzt keine Zeit. Wer sie blind weitertreibt, geht als Totengräber der Pressefreiheit in die Geschichte ein.