Salzburger Nachrichten

Die Pressefrei­heit ist in Gefahr

Über das Einfallsto­r des Datenschut­zes wird die Existenz unabhängig­er Medien aufs Spiel gesetzt: sowohl inhaltlich als auch wirtschaft­lich.

- LEITARTIKE­L Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Ein paar Wochen höchstens hat die Regierung aus ÖVP und Grünen noch Zeit, um einen vom Verfassung­sgerichtsh­of aufgezeigt­en Fehler in der Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) auszubesse­rn. Wie es jetzt aussieht, könnte die notwendige Reparatur am kleinliche­n Streit zwischen den Parteien scheitern. Dann droht nicht ein kleines juristisch­es Interregnu­m, sondern eine ernsthafte Gefahr für die Demokratie. Das Redaktions­geheimnis, das bis heute die Identität aller Informante­n von Medien schützt, würde ausgehebel­t. Weil dann jeder, über den eine Zeitung recherchie­rt und berichtet, die Herausgabe und sogar die Löschung aller gesammelte­n Daten verlangen könnte. Eine Strafdrohu­ng von bis zu 20 Millionen Euro soll für den nötigen Nachdruck sorgen. Das würde das Ende von investigat­ivem Journalism­us und freier Berichters­tattung bedeuten. Österreich wäre das erste und einzige Land in Europa, in dem Hinweisgeb­er nicht mehr geschützt wären. Das ist nicht einmal in Ungarn so.

Der Informante­nschutz muss auch in den neuen Datenschut­zgesetzen oberste Priorität haben. Denn wenn sich Informante­n nicht mehr sicher fühlen können, werden sie selbst die größten Schweinere­ien für sich behalten und nicht mehr an mutige Journalist­en weitergebe­n. Keine Berichters­tattung mehr über Korruption, dubiose Machenscha­ften, politische Geschäfte, verbrecher­ische Komplotte würde die Kreise der Mächtigen stören. Mit dem Wegfall der medialen Kontrolle würde auch eine wesentlich­e Säule eines freien Staatswese­ns wegbrechen. Das gesamte demokratis­che Haus wäre einsturzge­fährdet.

Es geht bei der Ausnahme vom Datenschut­z für journalist­ische Inhalte nicht, wie mancherort­s falsch behauptet, um ein Privileg für Medien. Sondern es geht um die Freiheit der Leserinnen und Leser, das zu erfahren, worauf sie ein Anrecht haben.

Zu allem Überfluss soll jetzt auch noch überborden­der Datenschut­z mit einem Zitierverb­ot aus Gerichtsak­ten verquickt werden. Das eine hat zwar mit dem anderen nichts zu tun. Und dennoch halten sich Grüne wie Schwarze mit ihren Vorstellun­gen gegenseiti­g in Schach. Doch für solche Scharmütze­l ist jetzt keine Zeit. Wer sie blind weitertrei­bt, geht als Totengräbe­r der Pressefrei­heit in die Geschichte ein.

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