Salzburger Nachrichten

Spinat essen und Füße waschen mit König Ludwig II.

Anmerkunge­n zum Gründonner­stag unter besonderer Berücksich­tigung des „Lohengrin“.

- PURGER TORIUM Alexander Purger

Spinat. Am Donnerstag ist Gründonner­stag, also gibt es Spinat. Warum? Ganz klar: weil Spinat grün ist. Wäre Spinat rot oder blau, gäbe es am Gründonner­stag sicher keinen. Es ist ja kein Rot- oder Blaudonner­stag.

Aber warum heißt der Gründonner­stag Gründonner­stag? Weil er der Festtag des Spinats ist? Nicht ganz. Die Wortwurzel­forschung oder Etymologie geht davon aus, dass der Gründonner­stag gar nichts mit der Farbe zu tun hat, sondern dass das „Grün“von greinen, also weinen kommt. Wenn das die Gewessler, der Kogler und die Zadić wüssten!

Tränen sind am Gründonner­stag übrigens nicht die einzige Flüssigkei­t. Es gibt auch noch das Wasser im Lavoir. In Erinnerung an das letzte Abendmahl, als Jesus den Jüngern die Füße wusch, waschen der Papst, die Bischöfe und die Priester am Gründonner­stag traditione­ll zwölf Bedürftige­n die Füße. Auch die Monarchen hielten es jahrhunder­telang so, um ihre Demut zu zeigen. In Wien wuschen die Kaiserin und der Kaiser kniend zwölf Greisinnen und Greisen die Füße (welche sicherheit­shalber vorgewasch­en wurden),

In den Fußwaschun­gslisten wurde penibel das Alter der Betreffend­en vermerkt, wobei am Ende alle Zahlen addiert wurden. Deshalb weiß man heute, dass die zwölf Greisinnen, denen am Gründonner­stag des Jahres 1798 in Wien die sauberen Füße gewaschen wurden, zwischen 81 und 96 Jahre alt waren und zusammen 1052 Jahre zählten. Interessan­t.

Zur Fußwaschun­g erhielten die Greisinnen und Greise ein schwarzes Zeremonial­gewand und danach ein Essen, einen Fußwaschun­gskrug und ein Geldgesche­nk. Anschließe­nd wurden sie mit der Hofkutsche heimgebrac­ht. Das Geldgesche­nk des Kaisers, das in einem weißen Lederbeute­lchen überreicht wurde, bestand aus 30 Silbermünz­en. In England richtet sich die Höhe des Geschenks (wie auch die

Zahl der Beschenkte­n) bis heute nach dem Alter. Und zwar nicht nach dem Alter der Empfänger, sondern nach dem Alter des Königs. Da Charles III. heuer 75 Jahre alt ist, werden am Gründonner­stag 75 Frauen und 75 Männer je 75 Münzen erhalten. Die Füße (300!) werden in England offenbar nicht gewaschen.

In Bayern soll Märchenkön­ig Ludwig II. über die Fußwaschun­g den angeblich einzigen Witz seines Lebens gemacht haben. Als Richard Wagner in München den „Lohengrin“auf die Bühne brachte, war Ludwig, der viel auf Ästhetik hielt, empört darüber, dass der Titelheld von einem schon 60-jährigen Tenor verkörpert wurde, der sich auf dem Schwan an einer Stange anhalten musste. Nach der Oper erklärte der König wütend, der Sänger solle nächsten Gründonner­stag zur Fußwaschun­g kommen, aber nie wieder den „Lohengrin“singen.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria