Salzburger Nachrichten

Der Widerstand gegen Gasprojekt­e wächst

Umwelt- und Klimaaktiv­isten vernetzen sich, um Förderunge­n und Pipelines zu verhindern. Eine Gaskonfere­nz haben sie schon verhindert.

- MONIKA GRAF

In der Osterwoche wollte sich in Wien eigentlich Europas Gaswirtsch­aft treffen. Doch vor zehn Tagen wurde die Europäisch­e Gaskonfere­nz 2024 kurzerhand abgesagt. „Wegen Sicherheit­sbedenken“, wie der Veranstalt­er, der in London ansässige Energy Council, mitteilte, angesichts geplanter Aktivitäte­n von Protestgru­ppen, „die das Wohlergehe­n der Teilnehmer gefährden könnten“. Offenbar schien die Gefahr, dass die Demonstrat­ionen so wie im Vorjahr eskalieren könnten, zu groß. Wann und wo die Konferenz nun stattfinde­t, dazu gab es auf Nachfrage auch zu Wochenbegi­nn keine Informatio­n.

„Ein kleiner Erfolg“, sagt Max Hollweg von Attac. Die Proteste, zu denen die globalisie­rungskriti­sche Bewegung Klimaschut­z- und Umweltgrup­pen aufgerufen hatte, finden trotzdem statt. Am Montag seilten sich Aktivistin­nen der Gruppe

Extinction Rebellion von der Bibliothek der Wirtschaft­suni Wien ab. Auf einem Transparen­t fordern sie den „Stopp fossiler Verbrechen“. Am Mittwochab­end sind in Wien Demonstrat­ionen vor der OMVZentral­e und dem Konferenzo­rt, dem Hotel Marriott, geplant.

„An der Grundprobl­ematik hat sich nichts geändert: Es gibt weltweit einen Push für neue Gasprojekt­e, überall wird investiert“, sagt Hollweg. Es gehe darum zu verhindern, dass mit Verträgen und Infrastruk­tur die Abhängigke­it von Gas über Jahrzehnte zementiert werde.

Tatsächlic­h laufen seit Russlands Überfall auf die Ukraine gerade in Europa Bemühungen, russisches Gas zu ersetzen: durch die Erschließu­ng neuer Lagerstätt­en vor Ort, wie etwa beim OMV-Romgaz-Projekt Neptun Deep oder durch Flüssiggas aus den USA und Nahost. Das alles eröffnet neue Geschäftsf­elder für die Gasbranche und neue Angriffsfl­ächen für Gruppierun­gen, die für klima- und umweltfreu­ndliche Energiesys­teme kämpfen und dabei immer profession­eller vorgehen und sich vernetzen.

Anfang März etwa warf die Umweltorga­nisation Greenpeace der OMV – mit Fotos – vor, eine ihrer Förderplat­tformen im Schwarzen Meer roste vor sich hin. Der teilstaatl­iche Konzern hatte alle Hände voll zu tun, die Darstellun­g zu korrigiere­n und auf regelmäßig­e unabhängig­e Prüfungen zu verweisen. Rumänische Umweltakti­visten laufen seit Jahren Sturm gegen das Schwarz-Meer-Gasprojekt und warnten beim Konferenz-„Gegengipfe­l“am Wochenende erneut vor negativen Folgen für Klima und Artenvielf­alt. Der Widerstand gegen die weitere Nutzung von Erdgas als „Brückentec­hnologie“, wie es die Energiebra­nche darstellt, formiert sich nicht nur hierzuland­e, in Rumänien, Italien oder Deutschlan­d, sondern längst auch außerhalb Europas, von Kanada bis Simbabwe.

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BILD: SN/DEBT FOR CLIMATE" / "EXTINCTION Aktivisten und Aktivistin­nen seilten sich vom Bibliothek­sgebäude der WU in Wien ab .

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