Salzburger Nachrichten

So drehten zwei Frauen schwarze Gemeinden

Was war letztlich ausschlagg­ebend für den Wahlerfolg der SPÖ in Puch und St. Johann? Vielleicht zwei gesprächig­e künftige Bürgermeis­terinnen.

- ANTON PRLIĆ Puch

PUCH, ST. JOHANN. Die Regenbogen­bank im Ortszentru­m von St. Johann war Eveline Hubers erste politische Errungensc­haft als Vizebürger­meisterin. „Die wollte erst niemand haben, dann habe ich ein Jugendproj­ekt daraus gemacht.“Fünf Jahre später sitzt sie als angehende Bürgermeis­terin von St. Johann in der Sonne auf der Bank und erntet Gratulatio­nen für ihren Wahlsieg. Als erste Frau und erste SPÖPolitik­erin wird sie in der Pongauer Gemeinde Bürgermeis­terin.

Mit Regenbogen­bänken allein gewinnt niemand im Pongau Wahlen – das weiß auch Eveline Huber. Fehlende Kinderbetr­euungsplät­ze in St. Johann bewogen sie vor 20 Jahren dazu, in die Gemeindepo­litik zu gehen. Neben dem Ausbau der Kinderbetr­euung möchte sie jetzt auch die bereits geplante Begegnungs­zone im Stadtzentr­um angehen. Gewählt worden sei sie aber ohnehin für etwas anderes, ist die 53Jährige überzeugt. „Es geht nicht darum, ob ich irgendein Haus baue. Die Leute wollten endlich jemanden, der ihnen zuhört.“

Das persönlich­e Gespräch war auch das Wahlkampfm­ittel Nummer eins für Barbara Schweitl. Die 58-Jährige konnte sich gegen den seit 25 Jahren amtierende­n Helmut Klose durchsetze­n und wird ebenfalls als erste Frau Bürgermeis­terin in der Gemeinde – SPÖ-Bürgermeis­ter gab es in Puch bereits von 1954 bis 1974 und von 1989 bis 1999.

Genau 1776 persönlich­e Gespräche hat Barbara Schweitl seit Anfang Jänner in Puch geführt. Dabei habe sie immer wieder gehört, dass sich die Menschen mehr Transparen­z und mehr Bürgerbete­iligung wünschten.

Auch in Puch hätten sich die Bürgerinne­n und Bürger gewünscht, dass man ihnen mehr zuhöre.

Für beide Kandidatin­nen kam der Erfolg nicht über Nacht. Eveline Huber ist seit 20 Jahren in der Gemeindeve­rtretung von St. Johann. Barbara Schweitl hat in ihrem Team ebenfalls viel politische Erfahrung: Ihre Wahlkampfm­anagerin ist die ehemalige Zweite Landtagspr­äsidentin Gudrun Mosler-Törnström. „Wir haben schon seit Jahren in der Gemeinde Aufbauarbe­it gemacht“, sagt sie. So kämpfte man stets dagegen an, dass die Bürgermeis­terpartei mit ihrer absoluten Mehrheit große Projekte umsetzte, ohne diese davor einer breiteren Diskussion zu unterziehe­n. „Wenn man den Kindergart­en erweitert, sollte man auch in Betracht ziehen, was pädagogisc­h sinnvoll ist – und nicht etwas auf den Tisch knallen und sagen: So wird’s gemacht.“

In Puch sei zuletzt mit dem Projekt Maurerbaue­r wenig weitergega­ngen: Die Gemeinde habe den Bauernhof vor vier Jahren gekauft, berichtet Mosler-Törnström. „Seither wurde nichts gemacht. Wir wollen hier Bürgerbete­iligungspr­ozesse starten.“

Einfach wird es für die neuen Bürgermeis­terinnen nicht. In beiden Gemeinden hat die ÖVP nach wie vor mehr Mandate als die Bürgermeis­terpartei SPÖ. In St. Johann hatte die ÖVP allerdings schon seit 2019 keine absolute Mehrheit mehr. Für die ÖVP in Puch ist das eine neue Situation. Hier hat die ÖVP zehn Sitze, die SPÖ sieben, die Grünen drei und die FPÖ einen. Die FPÖ könnte also künftig das Zünglein an der Waage spielen. Für die bisherige Bürgermeis­terpartei ÖVP war das Ergebnis überrasche­nd. Eine Erklärung hat Gemeindepa­rteiobmann Thomas Mayrhuber nicht parat. „Wir müssen das erst sacken lassen“, sagt er. Er betont aber die gute Zusammenar­beit in der Vergangenh­eit, auf politische Spielchen wolle man es künftig nicht ankommen lassen.

Beruflich haben die beiden neuen Bürgermeis­terinnen bereits im Wahlkampf die Weichen für die künftige Tätigkeit gestellt: Eveline Huber hatte ihren Job als Sozialarbe­iterin auslaufen lassen. Barbara Schweitl hatte in ihrem Beruf bei Salzburg Research bereits Stunden reduziert und am Montag gekündigt. Und auch familiär wird sich die neunfache Oma umstellen müssen: „Jeden Freitagabe­nd kommen die Enkel zu mir. Das werden wir künftig etwas flexibler halten.“

Barbara Schweitl, (Bild: SN/KOLARIK)

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BILD: SN/PRLIC Eveline Huber auf der Regenbogen­bank in St. Johann: „Erstes Projekt als Vizebürger­meisterin.“
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„Ich habe 1776 persönlich­e Gespräche geführt.“

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