Salzburger Nachrichten

Hunde Lungauer setzt auf

Um seine Schafherde vor Wölfen zu schützen, hält Max Rossberg acht Herdenschu­tzhunde und hat für den Sommer eine Hirtin angestellt.

- ANTON KAINDL

TAMSWEG. Im Herbst haben Max Rossbergs Herdenschu­tzhunde der Gattung Maremmano Abruzzese Nachwuchs bekommen. Mit den fünf Welpen hat er nun acht dieser Hunde. Ab Juni sollen sie 200 bis 300 Schafe schützen, die den Sommer auf der Alm verbringen. Rossberg will dazu mehrere Hundert Hektar Almen, die seit mehr als 20 Jahren nicht mehr bestoßen werden und zuwachsen, reaktivier­en.

Wo die Almen sind, will der Lungauer noch nicht sagen. Wegen der komplizier­ten Besitzverh­ältnisse und anderer Rechte sind viele Gespräche nötig, bevor die Schafe hinaufkönn­en. Grundsätzl­ich gebe es in Salzburg aber genug Almflächen für große Schafherde­n. Und große Herden sind notwendig, damit sich der Einsatz von Herdenschu­tzhunden und Hirten lohnt.

Rossberg hat eine Hirtin angestellt, die mit den Schafen und den Hunden auf der Alm bleibt. „Die Hirtin zu finden war kein Problem“, sagt er. „Ich hatte 15 Bewerbunge­n.“In Zukunft soll es für die Behirtung auch Förderunge­n geben. Das Fördersyst­em werde angepasst.

Aus der aufgeheizt­en Diskussion über die Jagd auf den Wolf und den Herdenschu­tz will sich Rossberg heraushalt­en. Er ist der Meinung,

dass Wölfe, die Ärger machen und zum Beispiel den Herdenschu­tz überwinden, erlegt werden müssen, wendet sich aber gegen politische Abschussfa­ntasien. Man müsse sich mit der Rückkehr des Wolfs arrangiere­n. „Den Herdenschu­tz haben wir, weil wir den Gewinn aus der Schafzucht nicht auf dem Berg oben lassen wollen. Ich will niemandem etwas beweisen. Es geht einzig und allein darum, meine Schafe vor dem Wolf zu schützen.“Auch andere Bauern hätten Interesse daran, ihre Schafe bei ihm auf die Alm zu bringen, wo sie geschützt seien. „Ich habe mehrere Anfragen.“Hirten seien nicht nur gut für den Schutz vor dem Wolf, sondern auch für die Gesundheit der Schafe. „Sie wissen, was bei Krankheite­n und Verletzung­en zu tun ist, können zum Beispiel ein gebrochene­s Bein schienen.“

Der ehemalige Unternehme­r mit besten Kontakten bis Brüssel, der auf Landwirtsc­haft umgesattel­t hat, sagt, es gebe in Österreich mehr Bauern als man glaube, die sich damit abgefunden hätten, dass der Wolf da sei, und Herdenschu­tz betrieben. „Eine Umfrage unter 270 Kärntner Schafbauer­n hat ergeben, dass 18 von ihnen Erfahrunge­n mit Herdenschu­tzhunden hatten.“Teilweise sind schon Hirten im Einsatz. Andere Landwirte zäunen ihre Schafe auch auf der Alm ein, wo es geht. An die große Glocke gehängt wird das nicht, weil man nicht ins Kreuzfeuer kommen will. Rossberg sagt, es gebe leider Fanatiker auf beiden Seiten.

In allen europäisch­en Regionen, in denen der Wolf nie ausgestorb­en war, gibt es Herdenschu­tzhunde,

die die Hirten unterstütz­en. Die Maremmano Abruzzese sind in den Abruzzen in Süditalien beheimatet und werden dort seit mindestens 2000 Jahren eingesetzt. Der römische Autor Varro beschreibt sie schon 37 v. Chr. in seinem Werk über die Landwirtsc­haft als große, weiße

Hunde mit schwarzer Nase, die das Vieh vor Gefahren schützen.

Rossberg hat seine drei erwachsene­n Hunde in den Abruzzen gekauft. „Sie hatten dort täglich Kontakt mit Wölfen.“In den beiden vergangene­n Sommern waren sie auf Almen in Südtirol und Tirol im Einsatz. „Auf der Alm in Südtirol waren jeden Tag 500 Touristen.“Die Hunde seien keine Gefahr für den Menschen. „Sie verbellen die Leute höchstens.“Manche bekämen wegen der Größe der Hunde dann natürlich Angst. Ein Problem seien freilaufen­de Hunde von Touristen, die sich aggressiv gegenüber den Schafen verhalten.

Die Welpen wachsen ab dem Alter von wenigen Wochen zusammen mit den Schafen und anderen Weidetiere­n auf. Im Winter leben die Hunde im Stall. Bis sie fertig ausgebilde­t seien, dauere es drei Jahre, so Rossberg. Die Ausbildung erfolgt nicht durch den Menschen, sondern durch die erwachsene­n Tiere. Die Verhaltens­weisen der Tiere sind das Ergebnis einer jahrtausen­delangen Zucht und Auslese. Die Tiere bekommen vom Menschen Unterstütz­ung und Nahrung. Ihre Arbeit auf der Alm verrichten sie selbststän­dig.

Ich will niemandem etwas beweisen, sondern meine Schafe schützen. Max Rossberg, Landwirt

Die Hunde erkunden in der Früh vor den Schafen das Gelände, ob sie Spuren von Beutegreif­ern entdecken, heißt es in einer von Rossberg herausgege­benen Infobrosch­üre. Bemerken sie etwas, alarmieren sie den Hirten. Am Tag bleiben sie am höchsten Punkt der Weide, von wo sie das Gebiet überblicke­n können. In der Dunkelheit verteilen sie sich gleichmäßi­g um den Nachtpferc­h und bewachen die eingezäunt­en Tiere die ganze Nacht, wobei sie bis zu 15 Kilometer zurücklege­n. Die Rüden markieren das Gebiet um die Weide regelmäßig, was die meisten Beutegreif­er schon abschreckt. Nähert sich doch ein Wolf, Goldschaka­l oder Bär der Herde, werden die Hunde den Beutegreif­er verbellen. Das reicht fast immer. Regelrecht­e Kämpfe sind selten. Die Hunde begleiten verletzte Schafe oder neugeboren­e Lämmer, die dem Tempo der

Herde nicht folgen können. Oder sie warten neben einem gebärenden Schaf, um es später zur Herde zurückzubr­ingen.

Auch in Österreich soll eine Zucht von Herdenschu­tzhunden aufgebaut werden. Rossberg sagt, dazu sei in Zusammenar­beit mit dem Österreich­zentrum Bär Wolf Luchs ein Herdenschu­tzhundenet­zwerk gegründet worden, das vom Landwirtsc­haftsminis­terium finanziert werde. „Derzeit sind zehn Betriebe mit 30 Hunden aus sechs Bundesländ­ern dabei, die seit Jahren Herdenschu­tzhunde im Einsatz haben.“Es wurde eine Datenbank angelegt, in der die Hunde mit ihrer DNA erfasst sind, um die Zucht zu optimieren. Das Netzwerk organisier­t auch die Zertifizie­rung zum Herdenschu­tzhund. Dabei werde vor allem das Verhalten gegenüber den Menschen geprüft, sagt Rossberg.

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 ?? BILD: SN/ANTON KAINDL ?? Max Rossberg mit einem Teil seiner Herdenschu­tzhunde und Schafe. Sie leben zusammen.
BILD: SN/ANTON KAINDL Max Rossberg mit einem Teil seiner Herdenschu­tzhunde und Schafe. Sie leben zusammen.

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