Hunde Lungauer setzt auf
Um seine Schafherde vor Wölfen zu schützen, hält Max Rossberg acht Herdenschutzhunde und hat für den Sommer eine Hirtin angestellt.
TAMSWEG. Im Herbst haben Max Rossbergs Herdenschutzhunde der Gattung Maremmano Abruzzese Nachwuchs bekommen. Mit den fünf Welpen hat er nun acht dieser Hunde. Ab Juni sollen sie 200 bis 300 Schafe schützen, die den Sommer auf der Alm verbringen. Rossberg will dazu mehrere Hundert Hektar Almen, die seit mehr als 20 Jahren nicht mehr bestoßen werden und zuwachsen, reaktivieren.
Wo die Almen sind, will der Lungauer noch nicht sagen. Wegen der komplizierten Besitzverhältnisse und anderer Rechte sind viele Gespräche nötig, bevor die Schafe hinaufkönnen. Grundsätzlich gebe es in Salzburg aber genug Almflächen für große Schafherden. Und große Herden sind notwendig, damit sich der Einsatz von Herdenschutzhunden und Hirten lohnt.
Rossberg hat eine Hirtin angestellt, die mit den Schafen und den Hunden auf der Alm bleibt. „Die Hirtin zu finden war kein Problem“, sagt er. „Ich hatte 15 Bewerbungen.“In Zukunft soll es für die Behirtung auch Förderungen geben. Das Fördersystem werde angepasst.
Aus der aufgeheizten Diskussion über die Jagd auf den Wolf und den Herdenschutz will sich Rossberg heraushalten. Er ist der Meinung,
dass Wölfe, die Ärger machen und zum Beispiel den Herdenschutz überwinden, erlegt werden müssen, wendet sich aber gegen politische Abschussfantasien. Man müsse sich mit der Rückkehr des Wolfs arrangieren. „Den Herdenschutz haben wir, weil wir den Gewinn aus der Schafzucht nicht auf dem Berg oben lassen wollen. Ich will niemandem etwas beweisen. Es geht einzig und allein darum, meine Schafe vor dem Wolf zu schützen.“Auch andere Bauern hätten Interesse daran, ihre Schafe bei ihm auf die Alm zu bringen, wo sie geschützt seien. „Ich habe mehrere Anfragen.“Hirten seien nicht nur gut für den Schutz vor dem Wolf, sondern auch für die Gesundheit der Schafe. „Sie wissen, was bei Krankheiten und Verletzungen zu tun ist, können zum Beispiel ein gebrochenes Bein schienen.“
Der ehemalige Unternehmer mit besten Kontakten bis Brüssel, der auf Landwirtschaft umgesattelt hat, sagt, es gebe in Österreich mehr Bauern als man glaube, die sich damit abgefunden hätten, dass der Wolf da sei, und Herdenschutz betrieben. „Eine Umfrage unter 270 Kärntner Schafbauern hat ergeben, dass 18 von ihnen Erfahrungen mit Herdenschutzhunden hatten.“Teilweise sind schon Hirten im Einsatz. Andere Landwirte zäunen ihre Schafe auch auf der Alm ein, wo es geht. An die große Glocke gehängt wird das nicht, weil man nicht ins Kreuzfeuer kommen will. Rossberg sagt, es gebe leider Fanatiker auf beiden Seiten.
In allen europäischen Regionen, in denen der Wolf nie ausgestorben war, gibt es Herdenschutzhunde,
die die Hirten unterstützen. Die Maremmano Abruzzese sind in den Abruzzen in Süditalien beheimatet und werden dort seit mindestens 2000 Jahren eingesetzt. Der römische Autor Varro beschreibt sie schon 37 v. Chr. in seinem Werk über die Landwirtschaft als große, weiße
Hunde mit schwarzer Nase, die das Vieh vor Gefahren schützen.
Rossberg hat seine drei erwachsenen Hunde in den Abruzzen gekauft. „Sie hatten dort täglich Kontakt mit Wölfen.“In den beiden vergangenen Sommern waren sie auf Almen in Südtirol und Tirol im Einsatz. „Auf der Alm in Südtirol waren jeden Tag 500 Touristen.“Die Hunde seien keine Gefahr für den Menschen. „Sie verbellen die Leute höchstens.“Manche bekämen wegen der Größe der Hunde dann natürlich Angst. Ein Problem seien freilaufende Hunde von Touristen, die sich aggressiv gegenüber den Schafen verhalten.
Die Welpen wachsen ab dem Alter von wenigen Wochen zusammen mit den Schafen und anderen Weidetieren auf. Im Winter leben die Hunde im Stall. Bis sie fertig ausgebildet seien, dauere es drei Jahre, so Rossberg. Die Ausbildung erfolgt nicht durch den Menschen, sondern durch die erwachsenen Tiere. Die Verhaltensweisen der Tiere sind das Ergebnis einer jahrtausendelangen Zucht und Auslese. Die Tiere bekommen vom Menschen Unterstützung und Nahrung. Ihre Arbeit auf der Alm verrichten sie selbstständig.
Ich will niemandem etwas beweisen, sondern meine Schafe schützen. Max Rossberg, Landwirt
Die Hunde erkunden in der Früh vor den Schafen das Gelände, ob sie Spuren von Beutegreifern entdecken, heißt es in einer von Rossberg herausgegebenen Infobroschüre. Bemerken sie etwas, alarmieren sie den Hirten. Am Tag bleiben sie am höchsten Punkt der Weide, von wo sie das Gebiet überblicken können. In der Dunkelheit verteilen sie sich gleichmäßig um den Nachtpferch und bewachen die eingezäunten Tiere die ganze Nacht, wobei sie bis zu 15 Kilometer zurücklegen. Die Rüden markieren das Gebiet um die Weide regelmäßig, was die meisten Beutegreifer schon abschreckt. Nähert sich doch ein Wolf, Goldschakal oder Bär der Herde, werden die Hunde den Beutegreifer verbellen. Das reicht fast immer. Regelrechte Kämpfe sind selten. Die Hunde begleiten verletzte Schafe oder neugeborene Lämmer, die dem Tempo der
Herde nicht folgen können. Oder sie warten neben einem gebärenden Schaf, um es später zur Herde zurückzubringen.
Auch in Österreich soll eine Zucht von Herdenschutzhunden aufgebaut werden. Rossberg sagt, dazu sei in Zusammenarbeit mit dem Österreichzentrum Bär Wolf Luchs ein Herdenschutzhundenetzwerk gegründet worden, das vom Landwirtschaftsministerium finanziert werde. „Derzeit sind zehn Betriebe mit 30 Hunden aus sechs Bundesländern dabei, die seit Jahren Herdenschutzhunde im Einsatz haben.“Es wurde eine Datenbank angelegt, in der die Hunde mit ihrer DNA erfasst sind, um die Zucht zu optimieren. Das Netzwerk organisiert auch die Zertifizierung zum Herdenschutzhund. Dabei werde vor allem das Verhalten gegenüber den Menschen geprüft, sagt Rossberg.