Salzburger Nachrichten

Nichts gelernt aus dem Wahnsinn des 20. Jahrhunder­ts

Die Welt scheint immer mehr zu brennen. Gewalt und Gegengewal­t. Scheinbar unausweich­lich. Oder doch nicht?

- Gerhard Schwischei GERHARD.SCHWISCHEI@SN.AT

Es ist schon ernüchtern­d zu sehen, wie auf den Kriegsscha­uplätzen dieser Welt mit scheinbar zwingender Logik die Gewalt Zug um Zug der Gewalt folgt. Besonders deutlich wird das am Krieg im Nahen Osten. Israel schlägt im syrischen Damaskus auf dem Botschafts­gelände des Iran gegen Generäle der Revolution­sgarden zu. Daraufhin schickt Teheran Drohnen, Marschflug­körper und Raketen Richtung Israel. Dort wiederum spielt man gerade die möglichen Szenarien eines Gegenschla­gs durch. Begleitet von händeringe­nden Bitten aus der ganzen Welt, dem Wahnsinn ein Ende zu bereiten.

Ist es wirklich unmöglich, aus den Gewaltspir­alen auszubrech­en? Nicht im Nahen Osten, nicht in der Ukraine und nicht im Sudan, wo rivalisier­ende Militärs das ganze Land ins Chaos gestürzt und eine große Flüchtling­swelle Richtung Europa in Gang gesetzt haben?

Egal auf welchen Kampfschau­platz man schaut. Im Grunde geht es immer um ähnliche Muster im

Kampf um Macht und vor allem um Einflusssp­hären. Der Iran und Israel führen einen Schattenkr­ieg, seit die Mullahs in Teheran die Macht übernommen haben, an vielen Schauplätz­en in der arabischen Welt zündeln und als Staatsziel die Vernichtun­g Israels ausgerufen haben. Mit dem Terror der Hamas in Israel

und dem folgenden Krieg im Gazastreif­en wird dieser Konflikt immer mehr zur direkten Auseinande­rsetzung. Wohin das letztlich führt, kann noch niemand wirklich sagen. Aber wenn sich die Tyrannen dieser Welt vom iranischen Chamenei über Russlands Putin bis zu Nordkoreas Kim verbünden und im Hintergrun­d von China und Teilen des sogenannte­n globalen Südens unterstütz­t werden, brennt die Lunte lichterloh.

Die Blockbildu­ng des Kalten Krieges ist zurück. Heute kommt hinzu, dass über ein veränderte­s Kommunikat­ionsverhal­ten in sozialen Netzwerken die einzelnen Blasen in der Gesellscha­ft mit einem Totalitäts­anspruch gegeneinan­der antreten. Der Kompromiss hat ausgedient, gilt als Schwäche. Radikale Schreihäls­e wie Donald Trump haben Oberwasser.

Nun ist es gefährlich, die gesellscha­ftspolitis­che mit der staatspoli­tischen Ebene zu sehr zu vermischen. Aber es sind auch die Menschen an den Schaltknöp­fen der Macht, die nach neuen und doch wieder sehr alten Spielregel­n agieren. Das Geschichts­buch des 20. Jahrhunder­ts mit zwei Weltkriege­n ist voll davon, was wann wozu geführt hat. Nur schlagen heute viel zu wenige dort nach.

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