Pink Katerstimmung in
Die Neos müssen die nächste Niederlage einstecken. Was heißt das für die Herbstwahl und eine mögliche Dreierkoalition, bei der die Liberalen das Zünglein an der Waage sein wollen?
Der Slogan hatte sich am Sonntag für die Neos als Bumerang erwiesen: Neos-Spitzenkandidatin Julia Seidl wollte das „ReparaturSeidl gegen die Katerstimmung im Gemeinderat“sein. Stattdessen herrscht nun bei den Pinken Katerstimmung. Sie sind aus dem Innsbrucker Gemeinderat geflogen, wo sie bisher mit zwei Mandaten vertreten waren. Die 3,5 Prozent reichten nicht für den Wiedereinzug. Wie konnte das passieren? Im urbanen Raum, sozusagen dem natürlichen Habitat der Liberalen? In einer Studentenstadt wie Innsbruck mit überdurchschnittlich vielen jungen Wahlberechtigten? Vor allem aber stellt sich die Frage: Was heißt diese neuerliche Niederlage für die Neos im Hinblick auf die kommende Nationalratswahl?
Für den Salzburger Gastronomen Sepp Schellhorn, der just über das (zurückgelegte) Mandat von Julia Seidl in den Nationalrat zurückgekehrt ist und im Wahlkampf als Nummer 2 hinter Parteichefin
Meinl-Reisinger agiert, heißt das vor allem eines: „Wir müssen uns anstrengen“, sagt er im SN-Gespräch in Hinblick auf die kommunale Ebene. „Das ist ein hartes Pflaster.“Es müsse einfach besser gelingen, auch in den Städten und Gemeinden zu vermitteln, wofür es die Neos brauche. „Natürlich stehen wir für mehr Transparenz, aber das ist oft nicht greifbar. Wir müssen in neuen Bildern denken, sage ich selbstkritisch.“Die Grünen hätten es da einfacher, weil immer irgendwo ein Baum umgeschnitten oder ein Kreisverkehr gebaut werde. Die ÖVP wiederum habe ihre Vereine, „wo sie das Geld hineinschütten kann“, die SPÖ ebenso. „Die Vereinslokale sind die neuen Wirtshäuser“, sagt er. Genau da brauche
es die Neos, die sich hier aber offensichtlich anders und besser aufstellen müssten, sagt er.
Dass es an der Verankerung außerhalb der Bundesstrukturen fehlt, hat auch die bisher schwerste Niederlage im Vorjahr in aller Deutlichkeit gezeigt: Nach einer Legislaturperiode
in der Salzburger „Dirndl-Koalition“(gemeinsam mit ÖVP und Grünen) waren die Neos aus dem Landtag geflogen. Ironie der Geschichte: Die KPÖ schaffte es stattdessen nach einer Ewigkeit wieder in die Landesvertretung. In zwei Landtagen haben die Neos in ihrer unterdessen zehnjährigen Geschichte die Hürden für den Einzug bisher stets verpasst: in Kärnten und im Burgenland. Und erst vor Kurzem stand auch bei der Wahl in der Stadt Salzburg ein Minus vor dem Wahlergebnis, man musste eines von zwei Mandaten abgeben. Und nun Innsbruck, wo bekanntlich ein besonderes Gedränge herrschte: Insgesamt traten 13 Listen zur Wahl an.
Nicht gerade die besten Vorzeichen für die Nationalratswahl im Herbst, möchte man meinen. Könnten die Neos gar das Schicksal ihrer Vorläufer-Partei „Liberales Forum“erleiden? Das musste sich im Jahr 1999 nach sechs Jahren wieder aus dem Nationalrat verabschieden. „Nein“, sagt Schellhorn überzeugt. „Dazu sind wir zu sehr etabliert. Die Verankerung im Bund, im Nationalrat ist eine ganz andere.“
Das belegen auch die jüngsten Umfragen. Sie weisen den Neos konstant zwischen acht und neun Prozent aus. Das entspricht in etwa dem, wo sie zuletzt bei der Nationalratswahl 2019 zu liegen kamen: bei 8,1 Prozent. Wollen die Pinken nach der Nationalratswahl Ende September zum Zünglein an der Waage einer möglichen Dreierkoalition unter roter oder schwarzer Führung werden, und das wollen sie, wäre ein halbwegs gutes Wahlergebnis jedenfalls eine Voraussetzung dafür.
Schellhorn ist auch überzeugt, dass man im Bund auf die richtigen Themen setzt. Die Neos hätten als Einzige ein echtes Konzept gegen die Teuerung, seien für eine Steuerentlastung von Arbeitseinkommen und würden auch bei den Themen Bildung oder Sicherheitspolitik „als seriöse Partei wahrgenommen“, sagt er. „Da glauben die Menschen an uns, da hat auch Beate MeinlReisinger höchste Glaubwürdigkeit“, sagt er. Auf dem richtigen Weg sei man auch im Hinblick auf die EU-Wahl, sagt Schellhorn, die am 9. Juni über die Bühne geht. „Da liegen wir im Trend. Wir sind ganz klar pro Europa“, sagt er. Zumindest nach dem 9. Juni sollte bei den Neos keine Katerstimmung herrschen. Das ist jedenfalls das erklärte Ziel.