Salzburger Nachrichten

Falschpark­er gewarnt: Trafikant zahlt 850 Euro

Seit Monaten werden Falschpark­er in Lehen mit Klagsdrohu­ngen eingedeckt. Auch Mahnschrei­ben wegen Rufschädig­ung hat es bereits gegeben.

- ANTON PRLIĆ

SALZBURG-STADT. Die Gegend um die Salzburger Stadtbibli­othek ist nach wie vor ein teures Pflaster für Personen, die „schnell mal“einen Parkplatz suchen. Seit Monaten schickt eine Rechtsanwa­ltskanzlei Briefe mit Klagsdrohu­ngen an Personen, die auf einer Fläche neben dem dortigen dm-Markt und der Paketstati­on der Post parken. Nach wie vor würden sich viele Personen melden, die mit Zahlungsau­fforderung­en von 289,50 Euro konfrontie­rt seien, sagt Christian Reisinger vom Bewohnerse­rvice der Stadt Salzburg. „Es ist nicht erkennbar, dass es wesentlich weniger wird.“

In einigen Härtefälle­n hat das Bewohnerse­rvice die Kanzlei mit der Bitte kontaktier­t, von der Forderung abzusehen – ohne Erfolg. So hatte eine Frau mit einem behinderte­n Kind gehalten, weil dem Kind schlecht geworden sei. Die Antwort des Rechtsanwa­lts: Angesichts der eindeutige­n Rechtslage halte er eine weitere Korrespond­enz für entbehrlic­h.

Eine Frau, die selbst zur Zahlung aufgeforde­rt wurde, sammelt seither Geschichte­n von anderen Personen, die ebenfalls zahlen mussten. Auch wenn die Schreiben rechtlich gedeckt sind, fühlen sich viele unfair behandelt: So war auch eine Frau mit der Forderung konfrontie­rt, die stehen geblieben war, weil ihr Mann einen Epilepsie-Anfall hatte. Andere Personen waren auch mit höheren Forderunge­n konfrontie­rt: So hatte ein Trafikant in seinem Geschäft einen Zettel aufgehängt und damit vor der Praxis mit den Mahnschrei­ben gewarnt. Auf diesem Zettel wurde das dortige Fitnessstu­dio in Zusammenha­ng mit den Schreiben genannt. Der Rechtsanwa­lt sah hier Rufschädig­ung, denn eine Open-Desk-GmbH soll Nutzerin der Parkplätze sein. Eine andere Person hatte bei dem Fitnessstu­dio eine negative GoogleBewe­rtung abgegeben und sollte ebenfalls 850 Euro zahlen. Aus Angst vor weiteren Anwaltssch­reiben wollten die Personen nicht in der Zeitung genannt werden. Von der Rechtsanwa­ltskanzlei Ebner/Aichinger/Guggenberg­er und Anwalt Felix Schirnhofe­r heißt es, dass man nur die berechtigt­en Interessen der Mandanten durchsetze, weitere Stellungna­hmen gebe man nicht ab.

Die Situation sei Thema im Stadtratsk­ollegium gewesen, sagt Sozialstad­trätin Andrea Brandner (SPÖ). Kurzfristi­g habe die Lehener SPÖ dort ein Warnschild aufgestell­t. Darüber hinaus sei es für die Stadt schwierig, eine Lösung zu finden. „Rechtlich ist dieses Vorgehen möglicherw­eise gedeckt, moralisch ist es aber verwerflic­h“, sagt Brandner.

Die Eigentumss­ituation der Parkplätze ist verworren, wie der grüne Landtagsab­geordnete Simon Hofbauer herausfand. Er war selbst zu einer Zahlung aufgeforde­rt worden. Die Stadt Salzburg hat das Gebäude, in dem die Stadtbibli­othek untergebra­cht ist, von einer privaten Firma errichten lassen. Mittlerwei­le ist es im Besitz der Liechtenst­einer Landesbank Immobilien Kapitalanl­agengesell­schaft. Diese vermietet einen Teil des Gebäudes an ein Fitnessstu­dio. Die genannte Open-Desk-GmbH sei eine Briefkaste­nfirma in Wien, die erst seit Jänner registrier­t sei, sagt Hofbauer. „Es ist unbefriedi­gend, dass hier offenbar nicht agiert wird, um das Mieteigent­um zu schützen, sondern um sich ein lukratives Nebengesch­äft aufzubauen.“

Er sei mit der Eigentümer­gesellscha­ft in Kontakt getreten.

„Es ist nicht erkennbar, dass es weniger Schreiben gibt.“Christian Reisinger, Bewohnerse­rvice (Bild: SN/PRIVAT)

Diese habe klargestel­lt, dass das Fitnessstu­dio 100 Prozent Mieter der Parkfläche­n sei. „Die Bank hat selbst kein Interesse daran, dass massenhaft Zahlungsau­fforderung­en ausgestell­t werden“, sagt Hofbauer. Man wolle sich darum kümmern, dass vor den Parkplätze­n Ketten angebracht werden, damit nur noch die Mieter die Plätze nutzen können.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Ein Trafikant erhielt ein Mahnschrei­ben wegen Rufschädig­ung, weil er vor einer „Abzocke“warnte. Dieses Schild der Lehener SPÖ dürfte rechtlich in Ordnung sein.
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