Probleme bei Pensionen werden ignoriert
Experten ermahnen die Politik dazu, sich endlich den offenen Fragen bei der Finanzierung der staatlichen Altersversorgung zu widmen.
Geht es um die Finanzierung der Pensionen, herrscht in Österreich „Realitätsverweigerung“. Dieser Befund stammt vom Arbeitsund Sozialrechtler Wolfgang Mazal. Erstellt hat er ihn am Dienstag bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Denkwerkstatt St. Lambrecht und der Aktion Generationengerechtigkeit. Beide Plattformen verstehen sich als Ideenlieferanten an die Politik, beide wollen auf die Dringlichkeit des Themas und all seine Zusammenhänge für Jung bis Alt aufmerksam machen.
Mazal appellierte, dass darüber zumindest ohne die üblichen politischen Reflexe geredet werden sollte. Das Problem in Österreich fange ja schon damit an, dass nicht einmal in der Problemanalyse Konsens bestehe, was jede Diskussion im Ansatz ersticke. Völlig in Vergessenheit geraten sei, dass der Sozialstaat „ein Kind der Industrialisierung ist“. Und trotz großer Umwälzungen – von den Geburtenraten bis zur Globalisierung, von der Bildung bis zur Zuwanderung – sei er das nach wie vor. „Was unser Sozialwesen finanziert, sind Produkte, die auf dem Weltmarkt verlangt werden“, sagte Mazal und fasste so die Logik eines funktionierenden Umlagesystems zusammen: florierende Firmen = gute Jobs in Österreich = sprudelnde Beiträge für die laufenden Pensionen. Nur sei da nicht nur demografisch einiges aus dem Ruder gelaufen. Dadurch habe das Verständnis gelitten, ehe es aus der Diskussion verbannt worden sei.
Das macht auch Walter Pöltner zu schaffen, der vor einigen Jahren die Alterssicherungskommission leitete, ehe er aufgab. Die Politik beschränke ihr Tun beharrlich auf „beobachten“und darauf abzustreiten, dass sich ein Problem aufbaue. Folglich werde es „als Beleidigung gesehen, wenn man Lösungen vorschlägt“. Eindringlich empfahl Pöltner, die Alterssicherungskommission – deren Chefposten jahrelang vakant war, bis man sich jüngst doch noch auf die Besetzung einigen konnte – auf neue Beine zu stellen. Andernfalls werde dort „das immer gleiche Theaterstück“aufgeführt, „nur mit anderen Schauspielern“. Die Kommission sollte nur mit Expertinnen und Experten besetzt sein und ihre Gutachten ohne Einmischung der Politik und der Interessenvertretungen erstellen. Vor allem müsse Schluss damit sein, dass die Gutachten in Schubladen verschwänden, vielmehr müssten sie im Ministerrat beschlossen und dem Nationalrat vorgelegt werden. Dann, so hofft Pöltner, käme die Politik vielleicht „vom Beobachten zum Beachten“.
Holger Bonin, IHS-Leiter, listete eine Reihe von Handlungsmöglichkeiten zur Sicherung des Pensionswesens auf. Sie reichen von mehr Kinderbetreuung, um eine Erwerbstätigkeit von Müttern in größerem Ausmaß zu ermöglichen, bis zu altersgerechten Arbeitsplätzen; vom Abbau von Teilzeitanreizen bis zum Unattraktivmachen von Frühpensionen; von einer präventiven Gesundheitspolitik bis zu einer „beschäftigungsorientierten Integrationspolitik“; und – wenn die Kosten rasant steigen – von Pensionsanpassungen unter der Inflationsrate bis zur Koppelung des Pensionsalters an die Lebenserwartung.
Die Frühpension unattraktiver machen