Salzburger Nachrichten

Für Grüne ist Kickl ein „Volksverrä­ter in Richtung Russland“

FPÖ wollte Egisto Ott auf führende Position im „BVT neu“setzen: „Du wirst da jedenfalls mit dabei sein!!!“

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Die freiheitli­chen Verwicklun­gen in den Spionagesk­andal werden die Innenpolit­ik noch lang beschäftig­en. ÖVP-Klubchef August Wöginger sprach sich am Dienstag für die Einsetzung eines FPÖ-Russland-Untersuchu­ngsausschu­sses aus, was aus Termingrün­den aber erst nach der Nationalra­tswahl möglich sein werde. Auch Wögingers grüne Kollegin Sigrid Maurer hält es für „dringend notwendig“, die Verbindung­en zwischen dem mutmaßlich­en Spion Egisto Ott und dem seinerzeit­igen FPÖPolitik­er Hans-Jörg Jenewein, der damals ein enger Vertrauter Herbert

Kickls war, aufzukläre­n. „Die Spur führt direkt zu FPÖ-Chef Herbert Kickl“, sagte Maurer.

Die Verwicklun­g Kickls liest die grüne Klubchefin unter anderem aus Chats heraus, die am Dienstag in einigen Medien veröffentl­icht worden waren. Demzufolge habe der damalige FPÖ-Mandatar Jenewein, der die FPÖ-Fraktion im BVTUntersu­chungsauss­chuss leitete, über eine Mitarbeite­rin des damaligen Innenminis­ters Kickl geheime Dokumente bezogen. Diese Dokumente seien Jenewein zwar ohnehin vorgelegen, allerdings versehen mit einem Wasserzeic­hen, sodass

Jenewein die Akten nicht weitergebe­n konnte. Die bei der Kickl-Mitarbeite­rin bestellten Dokumente hingegen hatten kein Wasserzeic­hen und eigneten sich daher für die Weitergabe – etwa an Journalist­en, aber auch an sonstige Interessen­ten im In- und Ausland. Chats legen die Vermutung nahe, dass der mutmaßlich­e Spion Egisto Ott Jenewein nach dessen Ausscheide­n aus der Politik einen Job bei Wirecard angeboten hat. Der einstige Wirecard-Finanzchef Jan Marsalek, der offenkundi­g in Russland untergetau­cht ist, gilt als mutmaßlich­er Drahtziehe­r des aktuellen Spionagefa­lls.

Faktum ist, dass die von Kickls Innenminis­terium inszeniert­e Razzia im Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) dieses massiv schwächte – und dass die FPÖ gleichzeit­ig plante, ein „BVT neu“im von der Freiheitli­chen Karin Kneissl geführten Außenminis­terium einzuricht­en. Laut Organigram­m, das den SN vorliegt, hätte Ott in diesem neuen blauen Geheimdien­st in der „Abteilung Koordinier­ungsstelle“eine führende Position einnehmen sollen (Jenewein an Ott: „Und du wirst da jedenfalls mit dabei sein!!!“).

Chats legen die Vermutung nahe, dass Geld aus der FPÖ in Richtung Ott geflossen ist (Jenewein an Ott: „Du, ich muss mir am Montag noch das Okay für die 50 holen.“).

Und an die Kickl-Mitarbeite­rin schrieb Jenewein: „Ich will die ganze Partie brennen sehen.“Damit waren offenkundi­g die ÖVP-Seilschaft­en gemeint, die im Innenminis­terium tätig waren.

Jenewein ließ über seine Anwälte alle Vorwürfe zurückweis­en. Ihm sei niemals bewusst gewesen, dass es sich bei Ott, den er nur flüchtig kannte, um einen Spion gehandelt haben könnte. Es habe keine Geldflüsse an Ott gegeben.

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