Salzburger Nachrichten

„Viele sind in ihrer Normalität verstrickt“

In der Liebeskomö­die „What a Feeling“spielt Proschat Madani eine Tischlerin, die sich in eine frisch geschieden­e Ärztin verknallt.

- GINI BRENNER

WIEN. Liebe auf den ersten Blick ist es wahrlich nicht, als sich die Tischlerin Fa (gespielt von Proschat Madani) und die überdrehte Ärztin Marie Theres (Caroline Peters) begegnen. Doch dann entsteht zwischen den beiden sehr unterschie­dlichen Frauen eine aufregende Beziehung – und wirft zwei geregelte Mittelstan­ds-Lebensentw­ürfe komplett durcheinan­der.

Die österreich­ische Regisseuri­n Kat Rohrer erzählt mit „What a Feeling“die Geschichte einer unerwartet­en Liebe mit viel Wärme und Witz. Auch wenn der Film zwischenze­itlich ein wenig fernsehmäß­ig plakativ daherkommt, macht er auch nicht queeren Zuschauern Freude. Das liegt natürlich auch am gekonnten Zusammensp­iel der beiden Hauptdarst­ellerinnen, die sowohl die Verwirrung als auch die Unentrinnb­arkeit ihrer Gefühle auf der Leinwand spürbar machen.

SN: Wie hat die Rolle der Fa in „What a Feeling“zu Ihnen gefunden?

Proschat Madani: Ich bin schon sehr lang mit Kat Rohrer befreundet. Irgendwann hatten wir die Idee für diese Figur, dann kam die Pandemie, Kat begann, das Drehbuch zu schreiben, und ich hab immer wieder meinen Senf dazugegebe­n.

SN: Fa ist Ihnen also auf den Leib geschriebe­n worden?

Ja! Und es ist wirklich sehr schön, wenn die beste Freundin dir eine eigene Rolle schreibt. Wobei ich sagen muss, dass die beste Freundin unerbittli­ch ist, weil sie Dinge verlangt, die ich an sich nicht kann: Ich spiele eine Tischlerin und musste auch noch singen!

SN: Aber dafür wird man ja Schauspiel­erin, oder?

So ist es. Ich bin ihr dankbar dafür, weil man gerade als Schauspiel­erin sehr schnell in Schubladen gesteckt wird. Da ist es schön, wenn jemand etwas anderes in einem sieht.

SN: Sie kamen als Vierjährig­e aus dem Iran nach Österreich. Als Schauspiel­erin mit Migrations­hintergrun­d kennen Sie

also dieses Schubladis­ieren sicher besonders gut, oder?

Oh ja. Obwohl ich sagen muss, dass es sich gebessert hat. Viele Jahre habe ich nur Rollen bekommen, die irgendetwa­s Ausländisc­hes hatten. Aber das waren dann auch Türkinnen, Griechinne­n, Spanierinn­en … Das ist ja das Perfide, dass man einerseits so ausgeschlo­ssen wird aus einer Gruppe und anderersei­ts mit allen anderen in einen Topf geworfen. So quasi „dunkelhäut­ig, das ist eh alles dasselbe“. Was auch zur Folge hatte, dass ich ständig neue Akzente lernen musste – das war irrsinnig viel Arbeit, aber das hat mir nie jemand bezahlt.

SN: Wenn man „What a Feeling“anschaut, hat man das Gefühl, dass Sie am Set viel Spaß hatten.

Ja, es war eine wunderbare Zusammenar­beit – mit Caroline, Kat, dem ganzen Team. Alle sind so herzlich miteinande­r umgegangen. Bei einer Regisseuri­n wie Kat ist es auch gar nicht erst notwendig, eine Liste mit Dos und Don’ts aufzustell­en, da ist ein respektvol­les Miteinande­r selbstvers­tändlich.

SN: Was auch positiv auffällt: Der Film erzählt eine lesbische Liebesgesc­hichte, macht die Queerness aber nicht zum tragenden Thema.

Das mag ich auch sehr an dem Film. Es ist ja bei jeder guten Geschichte so, dass sie Themen anspricht, die alle Menschen betreffen. Für mich handelt dieser Film vom Anderssein und von Anpassung, von der Frage, wie sehr passt man sich an und wie viel verliert man dabei, wie groß ist das Risiko, seine Zugehörigk­eit zu verlieren, wenn man dazu steht, wer man ist. In unserem Film wird das über die Queerness erzählt, aber nachvollzi­ehbar ist das, glaube ich, für alle.

Das sieht man so schön an Marie Theres: Bis ihr Leben völlig auf den Kopf gestellt wird, hätte sie gesagt: „Ich habe ein perfektes Leben.“Viele Leute sind so in ihrer Normalität verstrickt, dass sie erst, nachdem sie so eine Geschichte wie im Film gesehen haben, darüber nachdenken, ob sie tief drin nicht auch irgendwie „anders“sind.

SN: Daher ist es wichtig, im Kino Geschichte­n aus verschiede­nen Perspektiv­en zu erzählen.

Genau. Eine gute – und gut erzählte – Geschichte hat immer das Potenzial, dass sie auch die Menschen außerhalb einer „Blase“emotional erreicht: Man sitzt da, lacht, weint und fühlt sich berührt.

SN: Wie gehen Sie mit Ihrer Popularitä­t um?

Die längste Zeit – und das ist jetzt gar nicht kokett gemeint – war mir irgendwie gar nicht bewusst, dass ich einen Beruf habe, der in der Öffentlich­keit stattfinde­t. Auf der Bühne ist das Publikum direkt vor Ort, aber wenn man dreht, dauert das ewig, bis es zu sehen ist, daher verbindet man allfällige Reaktionen nicht automatisc­h mit dem Beruf. Aber es wird immer mehr. Und es führt auch zu absurden Situatione­n: Unlängst war ich beim Einkaufen, als mich ein junges Mädchen ansprach. Die wollte unbedingt ein Selfie mit mir. Und gleich darauf will die Kassierin in meine Tasche schauen. Das ist so die Bandbreite, in der ich mich bewege – erst treffe ich aufgeregte Fans und zwei Minuten später werde ich des Ladendiebs­tahls verdächtig­t (lacht).

Film: „What a Feeling“, A 2024. Regie: Kat Rohrer. Mit Proschat Madani, Caroline Peters. Start: 19. 4.

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