Salzburger Nachrichten

Experten halten nichts von Rassenlist­e

Geplantes strengeres Hundehalte­gesetz in Oberösterr­eich stößt auf viel Unverständ­nis.

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Dienstag um Mitternach­t endet die Begutachtu­ngsfrist für ein strengeres Hundehalte­gesetz in Oberösterr­eich. Wie berichtet, sieht die Novelle vor, dass künftig sechs Rassen als gefährlich gelten. Für Bullterrie­r, American Staffordsh­ire Terrier, Staffordsh­ire Bullterrie­r, Dogo Argentino, Pitbull und Tosa Inu soll daher ab dem 13. Lebensmona­t eine generelle Leinen- und Maulkorbpf­licht im öffentlich­en Raum gelten. Anlass für das neue Gesetz war eine tödliche Bissattack­e auf eine Joggerin im Oktober 2023 in Naarn (Bezirk Perg).

Bis Dienstag sind rund 140 Stellungna­hmen von verschiede­nen Interessen­gruppen eingegange­n. Vor allem die Tierschutz­organisati­on Vier Pfoten stellt dem Entwurf ein „vernichten­des Zeugnis aus“. „Hunderasse­n bzw. Hunde ab einer bestimmten Größe werden unter Generalver­dacht gestellt – ganz unabhängig davon, ob sie verhaltens­auffällig sind oder nicht“, kritisiert Vier-Pfoten-Kampagnenl­eiterin Veronika Weissenböc­k. Sie befürchtet eine Abnahme- und Abgabewell­e von Hunden und somit eine immense zusätzlich­e Belastung für Tierheime – und in letzter Konsequenz

eine kostspieli­ge Angelegenh­eit für die öffentlich­e Hand. Er arbeite daran, mehr Tierheimpl­ätze zu schaffen, sagt dazu Tierschutz­landesrat Michael Lindner (SPÖ).

„Es gibt wissenscha­ftliche Arbeiten, die klar zeigen, dass die Gefährlich­keit von Hunden nicht von der Rasse abhängig ist. Ein Hund ist immer das Produkt seiner Umwelt“, argumentie­rt Philipp Ita, Präsident des Österreich­ischen Kynologenv­erbandes (ÖKV). Geht es nach Experten, so müsste man am anderen Ende der Leine ansetzen – kein Hund werde aggressiv geboren. Besser wäre, Besitzer zu schulen und über einen artgemäßen Umgang aufzukläre­n. Diese sollten vor Anschaffun­g eines Tieres einen Sachkunden­achweis erbringen müssen.

Der Entwurf sieht zudem für Halter von großen Hunden mit mehr als 40 Zentimeter­n Schulterhö­he oder 20 Kilogramm Gewicht eine verpflicht­ende Alltagstau­glichkeits­prüfung in Form eines Praxistest­s vor. Das führe zu enormem bürokratis­chen Aufwand, kritisiert Ita. Nicht nur, dass Tierärzte Vermessung­en durchführe­n müssten, auf die Gemeinden als Vollzugsbe­hörden komme ein nicht bewältigba­rer Verwaltung­saufwand zu.

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