Salzburger Nachrichten

Sterbeverf­ügung birgt nach zwei Jahren noch immer große Hürden

- ANTON PRLIĆ

Es war ein dramatisch­er Fall, den Landtagsab­geordnete Kimbie Humer-Vogl in ihrem Beruf als selbststän­dige Psychologi­n betreute. Seit vergangene­m Sommer hatte sie eine Bewohnerin eines Seniorenhe­ims betreut. Die Frau hatte sich aufgrund ihrer Erkrankung eine Sterbeverf­ügung ausstellen lassen.

Mit dieser hatte sie die Möglichkei­t, in einer Apotheke ein entspreche­ndes Präparat zu beziehen, wenn die Krankheit in eine finale Phase kommen sollte. „Bis Ende des Jahres unterstütz­ten wir sie intensiv und es war noch kein Thema, den Schritt zu setzen“, sagt Humer-Vogl.

Ende Dezember verlor die Sterbeverf­ügung dann ihre Gültigkeit, weil diese nur für ein Jahr ausgestell­t wird. Für ihre Klientin bedeutete das, dass sie sich die Verfügung noch einmal ausstellen lassen musste. Vor der Errichtung der Verfügung beim Notar sind dazu zwei Arzttermin­e nötig. „Den ersten bekamen wir Ende

Jänner, den zweiten Anfang März.“Danach war erneut die zwölfwöchi­ge Wartezeit gesetzlich erforderli­ch, die vor Errichtung der Verfügung verstreich­en muss. „Anfang Mai hätten wir die neue Verfügung ausstellen können. Leider ist die Klientin vor einigen Wochen verstorben.“Den genauen Zeitpunkt und die Umstände ihres Todes hatte sie so nicht wählen können.

Die Verlängeru­ng der Sterbeverf­ügung müsse aus Sicht der Notariatsk­ammer politisch gelöst werden, sagt der Salzburger Notar Peter Höftberger. Ansonsten seien die bürokratis­chen Hürden bewältigba­r. Große Schwierigk­eiten hätten viele Personen damit, Ärzte für die zwei nötigen Gespräche zu finden. Zwar listet die Ärztekamme­r 21 Mediziner auf, die dafür zur Verfügung stehen. Die meisten davon sind allerdings aus dem Zentralrau­m, im Lungau ist kein Mediziner aufgeliste­t.

Diese Liste sei in den vergangene­n zwei Jahren nicht verändert worden, sagt Höftberger. „Wir wissen, dass es viel mehr praktische Ärzte gibt, die für die Gespräche zur Verfügung stehen.“

Verleger Volker Toth brachte im vergangene­n Jahr ein Buch über die Salzburger­in Andrea Mielke heraus, die erste Person in Österreich, die mit einer Sterbeverf­ügung Suizid beging. Er sieht nach wie vor ein großes Tabu rund um das Thema der Sterbeverf­ügung. „Öffentlich gibt es kaum eine Diskussion darüber. Aber im privaten Bereich wird immer wieder das Gespräch gesucht.“So habe ihn ein Mann aus dem Lungau kontaktier­t. „Er hatte die Diagnose ALS bekommen und wollte mit einer Sterbeverf­ügung vorsorgen. Allerdings fand er im Lungau keinen Arzt, der die Gespräche mit ihm führt.“

Die Prozesse rund um die Sterbehilf­e seien sehr zeitintens­iv, sagt Kimbie Humer-Vogl. Und auch die Kosten seien ein Thema: Mit 1000 bis 1200 Euro müsse man rechnen. Sie wünscht sich mehr Unterstütz­ung für Betroffene und deren Angehörige vom Land Salzburg. „Das Land soll die nötigen Informatio­nen zur Verfügung stellen.“

„Die Verlängeru­ng der Verfügung gehört politisch gelöst.“Peter Höftberger, (Bild: SN/PRLIĆ)

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