Erste Cafés setzen auf Becher gegen Pfand
Coffee to go wird auch in der Kaffeehausstadt Salzburg immer beliebter. Vier Cafés und ’s Fachl setzen nun auf Mehrwegbecher aus Österreich.
SALZBURG-STADT. Roland Huber, Mitbegründer des ’s-Fachl-Konzepts und Fachlmeister in der Salzburger Kaigasse, ist Überzeugungstäter und bringt gerne Dinge auf den Weg, die er für sinnvoll erachtet. Nun wurde er aktiv, um in Salzburg die Flut an Wegwerfbechern einzudämmen. „Ein Becher für den Kaffee zum Mitnehmen hat eine Lebensdauer von zwei bis vier Minuten und landet dann im Müll, das ist verrückt.“Schon 2016 hat Huber versucht, in Salzburg ein Mehrwegsystem anzukurbeln, doch er fand nicht das passende Unternehmen.
Kürzlich stieß Huber auf das 2019 entwickelte Mehrwegkonzept myCoffeeCup aus Wien, das auf einem Pfandsystem für Heißgetränkebecher beruht, die in Niederösterreich hergestellt werden. Überall, wo die Becher aus sortenreinem Kunststoff für das To-go-Getränk angeboten werden, zahlen die Kunden einen Euro Einsatz. Zurückgeben können sie die Becher jederzeit ungewaschen in ganz Österreich bei allen Partnerbetrieben und bekommen den Euro dann wieder zurück. Hinter der Marke steht das Unternehmen Cup Solutions, das seit 20 Jahren Mehrwegkonzepte für Veranstaltungen anbietet.
„Hochgerechnet werden in Österreich pro Jahr 300 Millionen Heißgetränkebecher verbraucht, durch die 2500 Tonnen Müll anfallen“, sagt Maximilian Schweinberger, Projektleiter von myCoffeeCup. Das System lebe von einem großen Netzwerk. Bisher seien in Österreich mehr als eine Million Becher ausgegeben worden. Derzeit bieten 300 Partner in allen Bundesländern die Becher an, davon 190 in Wien. In Salzburg verwenden das System bereits die My-Indigo-Standorte von Gastronom Heiner Raschhofer sowie alle OMV-Tankstellen. Alle Partner sind auf der Website und über eine App abrufbar.
Ab sofort setzen auch Roland Huber und Tochter Marie Steinhofer im ’s Fachl auf die Pfandbecher. In dem Geschäft mit den Regalen zum Mieten können die Kunden auch Kaffee trinken. Huber treibt die Hoffnung an, dass immer mehr Salzburger Cafés, aber auch Bäckereien, Kantinen und andere Betriebe aufspringen. „Die Becher sind ein Statement für Klima- und Umweltschutz.“
Vier Cafés in der Altstadt hat Huber schon überzeugt: Mit an Bord sind das Café 220 Grad Nonntal von Familie Macheiner, das Kaffee Alchemie des Norwegers John Stubberud am Rudolfskai, Das Kaffeehaus von Melanie und Andreas Nitzlnader in der Chiemseegasse und das Café Ma Makers in der Kaigasse, das die zwei Jungunternehmerinnen Marina Reifenstein und Anastasia Beketova vor vier Monaten eröffnet haben. „Wir kennen solche Systeme längst aus anderen Städten“, sagt die 27-jährige Lungauerin Marina Reifenstein. „An sonnigen Tagen verkaufen wir 30 Prozent aller Kaffees in Pappbechern zum Mitnehmen.“Vor allem bei jungen Leuten sei das gang und gäbe. Kurioserweise gebe es zunehmend Kundschaft, die nach Kaffee im Pappbecher verlange, obwohl sie ihn im Café im Sitzen trinke. Dieses Phänomen kennt bei Touristen auch John Stubberud. Er verkauft rund ein Viertel aller Kaffees im Becher. Sofort überzeugt war auch Andreas Nitzlnader. Vor allem an den Nachmittagen steige die Nachfrage nach Coffee to go. „Es gibt auch Kunden, die ihre eigenen Mehrwegbecher mitbringen.“ Familie Macheiner probiert das System am Standort in Nonntal aus. Bewährt es sich, kommen die Becher auch ins Café 220 Grad Rupertinum. Vorerst bieten alle wie bisher auch Pappbecher an.
Zum Auftakt kam Projektleiter Schweinberger am Dienstag nach Salzburg. 700 Mal könne ein Becher gewaschen werden, versichert er. Aus den Bechern werde am Ende der Lebensdauer Spielzeug hergestellt. Schweinberger hält in Salzburg binnen eines Jahres 30 bis 50 Partner für realistisch. Reges Interesse bekundet auch Roland Aigner, Chef des Salzburger Altstadtverbands. Er will prüfen, ob sich das System für den Rupertikirtag eignet.
„Pro Jahr fallen in Österreich 300 Millionen Heißgetränkebecher an.“M. Schweinberger, myCoffeeCup