Welterbehüter plädieren für „neues Modell“in Salzburg
Die Kritik von Icomos Austria am Welterbemanagement in der Stadt Salzburg lässt die Wogen hochgehen. Die beiden scheidenden Icomos-Welterbehüter, Hannes Toifel und Dörte Kuhlmann, versuchen diese zu glätten. „Es ist kein sofortiger Rücktritt“, sagt Kuhlmann. Sie beide würden der Stadt vorläufig erhalten bleiben – „das Ganze ist ein Prozess, auch in Abstimmung mit der neuen Regierung“. Ihrer Einschätzung nach braucht Salzburg aufgrund der Größe und des zunehmenden Baudrucks zusätzliche Beratung durch Icomos, die im Rahmen des normalen Welterbemonitorings nicht zu leisten sei. Dörte Kuhlmann und Hannes Toifel plädieren deswegen für ein neues Modell in der Welterbestadt Salzburg, das zusätzliche externe Beratung zum Erhalt des Welterbes vorsieht. Ein Hintergrund ist, dass (ehrenamtliche) Monitoringbeauftragte nicht gleichzeitig (bezahlte) Gutachten schreiben dürfen. Wichtig ist Kuhlmann, dass sie und ihr Kollege Toifel „nicht wütend das Handtuch schmeißen“, sondern es „einen konstruktiven Dialog mit der Stadt gibt“.
„Die Arbeitsfülle ist enorm“, betont Dörte Kuhlmann, die zur Icomos-Austria-Generalsekretärin bestellt wurde und deswegen künftig ihre Monitoringtätigkeit einschränkt. Die Sprecherin der Monitoringgruppe, Ulrike Herbig, hatte gegenüber den SN kritisiert, dass der Managementplan für das Welterbe in Salzburg nicht ausreichend sei und die Icomos-Berater vereinnahmt worden seien.
Künftig liegt die politische Verantwortung für das Ressort bei der grünen Stadträtin Anna Schiester (Bürgerliste). Sie sei offen für ein Gespräch mit den beiden Welterbehütern, sagt sie, das neue Modell würde sie interessieren. „Es ist mir ein Anliegen, das Welterbe auf professionelle Beine zu stellen.“Schiester schwebt vor, ein Symposion zu machen, wo auch externe Experten und Expertinnen einbezogen werden. „Das Welterbe hat einen wichtigen Platz in Salzburg, auch bei mir politisch.“
Unesco-Professor Kurt Luger hofft auf eine „Advisory Mission“der Unesco in Salzburg, damit sich Experten „außerhalb des Salzburger Milieus“die aktuellen Bauprojekte anschauen. Beispielsweise würde durch eine neue Zufahrt zu den Festspielhäusern der Neutortunnel geopfert – „ein Unikat der Extraklasse“. Es muss seinen Worten nach alles getan werden, um das Welterbe nicht zu gefährden und die Altstadt als lebenswerte Stadt zu erhalten. Er sehe bei der Stadt sehr wohl gewisse Lernprozesse, ergänzt Luger. Lobende Worte findet er auch für den Bürger:innendialog zur Standortentwicklung an der Sterneck-Kreuzung.
Mehr als 100 Salzburger und Salzburgerinnen erarbeiteten am Montagabend im Hotel Dorint Vorschläge für die Stadtplanung. Auf dem ehemaligen Tankstellengelände soll die neue BiogenaZentrale entstehen. Icomos hatte einem Hochhaus an dieser Stelle eine klare Absage erteilt. Wie hoch hier gebaut werden darf, das bestimmt letztlich die neue Stadtregierung. Nicht zu überhören war der Ruf nach mehr Grün, sicheren Geh- und Radwegen sowie nach einem lebenswerteren Stadtteil. Architekt Thomas Forsthuber fordert ein Umdenken, Schallmoos sei zerstört worden: „Welche Visitenkarte ist das für eine Welterbestadt?“
„Wir müssen alles tun, um das Welterbe nicht zu gefährden.“Kurt Luger, Unesco-Professor (Bild: SN/STS)