Private Brauereien feiern Unabhängigkeit
Vor knapp drei Jahren taten sich die privat geführten Brauereien zusammen. Sie laden nun erstmals gemeinsam im Frühjahr zu Verkostungen.
OBERTRUM. Es begann noch während der Coronapandemie mit zehn Brauereien, jetzt, nach nicht einmal drei Jahren, sind es schon fast 50: Der Verband der unabhängigen Privatbrauereien in Österreich kann sich über Zulauf nicht beschweren. In der Vereinigung ist die Vielfalt der heimischen Bierbranche versammelt und gemeinsam macht sie immer wieder von sich reden. Das an sich ist schon außergewöhnlich, denn typischerweise sind Bierbrauer recht eigenständige Geister. Auf den Etiketten führen die Mitgliedsbetriebe das gemeinsame Logo, das aussieht wie ein kleiner Kronkorken, mit der Aufschrift: „Österreichische Privatbrauerei, 100% unabhängig“. Den Verband der Privatbrauereien habe „Ewald Pöschko von der Braucommune Freistadt, der inzwischen in Pension ist, stark vorangetrieben“, erzählt Josef „Seppi“Sigl, der in achter Generation die familiengeführte Trumer Brauerei in Obertrum mit mehr als 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führt.
Für das kommende Wochenende haben die Privatbrauer nun voller Selbstbewusstsein ihren Unabhängigkeitstag ausgerufen. Im Bundesland Salzburg laden drei Brauereien (Pinzgau Bräu, Stiegl und Trumer) zu Verkostungen ein. Neben diesen gehören aus Salzburg noch die Weisse von Felix Gmachl in der Landeshauptstadt,
Axel Kiesbyes Naturbrauerei mit Sitz in Obertrum und das zu Stiegl gehörende Gut Wildshut gleich hinter der Landesgrenze in Oberösterreich zu den Privatbrauern. Die SN nahmen den Unabhängigkeitstag zum Anlass für ein Gespräch mit Josef Sigl. Er hofft, dass die Frühjahrsveranstaltung zu einem Fixpunkt wird wie das alljährliche Hopfenfest im September.
Seit 1601, also fast 425 Jahre, wird in Obertrum Bier gebraut. Die Coronapandemie hatte das Unternehmen, das rund 80 Prozent seines Geschäfts mit der Gastronomie macht, ganz schön erwischt. Aber Sigl jammert nicht. Er klopft auf den Holztisch im Besprechungsraum und sagt: „Wir sind auf einem guten Weg.“
Denn immerhin gebe es in Österreich noch rund 40 Prozent privat gebraute Biere auf dem Markt. Der Rest entfällt auf die Brau Union, seit mehr als 20 Jahren schon eine Tochter des niederländischen Heineken-Konzerns. In anderen Ländern sei die Lage für kleinere Privatbrauereien weitaus schlechter, betont Sigl. Doch er spricht auch Klartext: Bei jeder Übernahme durch die Brauunion gebe es zwar – oft zeitlich begrenzte – Auflagen der Wettbewerbsbehörde, „aber das ist kartellrechtlich fragwürdig,
„Privatbrauereien haben in Österreich 40 Prozent Marktanteil, das ist viel mehr als anderswo.“Josef Sigl, Trumer Bier
denn die Konzerntochter habe „am Ende immer eine marktbeherrschende Stellung“. Er wolle sich gar nicht vorstellen, was los wäre, wenn ein zweiter großer internationaler Player in Österreich einsteigen wollte, so Sigl.
„Es scheint schon auch Emotionen zu geben, sonst würden die Kleinen oft nicht mehr existieren“, erklärt Sigl. Der Kostendruck sei für den Mittelstand schwieriger, weil man die Steigerungen nicht auf so große Mengen verteilen könne. Da der
Markt nicht größer werde, müsse man eben versuchen sich mit Innovationen abzuheben. Eine davon ist „Sigl Bio Hafer & Gerste“, die im Gegensatz zu anderen pflanzlichen Milchalternativen nicht gemischt, sondern gebraut wird. Auch hier gebe es demnächst Neuerungen, verspricht Privatbrauer Josef Sigl.
Ein klarer Trend beim Bier sei, dass Kunden es öfter mit weniger oder ohne Alkohol trinken. Dafür hat Trumer das „Hopfenspiel“, ein Pils mit nur 2,9 Prozent Alkohol und ausgeprägtem Hopfenaroma, das durch nachträgliche Zugabe („Hopfenstopfen“) entsteht. „Mein erstes Baby“, sagt Sigl. Nebenbei sei das Hopfenspiel auch glutenfrei, offenbar ebenfalls durch die nachträgliche Hopfengabe.
Ohne Alkohol ist das „Freispiel“, ebenfalls ein Pils. Pro 100 Milliliter habe es nur 16 Kalorien, das sei weniger als ein Drittel im Vergleich zu Apfelsaft. Stolz erzählt Sigl von der Staatsmeisterschaft der Biersommeliers vor einigen Jahren im Trumer Braugasthof. Da gab einer der Teilnehmer zu, beim „Freispiel“hätte er beinahe nicht erkannt, dass es alkoholfrei ist. Brauer Sigl: „Das war wie ein Ritterschlag.“