Billig zu wohnen ist gut, aber nicht immer fair
Agenda Austria tritt für eine stärker zielgerichtete Zuteilung günstiger Mietwohnungen und eine Umstellung der Wohnbauförderung ein.
Der Mietwohnungssektor in Österreich ist über weite Strecken reguliert. Ein Fünftel sind Gemeindewohnungen, auf Genossenschaften entfallen rund 40 Prozent, ein weiteres Fünftel auf regulierte Mieten. Nur 19 Prozent werden auf dem freien Markt vermietet. Dass man in Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen um rund 30 Prozent billiger wohnt und regulierte Mieten 13 Prozent niedriger sind als auf dem freien Markt, sei in Ordnung, „wenn dort Leute wohnen, die das brauchen“, sagt Ökonom Jan Kluge von der Denkfabrik Agenda Austria.
Das sei aber nicht der Fall. Wenn die Vergabe günstiger Mietwohnungen nicht über den Preis, sondern über Wartelisten erfolge, werde der Markt zu einer Lotterie. Zwar gebe es Einkommenskriterien, aber die Grenzen seien vielfach zu hoch, „da passt fast jeder rein“, sagt Kluge. Zudem werde das Einkommen nur ein Mal, beim Eintritt in das Mietverhältnis, geprüft. Es sollte aber regelmäßig überprüft und die Miete im Fall eines Anstiegs schrittweise an marktübliche Vergleichsmieten angeglichen werden. Bei Gemeindewohnungen sollte man laut Kluge die Einkommensgrenzen heruntersetzen, Genossenschaften seien anders zu beurteilen, weil die Mieter dort Finanzierungsbeiträge leisten. Es gehe nicht darum, besser verdienende Menschen aus günstigen Wohnungen zu verdrängen, soziale Durchmischung sei wichtig, „aber sie sollen faire Mieten zahlen“, sagt
Kluge. Auch deshalb, weil das günstige Wohnen ja nicht kostenlos sei, Steuerzahler, Vermieter und alle, die in teureren Wohnungen leben, finanzierten hier mit.
Dass der Wohnbau mit öffentlichen Mitteln gestützt wird, findet Kluge völlig in Ordnung, niemand wolle die Wohnbauförderung abschaffen. Man sollte dabei aber stärker in Richtung Subjektförderung gehen, statt wie jetzt das Objekt zu fördern, und andere Geldquellen dafür heranziehen. Es sei kaum zu begründen, warum just der Wohnbau über die Lohnnebenkosten und damit die Belastung des Faktors Arbeit finanziert werde. Besser wäre, Geld aus dem Budget einzusetzen und zweckgebunden an die Länder weiterzureichen.
Wenn der Staat der Ansicht sei, er müsse das Wohnen organisieren, müsse er konsequent sein. Stattdessen habe man die Wohnbauförderung gekürzt und über die nicht zweckgewidmete Verwendung der Rückflüsse weiter ausgehöhlt. Und man habe die Fördersätze nicht an gestiegene Baukosten angepasst und damit die nach dem Kostendeckungsprinzip arbeitenden gemeinnützigen Bauträger hängen lassen, kritisiert Kluge.