Wie die Energiewende am Land gelingen könnte
Stadtplaner, Techniker und Betriebswirtschafter zeigen, wie Salzburger Gemeinden energieautark werden könnten.
Es ist noch nicht lange her, da hatten Stefan Netsch und Georg Brunauer kaum berufliche Überschneidungen. „Die Stadtplaner machten ihr Ding. Und wir Energieinfrastruktur-Leute haben unsere Technik gemacht, fertig, aus“, sagt Brunauer – und Netsch pflichtet ihm bei. Dass die beiden in ein erfolgreiches Reden und Forschen gekommen sind, liegt zum einen daran, dass Netsch den Studiengang „Smart Buildings in Smart Cities“an der FH Salzburg leitet und Brunauer in diesem Studiengang die Energiekomponenten abdeckt. Zum anderen haben sie kürzlich mit Kolleginnen und Kollegen von der FH und der Uni Salzburg, die sich den betriebswirtschaftlichen Faktoren der Energiewende widmeten, das Forschungsprojekt „Circular Districts“abgeschlossen. Ihre Forschungsfrage lautete: Was ist nötig, damit in
Siedlungen im ländlichen Raum eine energieautarke und klimaneutrale Kreislaufwirtschaft gelingt?
Vorneweg: Am Engagement der Bevölkerung sowie der Gemeinden scheitere diese Wende nicht. Als Referenzgemeinden dienten die vier Pongauer Orte Bischofshofen, Altenmarkt, Wagrain und Radstadt sowie Mittersill im Oberpinzgau. Eine ausführliche Umfrage ergab eine durchwegs positive Haltung: „Die Bürgerinnen und Bürger zeigten großes Interesse an Energiegemeinschaften und sagten, sie würden mitmachen und diese fördern“, beschreibt Netsch das Stimmungsbild. Er fügt aber hinzu: „Gebremst wird diese Bereitschaft durch sehr viele rechtliche und wirtschaftliche Unwägbarkeiten.“
Für Brunauer sind diese Unsicherheiten „des Pudels Kern“, der den Schwung Richtung Energiewende in Salzburg und österreichweit bremst. Einen Bremsklotz identifizieren die Forscher in der gesetzlichen Auflage, dass Energiegemeinschaften im Unterschied zu etablierten Energieversorgern keine Gewinne machen dürfen. Das erschwere die Refinanzierung und untergrabe die Wirtschaftlichkeit von örtlichen Energiegemeinschaften. Ohne Gesetzesnovellen, zeigt sich Brunauer überzeugt, „ist das Thema tot“. Als weitere Notwendigkeit nennt er, den derzeit fehlenden Blick über Gemeindegrenzen zu
fördern: „Dazu braucht es finanzielle Anreize, damit die Orte ihre Energieüberschüsse den Nachbargemeinden zur Verfügung stellen.“
Dass das Thema Energiewende im ländlichen Raum viel Potenzial hätte, liegt für Stadtplaner Netsch an dem einfachen Grund: „Wir haben dort mehr Flächen.“Diese könnten auf Dächern oder Freiflächen für Photovoltaikanlagen genutzt werden. „Wobei wir ähnlich wie bei der Windkraft natürlich oft auch landschaftspflegerische Aspekte berücksichtigen müssen“, sagt Netsch.
Nur auf Photovoltaik zu setzen hält Brunauer auch aus energietechnischen und -wirtschaftlichen Gründen für problematisch: „Für ein stabiles Energieportfolio braucht es genauso Windkraft, um jahreszeitliche Unterschiede und das Tag-Nacht-Gefälle, wenn die Sonne nicht scheint, aber die Windräder sich drehen, auszugleichen.“Mit Blick auf die Salzburger Tourismusorte und ihren je nach Saison stark schwankenden Energiebedarf plädiert Brunauer dafür, mehr in Richtung Wasserstoffspeicherung zu denken: „Die Energie der Sommersonne im Winter zu nutzen geht nur mit Wasserstoff.“Mit dem einschlägigen H2 Demo Lab der FH Salzburg am Campus Kuchl sieht er die dafür notwendige „Entwicklungsblaupause“im Bundesland bereits etabliert.