Andreas Ulmer: Ende einer Legende
Die letzten sechs Ligarunden werden für den Rekordkicker von Red Bull Salzburg zur Abschiedstournee. Seine Karriere könnte Ulmer außerhalb Österreichs fortsetzen.
Red Bull Salzburg gilt als Ausbildungsclub. Da liegt es in der Natur der Sache, dass es wenige Spieler gibt, die den Verein über viele Jahre hinweg begleiten und auch prägen. Doch es gibt Ausnahmen von der Bullen-Regel.
Ausnahmen wie Andreas Ulmer, der seit 2009 durchgehend Spieler von Red Bull Salzburg ist und in diesen 15 Jahren nicht weniger als 581 Pflichtspiele absolviert, 23 Tore erzielt und 98 Assists beigesteuert hat. Ulmer wurde mit Salzburg 13 Mal Bundesliga-Meister und neun Mal ÖFB-Cupsieger, kickte außerdem 29 Mal in der Champions League und 61 Mal in der Europa League. Nie zuvor hat es einen Bullen-Profi gegeben, der auch nur annähernd so erfolgreich war beziehungsweise so viele Spiele wie Ulmer bestritten hat – und gleichzeitig auf als auch abseits des Platzes stets zuverlässig und verantwortungsvoll agiert hat.
Umso erstaunlicher ist es, wie schwer sich Red Bull Salzburg im Umgang mit seinen Vereinslegenden tut. Marc Janko etwa spielte nach seinem Abschied aus der Meisterstadt im Jahr 2010 keine Rolle mehr, weder als Club-Testimonial noch als Funktionär. Mit einer Anfrage nach seinem Karriereende, bei Salzburgs Sportdirektor zu hospitieren, blitzte er ab.
Jonatan Soriano ist mit 169 Treffern bis heute Rekordtorschütze der Bullen. Nachdem er den Verein 2017 in Richtung China verlassen hatte, kehrte er noch einmal in offizieller Mission nach Salzburg zurück, jedoch nur, um den damals gespaltenen Fan-Lagern den Stern für den zehnten Meistertitel in der RedBull-Ära zu überreichen. Immerhin wird Sorianos legendäre Trikotnummer 26 nicht mehr vergeben – im Sport die größte Anerkennung für verdienstvolle Spieler.
Auch Ulmers bevorstehender Abschied passt in dieses Schema. Bereits vor einem Jahr hat Red Bull Salzburg mit freundlichen, aber bestimmten Worten kundgetan, dass man den Kapitän ein letztes Mal um ein Jahr verlängern und seine Spielerkarriere danach enden werde.
Nur: Ulmer wurde nie müde zu betonen, dass er selbst über den Zeitpunkt seines Karriereendes entscheiden möchte. „Solange ich fit bin und mich gut fühle, möchte ich weiterhin Fußball spielen“, sagte der mittlerweile 38-jährige Linksverteidiger gebetsmühlenartig und schlug ein Angebot für einen CoTrainerjob in der Red-Bull-Nachwuchsakademie aus. „Ich würde natürlich gern bei meinem Herzensclub in Salzburg weitermachen, aber mir wurde gesagt, dass das nicht möglich ist. Demnach ist das meine letzte Saison hier“, erklärte Ulmer und bestätigte, dass er derzeit in Gesprächen mit anderen Clubs sei. „Ich bin offen für alles, egal wo in Europa“, meinte der Routinier. SN-Infos zufolge hat Ulmer eine Anfrage aus der Schweizer Super League vorliegen.
Salzburgs Clubführung wollte sich zum Ende der Legende nicht äußern und verwies auf die Aussagen der letzten Vertragsverlängerung im Mai 2023, wo der damalige Sportdirektor Christoph Freund die „Einstellung, Konstanz und Erfahrung“Ulmers lobte und wie folgt zitiert wurde: „Wir freuen uns sehr, dass wir nach so vielen gemeinsamen und erfolgreichen Jahren noch eine weitere Saison auf unseren Kapitän setzen können. Für die Zeit danach bieten wir ihm die Möglichkeit, in der Akademie tätig zu werden.“Nun ist der Beginn von
Ulmers Trainerkarriere vorerst aufgeschoben, was Freunds Nachfolger Bernhard Seonbuchner aber nicht zum Umdenken bewegen konnte. „Da gibt es nichts Neues, das ist der Status quo. Es sind alle Seiten damals klar auseinandergegangen“, sagte Salzburgs neuer Sportdirektor zum Frühjahrsstart den SN.
Gespannt darf man sein, wie viele Einsatzminuten Ulmer bei seiner Abschiedstournee noch sammeln wird. In dieser Saison hat der Rekordbulle nämlich bereits 13 Pflichtspiele aufgrund von Verletzungen (Knöchel, Wade) verpasst, darüber hinaus hatte Ex-Trainer Gerhard Struber auf der Linksverteidiger-Position – ganz im Sinne des Ausbildungsclubs – zuletzt die wesentlichen jüngeren Aleksa Terzić und Daouda Guindo vorgezogen. Für das Heimspiel am Sonntag (17 Uhr) gegen Austria Klagenfurt hat sich Ulmer bei Interimscoach Onur Cinel fit gemeldet.
„Ich bin offen für alles, egal wo in Europa.“Andreas Ulmer, Rekordbulle