Was vor 80 Jahren in Goldegg geschah
Prominenz aus Politik, Musik und Literatur beehrt am 1. und 2. Juli Goldegg. Der Anlass ist düster: Vor 80 Jahren wurden 14 Menschen verfolgt und ermordet.
GOLDEGG. Widerstand ist unbequem für die Herrschenden – für die Widerständigen sowie für deren Helfer endet er oft tödlich. So wie in Goldegg. Am 2. Juli 1944 durchkämmten 1000 Gestapobeamte, Polizisten und SS-Leute den kleinen Ortsteil Weng. Sie waren auf der Suche nach jungen Männern, die nicht mehr in die Wehrmacht eingerückt waren. Das blutige Ereignis ging als „Sturm auf Goldegg“in die Geschichtsbücher und ins kollektive Gedächtnis ein. 14 Menschen – Deserteure und ihre Helferinnen – wurden ermordet, zig weitere Frauen und Männer in Konzentrationslager verschleppt.
Wer zurückkam, war gebrandmarkt. Denn im Ort und in der Region hatte sich eine Täter-Opfer-Umkehr vollzogen. Nicht die Nationalsozialisten, die Gestapo oder die SS wurden als Verursacher des Leides betrachtet. Stattdessen hieß es meist, die Wehrmachtsverweigerer hätten ihr Schicksal selbst heraufbeschworen und durch ihr Verhalten das Unglück über den Ort gebracht.
Noch vor zehn Jahren war in der Gemeindechronik zu lesen, dass die Deserteure eine „Landplage“gewesen seien. Ein ehrendes Andenken für die Widerständigen schien damals unmöglich. Schließlich sprang die Österreichische Gesundheitskasse ein, die in Goldegg ein Rehabilitationszentrum betreibt. Auf dem Gelände wurde mit Blick auf das Schloss ein von Bildhauer Anton Thuswaldner gestalteter Gedenkstein verlegt.
Seither veranstaltet die Erinnerungsplattform Verein der Freunde des Goldegger Deserteursdenkmals jedes Jahr rund um den 2. Juli eine Gedenkveranstaltung. Im Vorjahr übernahm ÖVP-Bürgermeister Hannes Rainer den Ehrenschutz. Er war es auch, der in der Gemeindevertretung den Antrag einbrachte, im Schloss Goldegg ein weiteres Denkmal für den NS-Widerstand zu verlegen. Der Künstler Gunter Demnig wird heuer Stolpersteine für fünf Goldeggerinnen verlegen, von denen drei die Deserteure direkt unterstützten. In die Messingplatte jedes Stolpersteins sind die biografischen Daten der NS-Opfer eingeprägt.
Der „Sturm auf Goldegg“jährt sich heuer zum 80. Mal. Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) übernimmt am 2. Juli den Ehrenschutz für die Gedenkfeier.
Am 1. Juli findet eine Diskussionsrunde mit dem Vorarlberger Rockstar und Regisseur Reinhold Bilgeri statt. Dessen Vater Rudolf wurde 1943 zur Wehrmacht eingezogen und nahe Athen stationiert. Dort desertierte er 1944 und lief zu den griechischen Partisanen über. Seine Tagebuchaufzeichnungen wurden 2023 veröffentlicht. Reinhold Bilgeri wird mit anderen Goldegger Familien über das Thema „Mein Vater, der Deserteur“diskutieren.
Sabina Hank und Michael Köhlmeier treten in Goldegg auf
Am 2. Juli beehrt ein weiterer Vorarlberger den Pongauer Ort. Der gefeierte Autor Michael Köhlmeier steht gemeinsam mit der Salzburger Sängerin und Komponistin Sabina Hank auf der Bühne. In einem musikalisch-literarischen Zusammentreffen bringen sie die Lebensgeschichte von Jura Soyfer auf die Bühne. Der jüdische Schriftsteller wurde 1938 verhaftet, als er versuchte, auf Ski in die sichere Schweiz zu flüchten. Er starb mit 26 Jahren im KZ Buchenwald an Typhus.
Hank vertonte bereits 2005 Soyfers Werke, damals gemeinsam mit Willi Resetarits. In Goldegg wird sie von Reinhold Bilgeri und der Sängerin Tini Kainrath unterstützt.
Das Werk namens „Sturmzeit“ist laut Gedenkverein kein Auftragswerk, passe aber fast maßgeschneidert nach Goldegg: Es erinnere an eine Zeit, „in der Andersseiende systematisch verfolgt und vernichtet wurden“. Damit entstehe ein Bezug zur Gegenwart, „in der es an beklemmenden Ideen nicht mangelt“. „Sturmzeit“sei daher ein Weckruf, diesen Ideen rechtzeitig mit Widerstand zu begegnen.
Karten (30 Euro) sind unter