Appetit auf Bücher? Das kann verdächtig sein
In einem „interaktiven Theaterkrimi“des Landestheaters werden Kinder zu Co-Detektiven.
Wenn jemand vor lauter Leselust ein Buch nach dem anderen verschlingt, steht normalerweise nicht gleich die Polizei vor der Tür. Und es ist auch nicht der Grund, warum Oberinspektorin Fingerhut ganz dringend mit ihrem Kollegen telefonieren muss. Sie will, dass er ein verdächtiges Subjekt überführt, das echten Schaden im Buchregal anrichtet.
„Sie meinen, es liest die Bücher gar nicht, sondern frisst tatsächlich Löcher in sie hinein?“, fragt Inspektor Balduin Balthasar Benedikt Livre zur Sicherheit noch einmal nach: „Aber dann verändern sich ja die Geschichten!“Er wittert einen Fall, bei dem er seinen Ruf als Meisterdetektiv, Verwandlungskünstler und Leseweltmeister ausbauen kann.
An Selbstbewusstsein fehlt es dem Ermittler mit der Baseballkappe und der Vorliebe für große Sprüche („Der beste Meisterdetektiv, den die Welt je gesehen hat“) ja nicht. An Ideen aber manchmal doch. Und hier kommt das junge Publikum ins Spiel: Im Stück „Happs und weg!“des Salzburger Landestheaters, das am Donnerstagvormittag im Probenzentrum Aigen Uraufführung
hatte, helfen Kinder ab fünf Jahren bei der Fahndung nach dem Buchfresserchen.
Als „interaktiven Theaterkrimi“haben Angela Lukasser-Weitlaner (Inszenierung, Bühne, Kostüme) und Angela Beyerlein (CoRegie) das Stück angelegt. Und einen detektivischen Blick beweisen die jungen Besucherinnen und Besucher bei der Premiere schnell: „Das sind doch Gartenhandschuhe“, ruft ein Kind, als Balduin ankündigt, dass gleich seine Super-Spezial-Detektiv
Handschuhe zum Einsatz kommen werden. Martin Trippensee spielt den liebenswert überdrehten Inspektor überzeugend und mit einer Energie, die sich schnell auf die Kinder überträgt. Das bringt ihm auch Hilfsangebote aus allen Sesselreihen ein, wenn er bei den Ermittlungen nicht mehr weiterweiß.
Zeugenaussagen, Spurensicherung, Hinweise sortieren: Alle Register aus dem Ermittlerhandbuch zieht Inspektor Livre mit Hilfe seiner Nachwuchsdetektive.
An Formate wie „Tom Turbo“oder die Rateshow „1, 2 oder 3“lassen die Mitmachelemente dabei manchmal denken. Sie machen die Spurensuche kurzweilig, auch wenn diese mit knapp 80 Minuten fast schon „Tatort“Länge erreicht.
Dass die Lust am Mitarbeiten bei den Kindern auch dann gewinnt, wenn zwischendurch eigentlich Ruhigsitzen und Zuschauen angesagt wäre, ist verständlich. Immerhin gilt es, das kleine Monster zu stoppen, das schon Rotkäppchen und Heidi auf dem Gewissen hat. Wegen der in die Bücher gefressenen Löcher sind sie gleichsam aus ihren Geschichten gefallen.
In der Phantomzeichnung hat das Buchfresserchen Glubschaugen und spitze Zähne. Oder ist der Verdächtige in Wahrheit gar nicht gruselig, sondern klein und putzig? Um das herauszufinden, bittet Balduin Balthasar Benedikt Livre um Mithilfe beim Erfinden einer Geschichte, die als Falle dienen soll. Mit ihr lässt sich nicht nur der Täter dingfest machen, sondern auch ein Beweis führen: Lesen regt die Fantasie an.