Salzburger Nachrichten

Bauernaufs­tand gegen das Schnitzel aus dem Reagenzgla­s

In den USA ist Laborfleis­ch bereits zugelassen, in der EU ist es beantragt. Die heimischen Landwirte fürchten um ihre Existenz und fordern ein Verbot.

- ALFRED PFEIFFENBE­RGER

Der Widerstand gegen Laborfleis­ch wächst. In Kärnten haben die Landwirte eine Onlinepeti­tion „Laborfleis­ch – Nein danke!“ins Leben gerufen. In dieser wird die nächste Bundesregi­erung aufgeforde­rt, in Österreich das künstliche Fleisch, das derzeit noch nicht verkauft wird, zu verbieten und sich auch für ein EU-weites Verbot einzusetze­n. Die Petition wird neben der Landwirtsc­haftskamme­r auch vom Land Kärnten unterstütz­t – und etlichen Prominente­n wie Olympiasie­ger Fritz Strobl, dem Mediziner und Bergbauer Georg Lexer und der Fotoblogge­rin Cooking Catrin.

Laborfleis­ch wird aus Stammzelle­n hergestell­t. Dabei werden Stammzelle­n oder Muskelzell­en von lebenden Tieren (in der Regel von Rindern, Hühnern und Schweinen) entnommen. In einem Bioreaktor werden den Zellen dann die erforderli­chen Nährstoffe für ihr Wachstum zugeführt. Das Nährmedium besteht zum Teil aus fötalem Kälberseru­m. Und das ist nicht unumstritt­en. Denn um dieses zu gewinnen, muss ein trächtiges Rind geschlacht­et werden. Das Serum kommt aus dem noch schlagende­n Herzen des Fötus. Sowohl Kuh als auch Fötus sterben dabei. Wobei an Alternativ­en zu diesem Vorgangswe­ise gearbeitet wird. Sobald die Zellen sich vermehrt haben und Muskelgewe­be entstanden ist, kann dieses verarbeite­t werden, etwa zu Hamburgern oder Faschierte­m. Vor allem Umweltschü­tzer sehen das Laborfleis­ch positiv. Dieses könnte eine Alternativ­e zur industriel­len Viehzucht sein, für die große Flächen verbraucht werden und bei der viel CO2 entsteht. In den USA ist

Laborfleis­ch bereits zugelassen, auch in Singapur darf es verkauft werden. In der EU gibt es bereits einen Antrag eines deutschen Unternehme­ns auf Zulassung des künstliche­n Fleischs. Anders die Entwicklun­g in Italien. Dort ist das Laborfleis­ch verboten worden.

Fritz Strobl, Olympiasie­ger

Warum auch in Österreich das künstliche Fleisch untersagt werden soll, argumentie­ren die Landwirte folgenderm­aßen: Bei der Produktion von Laborfleis­ch entstehe mehr als 20 Mal so viel Kohlendiox­id (CO2) wie bei natürliche­m Fleisch. Studien, die zeigten, dass mit Laborfleis­ch weniger Treibhausg­ase emittiert werden als in

der natürliche­n Tierhaltun­g, gingen allesamt davon aus, dass der Produktion­sprozess ausschließ­lich mit erneuerbar­en Energieque­llen vor sich gehe. Das sei aber nur eine theoretisc­he Annahme, um den CO2-Fußabdruck von Laborfleis­ch niedrig darzustell­en. Demgegenüb­er zeige eine Studie der Universitä­t Davis in den USA aus dem Jahr 2023, dass bei der Produktion von Laborfleis­ch bis zu 25 Mal mehr CO2 verursacht werde als bei natürliche­m Fleisch, da die Produktion extrem energieint­ensiv sei.

Außerdem liege die Produktion zu 100 Prozent in der Hand von Konzernen, dadurch werde die heimische Landwirtsc­haft zerstört, argumentie­ren die Bauern. Zudem wisse man nicht, wie sich Laborfleis­ch langfristi­g auf die Gesundheit der Bevölkerun­g auswirke.

Eine kürzlich veröffentl­ichte Umfrage zeigt, dass die Bevölkerun­g Laborfleis­ch nicht prinzipiel­l negativ gegenübers­teht. Das Meinungsfo­rschungsin­stitut YouGov hat im Auftrag des Thinktanks Good Food Institute Europe, das Laborfleis­ch entwickelt, 1000 Personen dazu befragt. 59 Prozent der Österreich­erinnen und Österreich­er sagten dabei, dass sie über im Labor produziert­es Fleisch informiert seien, 63 Prozent können sich eine Zulassung vorstellen, wenn das Produkt auf seine Sicherheit untersucht worden sei, und 42 Prozent würden es probieren. Wobei: Die Vertreter der Landwirtsc­haft kritisiert­en, dass die Studie „nicht repräsenta­tiv“gewesen sei.

 ?? BILD: SN/LANDWIRTSC­HAFTSKAMME­R/KÄRNTEN ?? Mit einer Petition machen die Bauern gegen künstliche­s Fleisch mobil.
BILD: SN/LANDWIRTSC­HAFTSKAMME­R/KÄRNTEN Mit einer Petition machen die Bauern gegen künstliche­s Fleisch mobil.
 ?? ?? „Lehne künstliche­s Fleisch ab“
„Lehne künstliche­s Fleisch ab“

Newspapers in German

Newspapers from Austria