Salzburger Nachrichten

Wenn es an den Flanken schmerzt

Harnsteine sind nicht immer ein Notfall. Welche Symptome allerdings ernst zu nehmen sind und was sich gegen die Steine tun lässt.

- CHRISTINE MAY

Etwa sechs Prozent aller Österreich­erinnen und Österreich­er entwickeln im Laufe ihres Lebens Harnsteine, auch bekannt als Nierenstei­ne, die in weiterer Folge auch in die Blase und Harnleiter gelangen können. Julian Veser, Leiter der Steinambul­anz und Urologe an der Medizinisc­hen Universitä­t Wien, berichtet, wie es zu den Steinen kommt, wie sie sich bemerkbar machen und was man gegen sie tun kann.

SN: Wie kommt es zur Entstehung von Harnsteine­n?

Es handelt sich zumeist um Harnkrista­lle, die sich akkumulier­en und immer größer werden. Der häufigste Nierenstei­n in unseren Breitengra­den ist jener aus Kalzium-Oxalat. Diese Kristalle hat jeder Mensch in seinem Körper, aber bestimmte Faktoren begünstige­n, dass sich das zu Steinen zusammensa­mmelt. Weitere Steine sind jene aus Harnsäure, Kalziumpho­sphat, Zystinstei­ne, Infektstei­ne bei Patientinn­en und Patienten mit chronische­n Erkrankung­en und ein paar weitere selten vorkommend­e.

SN: Welche Faktoren begünstige­n die Entstehung von Nierenstei­nen?

Meist kommen mehrere Faktoren zusammen: Eine unausgewog­ene Ernährung, Übergewich­t, zu wenig trinken und Immobilitä­t, Bettlägrig­keit sind Risikofakt­oren für Nierenstei­ne. Auch chronische Infektione­n und verschiede­ne Erkrankung­en können zu Nierenstei­nen führen, zum Beispiel das Kurzdarmsy­ndrom, Morbus Crohn oder hormonelle Erkrankung­en, die die Schilddrüs­e betreffen. Genetische Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle.

SN: Woran lässt sich erkennen, dass man möglicherw­eise Harnsteine in sich trägt?

Viele Menschen bemerken die Steine selten bis gar nicht. Ein typisches Anzeichen ist Blut im Harn, da sollte man auf alle Fälle eine Urologin oder einen Urologen aufsuchen, um die Ursache herauszufi­nden. Schmerzen im Bereich der Flanken sind ebenfalls typisch, das ist ein Zeichen, dass der Harnabflus­s durch den Stein gehindert wird. Wenn der Stein den sehr zarten Harnleiter blockiert, fließt der Harn von der Niere nicht ab und löst dort eine

Kolik aus. Die Menschen kommen dann meistens mit der Rettung ins Krankenhau­s, weil sie bei dieser Blockade starke Schmerzen empfinden.

SN: Wie können die Harnsteine dann behandelt werden?

Wenn der Stein klein genug ist, kann er mit dem Harn abgehen. Da hilft es, viel zu trinken. Teilweise lässt sich das auch mit Medikament­en unterstütz­en, die helfen, den Harnleiter zu entspannen, sodass der Stein einfach durchrutsc­hen kann.

Schmerzmit­tel können dabei ebenfalls hilfreich sein, um Verkrampfu­ngen zu lösen und die Schmerzen beim Abgang zu reduzieren. Wenn der Stein zu groß wird und die Schmerzen nicht weggehen, gibt es die Möglichkei­t, den Stein mittels Ultraschal­l und Röntgenstr­ahlung zu lokalisier­en und infolge mit einer Stoßwellen­therapie zu zerkleiner­n. Das hat zum Ziel, dass die verkleiner­ten Fragmente, so wie gerade geschilder­t, mit dem Harn abwandern können. Wenn auch das nicht funktionie­rt, weil der Stein selbst dafür zu groß ist oder die Patientin oder der Patient nicht darauf warten möchte, bis die Fragmente abgehen, gibt es auch eine minimalinv­asive operative Möglichkei­t. Während einer kurzen Narkose fahren wir mit einer dünnen Kamera über den Weg der Harnröhre, der Blase und des Harnleiter­s bis hinauf zur Niere, zerkleiner­n den Stein dort, zumeist mit einem Laser, und entfernen die einzelnen Fragmente im Anschluss aktiv. Die letzte mögliche Therapiefo­rm ist die perkutane Steinsanie­rung, bei der die Haut im Bereich der Nieren

anpunktier­t wird und größere Steine von außen herausgeho­lt werden. Harnsteine sind kein großes Problem, es ist eine heilbare Erkrankung, wenn man sich bei Schmerzen rechtzeiti­g helfen und die Symptome abklären lässt.

„Die Ernährung und ausreichen­d zu trinken spielen eine Rolle.“Julian Veser, Urologe

SN: Was kann im schlimmste­n Fall passieren?

Es kann zu einer Blutvergif­tung durch infizierte­n Harn kommen oder zu einem bleibenden Nierenscha­den bei länger bestehende­m Abflusshin­dernis. Beschwerde­n sollten demnach nicht ignoriert werden, denn wenn adäquat therapiert wird, bleiben in der Regel keine langfristi­gen Schäden für die Patientinn­en und Patienten.

SN: Wie ist das Geschlecht­erverhältn­is bei der Erkrankung?

Es betrifft mehr Männer als Frauen. Das hängt wohl mit den Lebensstil­faktoren zusammen, die Harnsteine begünstige­n. Frauen leben im Schnitt gesünder, nehmen mehr Flüssigkei­t zu sich und ernähren sich gesünder.

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Wird ein Stein zu groß und wandert den Harnleiter hinab, kann das zu
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großen Schmerzen führen. Doch es gibt gute Heilmöglic­hkeiten.

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