Christian Ilzer: „Ich bin ein Beschleuniger“
Vor dem Showdown in der Bundesliga sprach der Erfolgstrainer von Sturm Graz mit den SN.
Jahrelang galt Sturm Graz für Serienmeister Red Bull Salzburg als zuverlässiger Punktelieferant. Doch die Zeiten ändern sich: Zum Spitzenspiel am Sonntag (17 Uhr) kommt Sturm-Trainer Christian Ilzer mit großer Vorfreude und einem breiten Grinsen. Denn: Sein Team hat Salzburg tatsächlich vom Thron der Fußball-Bundesliga gestoßen. Und nun könnte Sturm den Bullen nach einem Sieg im direkten Duell auch noch den Meistertitel entreißen. Wie Ilzer darüber denkt und warum er von seiner Mission überzeugt ist, erzählte der 46-jährige Oststeirer im Interview mit den „Salzburger Nachrichten“.
Sturm ist Tabellenführer, Salzburg steckt in der Krise: Ist die Ausgangslage so klar im Spitzenspiel am Sonntag?
SN:
Christian Ilzer: Das ist wahrlich keine schlechte Ausgangssituation (lacht), mit der ehrlich gesagt auch nicht zu rechnen war. Denn nach dem 0:1 im ersten MeistergruppenDuell waren wir fünf Punkte hinten. Einen Monat später sind es drei Punkte Vorsprung. Aber wir können das klar einordnen und wissen, dass uns in Salzburg eine richtig schwierige Aufgabe erwartet.
SN: Sie sprechen das große Saisonziel immer wieder klar an. Kann der Druck, unbedingt Meister werden zu wollen, auch zu groß werden?
Nein, ganz im Gegenteil. Jeden bei Sturm Graz motiviert das. Wir wollen uns das ganz bewusst zutrauen.
Das ist unsere große Vision. Visionen können dich inspirieren, besondere Kräfte freimachen. Die brauchen wir im Saisonfinale.
SN: Sturm Graz ist Salzburg in den vergangenen Jahren kontinuierlich näher gerückt. Was sind die Gründe dafür?
Wichtig ist mir zu sagen, dass es definitiv nicht daran liegt, weil Salzburg schwächelt, sondern vielmehr, weil Sturm so konstant punktet. Und das sehr souverän, Runde für Runde. Die wichtigsten Gründe, warum Sturm aktuell an der Tabellenspitze der Bundesliga steht, würde ich so zusammenfassen: Ein Sportdirektor und ein Trainer, die eine große Einigkeit haben. Eine klare Idee, wie wir Fußball spielen wollen. Ein klares Anforderungsprofil, welche Spieler wir holen wollen. Ein überragendes Team von Betreuern und schließlich eine Mannschaft, die nicht nur Qualität, sondern auch Charakter hat.
In Salzburg scheint dieser rote Faden momentan zu fehlen. Wie bewerten Sie die Vorgänge beim Meister?
SN:
Ich möchte nur das bewerten, was bei Sturm passiert. Was diese 3:4Niederlage der Salzburger gegen Austria Klagenfurt betrifft, so hat das gezeigt, dass es im Fußball nichts gibt, was es nicht gibt. Deswegen bleiben wir ganz bei uns, fokussieren uns auf das, was wir einbringen können.
Stichwort Fokus: Sie wenden oft auch sehr viel Energie für Nebenschauplätze auf – zuletzt
SN: etwa beim Zwist mit RapidTrainer Robert Klauß.
So etwas hemmt mich keineswegs, das ist für mich vielmehr ein Turbo. Sie kennen ja Spieler, die mit jedem gewonnenen Zweikampf stärker werden. Ich denke, so ähnlich ticke ich als Trainer. Sicher bin ich manchmal sehr emotional und trage das Herz auf der Zunge, aber das gehört zum Gesamtpaket Christian Ilzer dazu. Ich bin ein Challenger, ich liebe Herausforderungen.
Sturm hat Rapid als Salzburger Erzrivalen abgelöst, dabei sind die Parallelen zwischen den beiden Vereinen groß. Haben Sie Red Bull Salzburg für den Erfolg kopiert?
SN:
Ich war als Trainer nie im Red-BullFußballkosmos tätig, war auch nie Hospitant in Salzburg. Ich habe meinen komplett eigenen Werdegang, ohne eine Zwischenstufe auszulassen. Ich habe in dieser Zeit viel gelernt und hatte auch sehr gute
Lehrmeister. Ich mag emotionalen, leidenschaftlichen Fußball. Ich liebe es, Spielphasen zu beschleunigen, effektiv in Richtung Tor zu ziehen, bei Ballverlusten nicht zu verlangsamen. Ich sehe mich als Beschleuniger. Das alles ist auch die Grundidee von Salzburg, deshalb gibt es sicher Parallelitäten, aber Sturm ist definitiv keine Kopie.
SN: Warum wird Sturm Graz heuer Meister?
Reden wir nach dem Spitzenspiel weiter. In Salzburg werden Kleinigkeiten entscheiden, der Ausgang ist in alle denkbaren Richtungen möglich. Obwohl: Das Momentum liegt sicher bei uns.
Zur Person
Christian Ilzer, geboren am 21. Oktober 1977 in Puch bei Weiz, ist seit 2020 Cheftrainer von Sturm Graz. Zuvor war er u. a. bei Austria Wien, dem WAC und Hartberg engagiert.