Ein Offizier und Gentleman
Wie ein britischer General Washington zur Weißglut trieb
Im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1775–1783) versprachen die Briten Sklaven die Freiheit, wenn sie mit ihnen gegen die rebellischen Kolonisten kämpften. Tausende folgten dem Ruf und schlugen sich tapfer, beispielsweise in der Eliteeinheit Black Brigade. Doch den Krieg gewannen die Amerikaner; laut ihrer Unabhängigkeitserklärung wären alle Menschen gleich frei und unabhängig, doch Schwarze waren nicht mitgemeint. Wie verhielten sich britische Generäle ehemaligen Mitkämpfern gegenüber? Lord Charles Cornwallis kannte keine Skrupel: Nach der Niederlage in Yorktown ließ er schwarze Männer, Frauen und Kinder ins Niemandsland zwischen die Fronten treiben; sie wurden erneut versklavt. Anders handelte Sir Guy Carleton 1783 in New York. Vor der Stadt stand George Washington mit seiner Kontinentalarmee und pochte auf die Einhaltung des Pariser Friedens, wonach die Briten zur Rückgabe ehemaliger Sklaven an ihre „Eigentümer“verpflichtet waren. Aber für den General und seine Offiziere war es eine Frage der Ehre, treue Waffenbrüder nicht auszuliefern. Er erfand bürokratische Hürden wie Einzelfallprüfungen und spielte auf Zeit. Washington und Carleton trafen sich am 6. Mai 1783 zu einer Aussprache und der spätere erste US-Präsident drängte auf die Übergabe der Schwarzen. Carleton setzte ihn in Kenntnis, dass die meisten im sicheren Kanada waren – wohin sie nämlich in der Zwischenzeit Nacht für Nacht per Schiff gebracht worden waren. „Sir Guy Carleton lieferte nicht einen Schwarzen aus“, so Historiker Michael Hochgeschwender.