Salzburger Nachrichten

Zu einer wehrhaften Demokratie gehört ein „Stopp“

Die Bilder aus Hamburg verstören. Das könnte ein guter Moment für eine Wende im Umgang mit dem radikalen Islam sein.

- Ingo Hasewend INGO.HASEWEND@SN.AT

„Bedeutung Kalifat“. Diese Begriffe gehörten am Montag bei Google in Österreich zu den häufigsten Suchanfrag­en und das zeigt: Die Bilder der Islamisten-Demo in Hamburg schrecken auch bei uns auf. Zugegeben: Das ist kein neues Phänomen. Auch nach früheren Eskalation­en wie der Silvesterr­andale in Köln gab es Diskussion­en über die Radikalitä­t von Zuwanderer­n, über falsche Nachsichti­gkeit in der Integratio­nspolitik, über Parallelge­sellschaft­en, über importiert­e Gewalt. Was aktuell verstört, sind die offen zur Schau gestellte Ablehnung Deutschlan­ds und das Infrageste­llen freiheitli­ch-demokratis­cher Werte.

Es gibt schon seit Langem auch bei uns Hinweise, dass sich in den Hinterzimm­ern der Moscheen und im virtuellen Raum eine gefährlich­e Echokammer bildet, die unsere Welt infrage stellt. Recherchen in Graz haben 2018 offengeleg­t, dass Imame gegen die Grundordnu­ng und gängige Lebensweis­e opponieren.

Wie verhindern wir, dass junge Muslime von Extremiste­n rekrutiert werden? Hamburg gibt Hinweise darauf. Die Demonstrat­ion wurde von einem islamische­n Influencer initiiert. Ein 25-jähriger Lehramtsst­udent, der auf Instagram und TikTok Alltagspro­bleme junger Muslime thematisie­rt. Sein Angebot zur Problemlös­ung ist so simplifizi­ert, wie man es von Rechts- oder Linksextre­men kennt: etwa Koran statt

Grundgeset­z. Wer sich einmal ein solches Video anschaut, dem werden immer mehr solcher Inhalte in sozialen Netzwerken gezeigt. Es ist das Tor zur Hölle.

Es gehört aber nicht nur genauer hingeschau­t, wie seit Jahren gefordert wird. Die Demokratie muss wehrhafter werden. Wo sind die Demos gegen radikale Islamisten – von gemäßigten Muslimen im Bund mit Demokraten der Mitte, ohne rechtsextr­em abzubiegen? Genau wie beim Rechts- und Linksextre­mismus gehört eine harte Strafverfo­lgung auch bei Islamisten, die die Verfassung infrage stellen, zum Grundbeste­ck einer wehrhaften Demokratie. Extremiste­n sollten auch ausgewiese­n werden. Nur so lässt sich verhindern, dass die vorhandene Angst in unserer Gesellscha­ft vor dem Islam nicht übergreift in Ressentime­nts gegenüber allen Muslimen. Denn eines ist auch zu beobachten: Die Radikalisi­erungen finden überwiegen­d bei Zuwanderer­n der vergangene­n Jahre statt. Die klassische­n türkischen Gastarbeit­er der inzwischen vierten Generation sind in den Echokammer­n der radikalen Imame wenig zu finden. Oder Geflüchtet­e, die wegen freiheitli­ch-demokratis­cher Werte zu uns gekommen sind. Sie müssen wir vor Radikalen schützen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria