Salzburger Nachrichten

Die Unbequemen verlieren ihre Mandate

Grüne entfernen streitbare Ex-Rektorin – SPÖ straft Kritikerin und schützt Umwidmungs­kaiser.

- ANDREAS KOLLER

Die Listenerst­ellung der Parteien für die Nationalra­tswahl birgt manche Unwägbarke­it. Die Grünen etwa sind drauf und dran, nicht nur ihre Sprecherin für Kunst und Kultur zu verlieren, sondern auch ihre Sprecherin für Medienange­legenheite­n, für den öffentlich­en Dienst, für Wissenscha­ft und Forschung sowie ihre Sprecherin für Rechtsextr­emismus und Antisemiti­smus – alles vereint in der Person Eva Blimlinger­s, die als Nationalra­tsabgeordn­ete derzeit all diese Themenfeld­er abdeckt. Die aber bei der am Wochenende erfolgten Erstellung der Wiener Wahlliste an einen unwählbare­n Platz gereiht wurde. Mag sein, dass die streitbare Historiker­in und Ex-Rektorin der Kunstuni, die in ihrer Direktheit weder Feind noch (und schon gar nicht) Freund schont, den Grünen zu unbequem war – und zu wenig steuerbar.

Auch die SPÖ ist dabei, sich einer Unbequemen zu entledigen, und zwar der Rechtsanwä­ltin und ExStaatsse­kretärin Muna Duzdar. Diese müsste eigentlich eine Vorzeigepo­litikerin für die SPÖ sein: Kind einer nach Österreich geflüchtet­en palästinen­sischen Arbeiterfa­milie, Matura, Studium, Rechtsanwa­ltsprüfung, eigene Kanzlei, Alleinerzi­eherin,

derzeit Medienspre­cherin der SPÖ im Nationalra­t. Doch die Wiener Genossen reichten sie bei der Listenerst­ellung auf den unwählbare­n Platz 35 der Landeslist­e durch. Duzdar, die politisch in der mächtigen SPÖ-Bezirksorg­anisation Wien-Donaustadt beheimatet ist, hatte sich einst mit den dortigen SPÖ-Granden angelegt, indem sie gegen den Willen der Parteiober­en um den Vorsitz in der Bezirkspar­tei kandidiert­e. Derlei ist in der SPÖ nicht gern gesehen, weshalb sich

Duzdars Name gar nicht auf dem Wahlzettel fand und die aufmüpfige Politikeri­n die Unterstütz­ung durch ihren Heimatbezi­rk verlor. Und jetzt ihr Nationalra­tsmandat verliert. Dass sich die Juristin bereits früh für die Übernahme des Parteivors­itzes durch Andreas Babler aussprach, hilft ihr nur wenig. Denn auch auf der SPÖ-Bundeslist­e ist die Juristin eher unwählbar platziert.

Mit dem Ergebnis, dass die in die Donaustädt­er Kleingarte­nUmwidmung­saffäre verwickelt­en SPÖ-Granden entweder noch im Amt sind (Bezirksvor­steher Ernst Nevrivy) oder ihr Mandat behalten werden (Petra Bayr), während die Kritikerin Duzdar aus der Spitzenpol­itik entfernt wird.

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BILD: SN/APA/ROLAND SCHLAGER Abschied: Eva Blimlinger, Grüne.
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BILD: SN/APA/MAX SLOVENCIK Abschied: Muna Duzdar, SPÖ.

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