Saudi-Arabien und Israel nähern sich weiter an
Außenminister mehrerer Staaten haben ihr Ringen um eine Waffenruhe im Gazakrieg und die Freilassung israelischer Geiseln aus der Gewalt der Hamas fortgesetzt. Ägyptens Premier Mustafa Madbuli bezeichnete den Krieg als „kollektive Bestrafung“für alle Palästinenser im Gazastreifen. US-Außenminister Antony Blinken sah dagegen „messbare Fortschritte“bei der humanitären Lage. Er forderte Israel aber auf, mehr zu tun. Bei der Eröffnung eines Treffens des US-Golf-Kooperationsrats in Riad sagte Blinken, der wirksamste Weg zur Linderung der humanitären Krise sei ein Waffenstillstand.
Israel habe mit seinem Vorschlag nach Blinkens Worten große Zugeständnisse gemacht. „Vor der Hamas liegt ein Vorschlag, der sehr, sehr großzügig ist seitens Israels“, sagte Blinken. Das Einzige, was die Menschen in Gaza jetzt von einer Waffenruhe trenne, sei die Hamas. Diese müsse „entscheiden und sie muss schnell entscheiden“, sagte Blinken. Er und sein saudi-arabischer Amtskollege Faisal bin Farhan sagten zudem, dass die Gespräche ihrer Regierungen über eine mögliche Anerkennung Israels durch Saudi-Arabien sehr weit fortgeschritten seien. Die Gespräche wurden nach Kriegsbeginn zwar ausgesetzt. SaudiArabien hat aber ein weiterhin großes Interesse an einer Normalisierung der Beziehungen erklärt und macht einen „glaubhaften und unumkehrbaren Weg“zu einem Palästinenserstaat zur Bedingung. Das Königreich
erhofft sich von solch einer Einigung unter anderem Sicherheitsgarantien der USA.
Zeitgleich reiste eine dreiköpfige Delegation der Hamas nach Kairo, um über Details des Vorschlags zu sprechen. Die Nachrichtenseite Ynet berichtet, der Vorschlag sehe die Freilassung von 33 Geiseln im Gegenzug für mehrere Hundert palästinensische Häftlinge vor. Darunter seien Frauen, auch Soldatinnen, ältere Menschen, Verletzte und „psychisch Beeinträchtigte“. Die Länge der Feuerpause hänge von der Zahl der freigelassenen Geiseln ab. Die Hamas fordere die Freilassung von 50 Häftlingen für jeden Soldaten und von 30 Häftlingen für jeden Zivilisten. Im Anschluss bietet Israel eine zweite Phase der Waffenruhe an, die eine „Periode nachhaltiger Ruhe“umfassen soll – ein Kompromissvorschlag auf die Hamas-Forderung nach einem dauerhaften Waffenstillstand. Diese zweite Phase würde es den Bewohnern des Gazastreifens erlauben, sich frei zwischen dem Süden und Norden des schmalen Küstenabschnitts zu bewegen. Zudem würden sich die israelischen Truppen teilweise aus Gaza zurückziehen.
Luis Moreno Ocampo, der frühere Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), geht unterdessen davon aus, dass es sich bei den Massakern vom 7. Oktober um einen Völkermord handelt. „Was die Hamas gemacht hat, war ein Genozid, weil die Hamas die Absicht hat, die Israelis zu zerstören“, sagte der Argentinier in Wien. Umgekehrt geht er davon aus, dass Israel bei seiner Reaktion mutmaßlich Kriegsverbrechen begangen hat.