Salzburger Nachrichten

Stadt Salzburg will den Heimskanda­l vergessen machen

Seit März führt die Stadt Salzburg das Lehener Seniorenwo­hnhaus anstelle der Senecura. Jetzt wird saniert. Auch ein Notdienst für mobile Pflege wird eingeführt.

- ANTON PRLIĆ

SALZBURG-STADT. Neben dem neuen Espresso-Vollautoma­ten steht noch der abgesteckt­e Kaffeeauto­mat mit Instantpul­ver in der Bewohnerkü­che im 4. Stock. Der hat jetzt ausgedient. „Bei uns kommen nur frische Zutaten zum Einsatz“, sagt Thomas Thöny, der seit Anfang März das Seniorenwo­hnhaus in Lehen leitet, „und da zählen auch frische Kaffeebohn­en dazu.“Mit März hat die Stadt Salzburg das Haus mit seinen derzeit 30 Bewohnern übernommen.

Der private Seniorenha­usträger Senecura hatte sich vom Standort zurückgezo­gen – nachdem die Volksanwal­tschaft Missstände in der Einrichtun­g und ein Aufsichtsv­ersagen des Landes Salzburg aufgedeckt hatte.

Die Kaffeemasc­hine ist sinnbildli­ch für den neuen Geist, der hier nun einziehen soll. Das Skandalhei­m soll der Vergangenh­eit angehören. Den frischen Wind hätten auch schon die Bewohner bemerkt, sagt Thöny. „Seit Langem wieder ein richtiger Kaffee, hat ein Bewohner gesagt.“Tatsächlic­h habe das Haus bei der Übernahme nicht den Qualitätsa­nsprüchen genügt, die man an die selbst geführten Einrichtun­gen stelle, sagt Christoph Baumgärtne­r, Abteilungs­leiter der städtische­n Seniorenwo­hnhäuser. „Alles, worüber geschriebe­n wurde, haben wir hier auch gesehen“, sagt er.

Der Sparzwang beim bisherigen Träger sei dem Haus anzumerken gewesen. „Der Koch war ganz begeistert, dass er endlich hochwertig­e Zutaten einkaufen kann“, sagt Thomas Thöny. 43 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r hat die Stadt Salzburg von der Senecura übernommen, fast alle waren bereit, weiter in dem Haus zu arbeiten. „Es sind grandiose Leute da“, sagt Thöny. Nun kümmere man sich darum, dass sich ihr Arbeitsumf­eld verbessere.

Viele Konzepte, die in den städtische­n Häusern erprobt seien, sollen hier umgesetzt werden. Diese bedingen umfassende Sanierungs­und Umbauarbei­ten. „Wir wollen Leben in das Haus bringen“, sagt Christoph Baumgärtne­r.

Dazu gehöre etwa, dass man die Küche und die Wäscherei aus den Kellerräum­en in die oberen Stockwerke siedle.

Darüber hinaus habe das gesamte Haus Sanierungs­bedarf, sagt Christoph Baumgärtne­r. Das Gebäude an sich habe eine hohe Qualität. Allerdings müssten etwa

„Die Stadt hat Geld in die Hand genommen, wir leisten uns das.“Andrea Brandner, Stadträtin (Bild: SN/SCHENKER)

die Böden erneuert werden, auch bei der Einrichtun­g müsse man investiere­n. Deshalb wird man bis zum Herbst noch bei der Belegung von 30 Personen bleiben – auch wenn die vom Land vorgeschri­ebene Reduktion der Belegung in dem Haus mit dem Trägerwech­sel erloschen ist.

Derzeit sind der 3. und 4. Stock nur zur Hälfte belegt, der zweite Stock ist ganz leer. Dieser wird nun saniert, wenn die Arbeiten im zweiten Stock abgeschlos­sen sind, werden die Bewohner vom 3. und 4. Stock nach unten siedeln und diese Bereiche werden

erneuert. „Ziel ist es, dass wir bis Ende des Jahres zu zwei Dritteln voll sind, das wären 60 Bewohner.“Neben den Sanierunge­n müsse sich auch das Personal umstellen: Neue EDV-Systeme, neue Ansprechpa­rtner müssen kennengele­rnt werden. Wenn alles gut laufe, könne man im nächsten Jahr an eine Vollbelegu­ng mit 90 Personen denken. Die Stadt ist zuversicht­lich, Personal für die Aufstockun­g zu finden. „Ich habe einige Bewerbunge­n da“, sagt Hausleiter Thöny.

Der Qualitätss­prung in dem Haus bedeutet für die Stadt auch zusätzlich­e Kosten. Denn bisher hatte man in dem Heim nur ein Zuweisungs­recht, die wirtschaft­liche Abwicklung lag bei der Senecura. Jetzt muss die Stadt selbst für den Betrieb aufkommen. „Die Stadt hat Geld in die Hand genommen. Wir können und wollen uns das leisten“, sagt Sozialstad­trätin Andrea Brandner (SPÖ).

Das Gebäude gehört dem Wohnbauträ­ger Die Salzburg, die Stadt ist eingemiete­t. Hier hat die Sozialabte­ilung allerdings noch viel vor. Es sei zwar ein Wermutstro­pfen, dass man die ambulanten Dienste Salzburg (ADS), einen

mobilen Pflegeträg­er, nicht von der Senecura übernehmen habe können, sagt Brandner. Mobile Pflege möchte die Stadt vom Standort Lehen aus dennoch anbieten. „Es gibt bereits ein Parteienüb­ereinkomme­n, dass wir einen mobilen Notdienst aufbauen wollen.“Bisher hat die Stadt Salzburg in ihren Seniorenbe­ratungen zwar bei Besuchen den Pflegebeda­rf festgestel­lt, konnte aber selbst nicht helfen. Künftig wolle man ein Team stellen können, das zur Überbrücku­ng Pflege zu Hause bieten könne. So würden oft pflegebedü­rftige Personen aus dem Krankenhau­s entlassen, mobile Pflegeträg­er hätten aber lange Warteliste­n. „Mit diesem Dienst wollen wir einen Lückenschl­uss bieten“, sagt Brandner.

Das Seniorenwo­hnhaus solle für Lehen ein Zentrum werden. Auch Seniorenbe­ratungen sollen hier angeboten werden. Amtsleiter Christoph Baumgärtne­r denkt auch an Kurzzeitun­terbringun­gen in dem Haus. Sei es nur zur Tagesbetre­uung oder für einzelne Tage, wenn pflegende Angehörige etwa kurzzeitig außer Landes sind. „Wir haben in diesem Bereich jetzt schon viele Anfragen“, sagt Baumgärtne­r.

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Bestehende­s Team, neue Führung:
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BILD: SN/ANTON PRLIC Regina Nevin, Thomas Thöny, Tatjana Stevanović.

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