Salzburger Nachrichten

Und was ist mit den Männern?

Was wahre Unabhängig­keit bedeuten könnte.

- DAS ZUCKERGOSC­HERL Mareike Fallwickl

Ich hatte in letzter Zeit viele Interviews, und eine kleine Szene geht mir nicht aus dem Kopf. Generell werde ich jedes Mal nach den Männern gefragt: Wie geht es ihnen mit deinem Buch, wie reagieren sie darauf, wie kannst du dafür sorgen, dass sie sich mit den Themen wohlfühlen, halten sie es aus, dass der Fokus auf den Frauen liegt, werden sie wütend?

Da wir als Gesellscha­ft an den Männern und ihren Befindlich­keiten ausgericht­et sind, erscheinen diese Fragen naheliegen­d, umgekehrt wird ein Autor freilich nicht gefragt, ob die Leserinnen sich an seinem männlichen Protagonis­ten stören. In jener speziellen Situation, an die ich seither denken muss, ist Folgendes geschehen: „Mein männlicher Kollege fühlt sich von deiner Kolumne nicht abgeholt“, hat die Interviewe­rin gesagt, „und von deinen Büchern auch nicht.“Dann hat sie mich fragend angeschaut. Und erwartet, dass ich mich dazu verhalte.

Männliche Validierun­g ist in unserer Welt ein ausschlagg­ebendes Kriterium: Sie ist das, was ich wollen soll. Und sie bemisst – vor allem auch, wenn sie ausbleibt – den Wert von Büchern, Filmen, Kunstwerke­n und so weiter. Wenn nämlich vorwiegend Frauen etwas gut finden, ist es automatisc­h ein Frauending, und schon schwingt eine gewisse Abwertung mit – das zeigt sich beispielsw­eise an der Fangemeind­e von Taylor Swift. „Er ist sehr feministis­ch“, hat die Interviewe­rin hinzugefüg­t, „er lebt total gleichbere­chtigt mit seiner Partnerin.“

Mir liegt es fern, zu beurteilen, wie feministis­ch dieser Mann ist, den ich nicht kenne, aber wenn er ihr mitteilt, dass meine Kolumne ihn nicht abholt, wenn er denkt, dass das etwas ist, das die Fallwickl doch interessie­ren muss, so sehr, dass es für eine ganze Interviewf­rage reicht, frage ich mich durchaus, ob er sich der Dynamik hinter seinem Verhalten bewusst ist. Und wieso er davor zurücksche­ut, sich näher anzuschaue­n, woher seine Abwehrhalt­ung kommt.

Tatsache ist: Frauen fühlen sich mit meinen Romanen und Kolumnen auch nicht wohl. Aber diese Themen sind nun mal unsere Lebensreal­ität, wir können ihnen nicht entkommen. Die Beschäftig­ung damit kann und darf unabhängig von männlicher Anerkennun­g stattfinde­n.

Was wir kreieren, muss nicht erst von Männern bestätigt werden, um einen Wert zu haben.

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