„Die hässliche Fratze des Judenhasses“
Farbattacke auf Ministerin Karoline Edtstadler und Kultusgemeinde-Präsident Oskar Deutsch. Bereits in den vergangenen Tagen kam es zu antisemitischen Manifestationen und Beschmierungen.
Es dauerte nur wenige Stunden, bis der Ignaz-Seipel-Platz in der Wiener Innenstadt wieder gesäubert war und in der Mittagssonne glänzte. Montagvormittag war es hier zu einem antisemitischen Anschlag auf Verfassungsministerin Karoline Edtstadler und den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, gekommen. Die beiden wollten gerade die Akademie der Wissenschaften betreten, wo die „European Conference on Antisemitism“angesetzt war. Ein Aktivist schüttere mehrere Liter Kunstblut in die Richtung der Teilnehmer. Edtstadler konnte sich durch einige rasche Schritte in Richtung Eingang vor der Farbattacke retten. Der Anschlag habe sich „gezielt“gegen Edtstadler und Deutsch gerichtet, sagte eine Sprecherin der Ministerin. Nur „aufgrund des schnellen Eingreifens von Mitarbeitern beziehungsweise Polizei“seien Edtstadler und Deutsch unversehrt geblieben.
Der Täter, der eine Tafel mit der Aufschrift „Genozid“dabeihatte, wurde von der Polizei festgenommen. Es handelt sich um einen 36jährigen Ex-Aktivisten der Letzten Generation, die bisher hauptsächlich mit Klimaprotesten an die Öffentlichkeit getreten ist. Der Täter ist bereits wieder auf freiem Fuß.
„Es ist beschämend, dass eine Konferenz in Österreich, die sich der internationalen Vernetzung im Kampf gegen Antisemitismus widmet, ohne Polizeischutz nicht mehr friktionsfrei abgehalten werden kann“, stellte Edtstadler, die der Polizei ausdrücklich „für das rasche und professionelle Einschreiten“dankte, hinterher fest. „Der Judenhass in Österreich zeigt seine hässliche Fratze am helllichten Tag“, sagte Edtstadler weiters, und sie fügte hinzu: „Seien Sie versichert: Das werden wir nicht akzeptieren.“
Wie ein Sprecher der Letzten Generation der APA sagte, habe es sich bei der Attacke „nicht um Antisemitismus“
gehandelt. Der Protest richte sich vielmehr gegen die „Normalisierung eines Völkermords“und für einen Waffenstillstand im Gazastreifen, sagte Aktivist David Sonnenbaum, der laut APA selbst Mitglied der jüdischen Gemeinde Österreichs ist.
Eine Sprecherin Edtstadlers wies darauf hin, dass die Konferenz keineswegs den Nahostkonflikt behandle. Vielmehr gehe es um Maßnahmen gegen den Antisemitismus. Deshalb gehe die Versicherung der Letzten Generation, die Farbattacke habe nichts mit Antisemitismus zu tun, ins Leere.
Wie Edtstadler später in einer Rede bei der Konferenz ausführte, habe die Anzahl antisemitischer Vorfälle in Österreich 2023 um 60 Prozent zugenommen. In mehreren EU-Mitgliedsländern habe sie sich sogar vervierfacht. „Die Anzahl von antisemitischen Vorfällen ist ein Barometer für die Situation in der ganzen Gesellschaft“, sagte sie. Es sei die Aufgabe Österreichs, Jüdinnen und Juden zu schützen. Attacken auf Juden seien Attacken auf unsere Gesellschaft. Der per Video zugeschaltete israelische Präsident Yitzhak Herzog sagte, dass Parolen wie „From the river to the sea, Palestine will be free“keine legitime Kritik an Israel seien, sondern ein „Aufruf zum Genozid“.
Laut Medienberichten war es auch bei der Gedenkveranstaltung zur Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen zu Zwischenfällen gekommen. Dem „Standard“zufolge sei ein Aktivist der linken Splittergruppe „Partei der Arbeit“mit einer Palästina-Fahne aufgetaucht. Andere Besucher hätten die Parole „Free Palestine“ins Gästebuch der KZ-Gedenkstätte geschrieben. Diese Parole sei auch auf eine Holzwand geschmiert worden.
Bereits in der Nacht zum 1. Mai sind an Hauswänden in Wien-Leopoldstadt – einem der Zentren jüdischen Lebens in Wien – die Slogans „Death to Zionism“und „Victory to Palestine“aufgemalt worden. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Kultusgemeinde-Präsident Oskar Deutsch fanden sich Montagvormittag am Ort des Geschehens ein und übermalten die Slogans im Beisein des israelischen Botschafters David Roet.
„Das werden wir nicht akzeptieren..“Karoline Edtstadler Verfassungsministerin