EU-Kommissar Hahn: „Nur Österreich ist heute zu wenig“
Europa sei unsere Zukunftsversicherung, sagt der österreichische Kommissar und sieht gleichzeitig Reformbedarf.
Wie im Vorjahr hielt Johannes Hahn am Montag im österreichischen Parlament die Rede beim Festakt zum Europatag. Doch anders als im Vorjahr war der Plenarsaal heuer weniger gut besetzt mit österreichischen Abgeordneten – obwohl das Thema mit der Europawahl in einem Monat präsenter ist.
Die Europawahl am 9. Juni markiert einen Neuanfang nicht nur im EU-Parlament. Auch die Kommission wird sich neu formieren – und Johannes Hahn damit nach mehr als 14 Jahren Brüssel verlassen. Eine weitere Amtszeit hat er bereits ausgeschlossen, „daran ist nicht zu rütteln“, bekräftigte er am Montag.
2010 war der ÖVP-Politiker von der damaligen österreichischen Regierung für den Kommissarsposten nominiert worden, seither war er für die Bereiche Regionalpolitik,
Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik und zuletzt im Kabinett von Ursula von der Leyen für Finanzen und Verwaltung zuständig. Besonders beim EU-Budget sieht er heute Handlungsbedarf. Die gegenwärtige Struktur sei „nicht fit für die Zukunft“, sagte Hahn am Montag. Es gebe eine „Quasi-Obsession“, dass das EU-Budget ein Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen müsse. „Das wird sich aber nicht ausgehen, wenn man sich selbst ernst nimmt“, sagte der Kommissar und verwies auf die neuen Herausforderungen: Die EU sei nicht mehr in der „Komfortzone der vergangenen Jahre“, sagte Hahn, wo sie billige Energie aus Russland, Sicherheit aus den USA und billige Technologie aus China bezogen hat. „Die Situation hat sich dramatisch geändert und das muss sich auch im
Budget niederschlagen“, fordert Hahn. In welchen Größenordnung, lässt er offen. An erster Stelle müsse die Überlegung stehen, was man mit dem EU-Budget finanzieren will. Eine Erhöhung des Budgets sei grundsätzlich über die Beiträge der Mitgliedsstaaten möglich, aber auch durch neue, eigene Einnahmequellen der Kommission und über Finanzinstrumente wie Garantien.
Einsparungspotenzial sieht Hahn auch durch mehr Zusammenarbeit. Er verwies auf den Expertenbericht des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta und dessen Schluss, dass der Binnenmarkt zwar gut, aber längst nicht vollendet sei.
Bundeskanzler Karl Nehammer bekannte sich in seiner Rede beim Festakt im Parlament zur Zusammenarbeit bei gemeinsamen Rüstungsprojekten
in der EU. Er hob die Vorteile hervor, die Österreich durch seinen EU-Beitritt vor fast 30 Jahren hatte und hat. 1,2 Millionen Arbeitsplätze seien seither dazugekommen. Der Kanzler appellierte an die Bürgerinnen und Bürger – und die Schülerinnen und Schüler, die beim Festakt im Parlament anwesend waren –, zur Europawahl am 9. Juni zu gehen und „die Chance zur Mitgestaltung“zu nutzen.
EU-Kommissar Hahn warnte vor der Wahl eindringlich vor Populisten, die „nur Losungen und keine Lösungen“hätten. „Wir müssen diesem Destruktivismus etwas Konstruktives entgegensetzen“, sagte er, denn nur so könnten Europas Sicherheit und Wohlstand in der Welt abgesichert werden. „Nur Österreich ist heutzutage – ob einem das passt oder nicht – zu wenig.“